Münzen sind hier öfters ausgegraben worden. Der Grundbau des jetzigen Schlosses soll entschieden römi¬ sches Mauerwerk sein, und auch die ganze südliche Steinwand, die von ungeheuern Quadern hoch aufge¬ thürmt die ganze Länge des Hauptbaues glatt abschnei¬ det, wird für älter als die eigentliche Ritterzeit ge¬ halten. Diese gewaltige Wand dürfte keine Sturmlei¬ ter zu fürchten haben, und kaum durch das schwerste Geschütz zu zerbröckeln sein; ein runder Thurm, der die südwestliche Ecke bildet, zeigt wirklich an seinen Mauern, die einige Ellen dick sind, die Spuren abge¬ prallter Kanonenkugeln, welche von den Franzosen in frühern Kriegen, als hannöversche Truppen sich hier festgesetzt hatten, fruchtlos verschossen worden, nur das Dach wurde zertrümmert. Ein viereckiger Thurm auf der südöstlichen Seite scheint noch fester, doch hat der Blitz oben auf der Plattform eines der vier steinernen Wachthäuschen aufgerissen. Die nördliche Seite ist ohne Thürme, weil der Felsen hier höher emporragt, und durch seine Steilheit jeden Angriff unmöglich macht. Ein alter Heidentempel ist auf dieser Seite mit in das Schloß verbaut, man weiß aber nicht, welche Gottheit hier verehrt worden. Durch zwei unterirdische Trep¬ pen, welche durch die Felsen durchgebrochen sind, kommt man hier zu den schönsten Spazirgängen, die schon außer¬ halb der Burgmauer, aber noch ganz auf der Höhe liegen; uralte Bäume ragen hier empor mit gewaltigen Stäm¬
Muͤnzen ſind hier oͤfters ausgegraben worden. Der Grundbau des jetzigen Schloſſes ſoll entſchieden roͤmi¬ ſches Mauerwerk ſein, und auch die ganze ſuͤdliche Steinwand, die von ungeheuern Quadern hoch aufge¬ thuͤrmt die ganze Laͤnge des Hauptbaues glatt abſchnei¬ det, wird fuͤr aͤlter als die eigentliche Ritterzeit ge¬ halten. Dieſe gewaltige Wand duͤrfte keine Sturmlei¬ ter zu fuͤrchten haben, und kaum durch das ſchwerſte Geſchuͤtz zu zerbroͤckeln ſein; ein runder Thurm, der die ſuͤdweſtliche Ecke bildet, zeigt wirklich an ſeinen Mauern, die einige Ellen dick ſind, die Spuren abge¬ prallter Kanonenkugeln, welche von den Franzoſen in fruͤhern Kriegen, als hannoͤverſche Truppen ſich hier feſtgeſetzt hatten, fruchtlos verſchoſſen worden, nur das Dach wurde zertruͤmmert. Ein viereckiger Thurm auf der ſuͤdoͤſtlichen Seite ſcheint noch feſter, doch hat der Blitz oben auf der Plattform eines der vier ſteinernen Wachthaͤuschen aufgeriſſen. Die noͤrdliche Seite iſt ohne Thuͤrme, weil der Felſen hier hoͤher emporragt, und durch ſeine Steilheit jeden Angriff unmoͤglich macht. Ein alter Heidentempel iſt auf dieſer Seite mit in das Schloß verbaut, man weiß aber nicht, welche Gottheit hier verehrt worden. Durch zwei unterirdiſche Trep¬ pen, welche durch die Felſen durchgebrochen ſind, kommt man hier zu den ſchoͤnſten Spazirgaͤngen, die ſchon außer¬ halb der Burgmauer, aber noch ganz auf der Hoͤhe liegen; uralte Baͤume ragen hier empor mit gewaltigen Staͤm¬
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Muͤnzen ſind hier oͤfters ausgegraben worden. Der
Grundbau des jetzigen Schloſſes ſoll entſchieden roͤmi¬
ſches Mauerwerk ſein, und auch die ganze ſuͤdliche
Steinwand, die von ungeheuern Quadern hoch aufge¬
thuͤrmt die ganze Laͤnge des Hauptbaues glatt abſchnei¬
det, wird fuͤr aͤlter als die eigentliche Ritterzeit ge¬
halten. Dieſe gewaltige Wand duͤrfte keine Sturmlei¬
ter zu fuͤrchten haben, und kaum durch das ſchwerſte
Geſchuͤtz zu zerbroͤckeln ſein; ein runder Thurm, der
die ſuͤdweſtliche Ecke bildet, zeigt wirklich an ſeinen
Mauern, die einige Ellen dick ſind, die Spuren abge¬
prallter Kanonenkugeln, welche von den Franzoſen in
fruͤhern Kriegen, als hannoͤverſche Truppen ſich hier
feſtgeſetzt hatten, fruchtlos verſchoſſen worden, nur das
Dach wurde zertruͤmmert. Ein viereckiger Thurm auf
der ſuͤdoͤſtlichen Seite ſcheint noch feſter, doch hat der
Blitz oben auf der Plattform eines der vier ſteinernen
Wachthaͤuschen aufgeriſſen. Die noͤrdliche Seite iſt ohne
Thuͤrme, weil der Felſen hier hoͤher emporragt, und
durch ſeine Steilheit jeden Angriff unmoͤglich macht.
Ein alter Heidentempel iſt auf dieſer Seite mit in das
Schloß verbaut, man weiß aber nicht, welche Gottheit
hier verehrt worden. Durch zwei unterirdiſche Trep¬
pen, welche durch die Felſen durchgebrochen ſind, kommt
man hier zu den ſchoͤnſten Spazirgaͤngen, die ſchon außer¬
halb der Burgmauer, aber noch ganz auf der Hoͤhe liegen;
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/154>, abgerufen am 21.11.2024.
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