glaubte Hülfe und Unterstützung zu erlangen, während er zugleich eifrig daran dachte, die vorhandenen Mittel in sich selbst zu verstärken. So abgeneigt von jeher alle Kriegsleute sind, den Befehl von Landstürmen, Aufgeboten und andern, mehr durch Willen und Eifer, als Zucht und Uebung, bestehenden Bewaffnungen zu übernehmen, so gab doch Tettenborn sich der Noth¬ wendigkeit des Augenblicks willig hin, und versuchte, sich auf die Bürgergarden zu stützen, die seinem Wunsche allerdings begierig entgegenkamen, und laut begehrten, an der Vertheidigung der Stadt Theil zu nehmen, ja gegen den Feind auszumarschiren. Heß hatte in der kurzen Zeit dennoch eine gewisse Ordnung und Haltung eingeführt; der Ernst und das Gewicht der Ueberlegung ihres Zustandes entfernten jeden Uebermuth, und mach¬ ten Gesetzmäßigkeit und Eintracht wünschen und fördern. Sie mußten dem Feinde furchtbar sein, da dem ein¬ zelnen Soldaten der Volksaufstand schrecklicher und ver¬ derblicher ist, als geregelte Truppen, und da jedem bekannt war, daß diese Bürger genug gegen ihren ehemaligen Herrscher verbrochen hatten, um wohl zu fühlen, welche Strafen sie abzuwehren hätten.
Die neuen Vorkehrungen fanden schnell Gelegenheit sich zu bewähren. Nachdem es nämlich den Vormittag des 10. Mai's ruhig geblieben war, entstand plötzlich gegen Mittag ein großer Allarm, es hieß, die Franzosen wären 7000 Mann stark in Billwärder eingedrungen,
glaubte Huͤlfe und Unterſtuͤtzung zu erlangen, waͤhrend er zugleich eifrig daran dachte, die vorhandenen Mittel in ſich ſelbſt zu verſtaͤrken. So abgeneigt von jeher alle Kriegsleute ſind, den Befehl von Landſtuͤrmen, Aufgeboten und andern, mehr durch Willen und Eifer, als Zucht und Uebung, beſtehenden Bewaffnungen zu uͤbernehmen, ſo gab doch Tettenborn ſich der Noth¬ wendigkeit des Augenblicks willig hin, und verſuchte, ſich auf die Buͤrgergarden zu ſtuͤtzen, die ſeinem Wunſche allerdings begierig entgegenkamen, und laut begehrten, an der Vertheidigung der Stadt Theil zu nehmen, ja gegen den Feind auszumarſchiren. Heß hatte in der kurzen Zeit dennoch eine gewiſſe Ordnung und Haltung eingefuͤhrt; der Ernſt und das Gewicht der Ueberlegung ihres Zuſtandes entfernten jeden Uebermuth, und mach¬ ten Geſetzmaͤßigkeit und Eintracht wuͤnſchen und foͤrdern. Sie mußten dem Feinde furchtbar ſein, da dem ein¬ zelnen Soldaten der Volksaufſtand ſchrecklicher und ver¬ derblicher iſt, als geregelte Truppen, und da jedem bekannt war, daß dieſe Buͤrger genug gegen ihren ehemaligen Herrſcher verbrochen hatten, um wohl zu fuͤhlen, welche Strafen ſie abzuwehren haͤtten.
Die neuen Vorkehrungen fanden ſchnell Gelegenheit ſich zu bewaͤhren. Nachdem es naͤmlich den Vormittag des 10. Mai's ruhig geblieben war, entſtand ploͤtzlich gegen Mittag ein großer Allarm, es hieß, die Franzoſen waͤren 7000 Mann ſtark in Billwaͤrder eingedrungen,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0354"n="342"/>
glaubte Huͤlfe und Unterſtuͤtzung zu erlangen, waͤhrend<lb/>
er zugleich eifrig daran dachte, die vorhandenen Mittel<lb/>
in ſich ſelbſt zu verſtaͤrken. So abgeneigt von jeher<lb/>
alle Kriegsleute ſind, den Befehl von Landſtuͤrmen,<lb/>
Aufgeboten und andern, mehr durch Willen und Eifer,<lb/>
als Zucht und Uebung, beſtehenden Bewaffnungen zu<lb/>
uͤbernehmen, ſo gab doch Tettenborn ſich der Noth¬<lb/>
wendigkeit des Augenblicks willig hin, und verſuchte,<lb/>ſich auf die Buͤrgergarden zu ſtuͤtzen, die ſeinem Wunſche<lb/>
allerdings begierig entgegenkamen, und laut begehrten,<lb/>
an der Vertheidigung der Stadt Theil zu nehmen, ja<lb/>
gegen den Feind auszumarſchiren. Heß hatte in der<lb/>
kurzen Zeit dennoch eine gewiſſe Ordnung und Haltung<lb/>
eingefuͤhrt; der Ernſt und das Gewicht der Ueberlegung<lb/>
ihres Zuſtandes entfernten jeden Uebermuth, und mach¬<lb/>
ten Geſetzmaͤßigkeit und Eintracht wuͤnſchen und foͤrdern.<lb/>
Sie mußten dem Feinde furchtbar ſein, da dem ein¬<lb/>
zelnen Soldaten der Volksaufſtand ſchrecklicher und ver¬<lb/>
derblicher iſt, als geregelte Truppen, und da jedem<lb/>
bekannt war, daß dieſe Buͤrger genug gegen ihren<lb/>
ehemaligen Herrſcher verbrochen hatten, um wohl zu<lb/>
fuͤhlen, welche Strafen ſie abzuwehren haͤtten.</p><lb/><p>Die neuen Vorkehrungen fanden ſchnell Gelegenheit<lb/>ſich zu bewaͤhren. Nachdem es naͤmlich den Vormittag<lb/>
des <hirendition="#b">10.</hi> Mai's ruhig geblieben war, entſtand ploͤtzlich<lb/>
gegen Mittag ein großer Allarm, es hieß, die Franzoſen<lb/>
waͤren <hirendition="#b">7000</hi> Mann ſtark in Billwaͤrder eingedrungen,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[342/0354]
glaubte Huͤlfe und Unterſtuͤtzung zu erlangen, waͤhrend
er zugleich eifrig daran dachte, die vorhandenen Mittel
in ſich ſelbſt zu verſtaͤrken. So abgeneigt von jeher
alle Kriegsleute ſind, den Befehl von Landſtuͤrmen,
Aufgeboten und andern, mehr durch Willen und Eifer,
als Zucht und Uebung, beſtehenden Bewaffnungen zu
uͤbernehmen, ſo gab doch Tettenborn ſich der Noth¬
wendigkeit des Augenblicks willig hin, und verſuchte,
ſich auf die Buͤrgergarden zu ſtuͤtzen, die ſeinem Wunſche
allerdings begierig entgegenkamen, und laut begehrten,
an der Vertheidigung der Stadt Theil zu nehmen, ja
gegen den Feind auszumarſchiren. Heß hatte in der
kurzen Zeit dennoch eine gewiſſe Ordnung und Haltung
eingefuͤhrt; der Ernſt und das Gewicht der Ueberlegung
ihres Zuſtandes entfernten jeden Uebermuth, und mach¬
ten Geſetzmaͤßigkeit und Eintracht wuͤnſchen und foͤrdern.
Sie mußten dem Feinde furchtbar ſein, da dem ein¬
zelnen Soldaten der Volksaufſtand ſchrecklicher und ver¬
derblicher iſt, als geregelte Truppen, und da jedem
bekannt war, daß dieſe Buͤrger genug gegen ihren
ehemaligen Herrſcher verbrochen hatten, um wohl zu
fuͤhlen, welche Strafen ſie abzuwehren haͤtten.
Die neuen Vorkehrungen fanden ſchnell Gelegenheit
ſich zu bewaͤhren. Nachdem es naͤmlich den Vormittag
des 10. Mai's ruhig geblieben war, entſtand ploͤtzlich
gegen Mittag ein großer Allarm, es hieß, die Franzoſen
waͤren 7000 Mann ſtark in Billwaͤrder eingedrungen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/354>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.