bildete; und so gaben uns diese Zusammenkünfte durch innige Wärme der Freundschaft und durch geistige Er¬ hebung ein reines Glück zu kosten, welches die Nacht uns von den Sternen herabzurufen schien, im Gegen¬ satze des Tages, der die Verbundenen wieder in die mannigfachsten Geschäfte einer Wirklichkeit zersplitterte, die sich auch noch von jenem geheimen Lichte möglichst erhellen sollte. Die späteren Thee's, die dann abwech¬ selnd auch bei Lippe, Robert und Theremin gehalten wurden, hatten schon die Einfachheit und Unschuld der ersten nicht mehr, es drängten sich schon mehr Ansprüche und Absichten herzu. Auch hatte die Gesellschaft schnell zugenommen. Ein sinnvoller gutmüthiger Stubengenosse und nachheriger Schwager Hitzigs, von Uthmann, und ein liebenswürdiger Schicksalsgefährte Chamisso's, Graf von Lafoye, französischer Emigrirter und preußischer Of¬ fizier wie er, und auch in Kenntniß und Uebung des Deutschen ihm nachstrebend, brachten dem ursprünglichen Ton und Behagen keine Aenderung. Unruhiger, ver¬ schiedenartiger, belebter und zerrissener wurden die Abende durch die Einführung Koreff's, eines jungen Arztes aus Breslau, der seine, Studien in Berlin vollendete, und seine universelle Genialität auch in Gedichten, uner¬ schöpflich aber in jeder Redeweise, in erhabenen, humo¬ ristischen und possenhaften Ausbrüchen, an den Tag legte; mit ihm gleichzeitig wurde auch Georg Reimer und darauf noch einige andre wirkliche oder angebliche
bildete; und ſo gaben uns dieſe Zuſammenkuͤnfte durch innige Waͤrme der Freundſchaft und durch geiſtige Er¬ hebung ein reines Gluͤck zu koſten, welches die Nacht uns von den Sternen herabzurufen ſchien, im Gegen¬ ſatze des Tages, der die Verbundenen wieder in die mannigfachſten Geſchaͤfte einer Wirklichkeit zerſplitterte, die ſich auch noch von jenem geheimen Lichte moͤglichſt erhellen ſollte. Die ſpaͤteren Thee’s, die dann abwech¬ ſelnd auch bei Lippe, Robert und Theremin gehalten wurden, hatten ſchon die Einfachheit und Unſchuld der erſten nicht mehr, es draͤngten ſich ſchon mehr Anſpruͤche und Abſichten herzu. Auch hatte die Geſellſchaft ſchnell zugenommen. Ein ſinnvoller gutmuͤthiger Stubengenoſſe und nachheriger Schwager Hitzigs, von Uthmann, und ein liebenswuͤrdiger Schickſalsgefaͤhrte Chamiſſo’s, Graf von Lafoye, franzoͤſiſcher Emigrirter und preußiſcher Of¬ fizier wie er, und auch in Kenntniß und Uebung des Deutſchen ihm nachſtrebend, brachten dem urſpruͤnglichen Ton und Behagen keine Aenderung. Unruhiger, ver¬ ſchiedenartiger, belebter und zerriſſener wurden die Abende durch die Einfuͤhrung Koreff’s, eines jungen Arztes aus Breslau, der ſeine, Studien in Berlin vollendete, und ſeine univerſelle Genialitaͤt auch in Gedichten, uner¬ ſchoͤpflich aber in jeder Redeweiſe, in erhabenen, humo¬ riſtiſchen und poſſenhaften Ausbruͤchen, an den Tag legte; mit ihm gleichzeitig wurde auch Georg Reimer und darauf noch einige andre wirkliche oder angebliche
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[56/0070]
bildete; und ſo gaben uns dieſe Zuſammenkuͤnfte durch
innige Waͤrme der Freundſchaft und durch geiſtige Er¬
hebung ein reines Gluͤck zu koſten, welches die Nacht
uns von den Sternen herabzurufen ſchien, im Gegen¬
ſatze des Tages, der die Verbundenen wieder in die
mannigfachſten Geſchaͤfte einer Wirklichkeit zerſplitterte,
die ſich auch noch von jenem geheimen Lichte moͤglichſt
erhellen ſollte. Die ſpaͤteren Thee’s, die dann abwech¬
ſelnd auch bei Lippe, Robert und Theremin gehalten
wurden, hatten ſchon die Einfachheit und Unſchuld der
erſten nicht mehr, es draͤngten ſich ſchon mehr Anſpruͤche
und Abſichten herzu. Auch hatte die Geſellſchaft ſchnell
zugenommen. Ein ſinnvoller gutmuͤthiger Stubengenoſſe
und nachheriger Schwager Hitzigs, von Uthmann, und
ein liebenswuͤrdiger Schickſalsgefaͤhrte Chamiſſo’s, Graf
von Lafoye, franzoͤſiſcher Emigrirter und preußiſcher Of¬
fizier wie er, und auch in Kenntniß und Uebung des
Deutſchen ihm nachſtrebend, brachten dem urſpruͤnglichen
Ton und Behagen keine Aenderung. Unruhiger, ver¬
ſchiedenartiger, belebter und zerriſſener wurden die Abende
durch die Einfuͤhrung Koreff’s, eines jungen Arztes aus
Breslau, der ſeine, Studien in Berlin vollendete, und
ſeine univerſelle Genialitaͤt auch in Gedichten, uner¬
ſchoͤpflich aber in jeder Redeweiſe, in erhabenen, humo¬
riſtiſchen und poſſenhaften Ausbruͤchen, an den Tag
legte; mit ihm gleichzeitig wurde auch Georg Reimer
und darauf noch einige andre wirkliche oder angebliche
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/70>, abgerufen am 23.11.2024.
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