die Hauptwache geführt, die bald mit Verhafteten an¬ gefüllt war. Alles dieses thaten die Bürger aus eig¬ ner Bewegung mit dem größten Eifer, der freilich oft genug sich in unnöthiger und verkehrter Thätigkeit ab¬ müdete; zum Verwundern ist es, wie bei dieser Masse von Bewaffneten, die zum Theil ohne Befehl und Aufsicht blieben, und aus allen Volksklassen zusammen¬ getreten waren, während so vieler heftigen Anlässe, nichts Ausschweifendes noch Unwürdiges, keine Beleidigung noch Unordnung vorfiel. Der General mit dem grö߬ ten Theil seiner Offiziere, alle Truppen und die mei¬ sten Bürgergarden, befanden sich außerhalb der Stadt, der Senat und die übrigen Behörden hielten sich zu¬ rückgezogen, keine Regung ging in dieser Zeit von ih¬ nen aus, keine Absicht oder Gesinnung wurde von ih¬ nen in diesen stürmischen Tagen kund gegeben. Das, was sie nothgedrungen besorgen mußten, die Verpfle¬ gung der Truppen unter andern, geschah mit der grö߬ ten Unordnung, auf manchen Posten litt die Mann¬ schaft über vierundzwanzig Stunden lang Mangel, in einer Stadt, wo alles in Fülle und die Zahl der Trup¬ pen höchst gering war; sogar die eignen Mitbürger die unter tausend Ungemach auf entlegnen Posten stan¬ den, wurden häufig vergessen. Außerdem waren die Sendungen von Lebensmitteln beim Abgehen meist grö¬ ßer, als beim Ankommen. Unter solchen Umständen mag die Stadt das Vierfache dessen bezahlt haben,
die Hauptwache gefuͤhrt, die bald mit Verhafteten an¬ gefuͤllt war. Alles dieſes thaten die Buͤrger aus eig¬ ner Bewegung mit dem groͤßten Eifer, der freilich oft genug ſich in unnoͤthiger und verkehrter Thaͤtigkeit ab¬ muͤdete; zum Verwundern iſt es, wie bei dieſer Maſſe von Bewaffneten, die zum Theil ohne Befehl und Aufſicht blieben, und aus allen Volksklaſſen zuſammen¬ getreten waren, waͤhrend ſo vieler heftigen Anlaͤſſe, nichts Ausſchweifendes noch Unwuͤrdiges, keine Beleidigung noch Unordnung vorfiel. Der General mit dem groͤ߬ ten Theil ſeiner Offiziere, alle Truppen und die mei¬ ſten Buͤrgergarden, befanden ſich außerhalb der Stadt, der Senat und die uͤbrigen Behoͤrden hielten ſich zu¬ ruͤckgezogen, keine Regung ging in dieſer Zeit von ih¬ nen aus, keine Abſicht oder Geſinnung wurde von ih¬ nen in dieſen ſtuͤrmiſchen Tagen kund gegeben. Das, was ſie nothgedrungen beſorgen mußten, die Verpfle¬ gung der Truppen unter andern, geſchah mit der groͤ߬ ten Unordnung, auf manchen Poſten litt die Mann¬ ſchaft uͤber vierundzwanzig Stunden lang Mangel, in einer Stadt, wo alles in Fuͤlle und die Zahl der Trup¬ pen hoͤchſt gering war; ſogar die eignen Mitbuͤrger die unter tauſend Ungemach auf entlegnen Poſten ſtan¬ den, wurden haͤufig vergeſſen. Außerdem waren die Sendungen von Lebensmitteln beim Abgehen meiſt groͤ¬ ßer, als beim Ankommen. Unter ſolchen Umſtaͤnden mag die Stadt das Vierfache deſſen bezahlt haben,
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die Hauptwache gefuͤhrt, die bald mit Verhafteten an¬
gefuͤllt war. Alles dieſes thaten die Buͤrger aus eig¬
ner Bewegung mit dem groͤßten Eifer, der freilich oft
genug ſich in unnoͤthiger und verkehrter Thaͤtigkeit ab¬
muͤdete; zum Verwundern iſt es, wie bei dieſer Maſſe
von Bewaffneten, die zum Theil ohne Befehl und
Aufſicht blieben, und aus allen Volksklaſſen zuſammen¬
getreten waren, waͤhrend ſo vieler heftigen Anlaͤſſe, nichts
Ausſchweifendes noch Unwuͤrdiges, keine Beleidigung
noch Unordnung vorfiel. Der General mit dem groͤ߬
ten Theil ſeiner Offiziere, alle Truppen und die mei¬
ſten Buͤrgergarden, befanden ſich außerhalb der Stadt,
der Senat und die uͤbrigen Behoͤrden hielten ſich zu¬
ruͤckgezogen, keine Regung ging in dieſer Zeit von ih¬
nen aus, keine Abſicht oder Geſinnung wurde von ih¬
nen in dieſen ſtuͤrmiſchen Tagen kund gegeben. Das,
was ſie nothgedrungen beſorgen mußten, die Verpfle¬
gung der Truppen unter andern, geſchah mit der groͤ߬
ten Unordnung, auf manchen Poſten litt die Mann¬
ſchaft uͤber vierundzwanzig Stunden lang Mangel, in
einer Stadt, wo alles in Fuͤlle und die Zahl der Trup¬
pen hoͤchſt gering war; ſogar die eignen Mitbuͤrger
die unter tauſend Ungemach auf entlegnen Poſten ſtan¬
den, wurden haͤufig vergeſſen. Außerdem waren die
Sendungen von Lebensmitteln beim Abgehen meiſt groͤ¬
ßer, als beim Ankommen. Unter ſolchen Umſtaͤnden
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/368>, abgerufen am 21.11.2024.
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