von Boye bei Hamburg an, zwei davon rückten sogleich durch die Stadt nach dem Grasbrook und dem Ham¬ burgerberge, während das dritte zur Erhaltung der Verbindung in Bergedorf stehn blieb. Tettenborn war ihnen vor das Steinthor entgegengeritten, wo eine Ab¬ theilung der Bürgergarde aufmarschirt stand, und eine große Menge Volks die ankommenden Retter mit Ju¬ belgeschrei empfing. Man athmete wieder freier, und glaubte, nachdem man diese Tage glücklich überstanden, für die Zukunft weniger befürchten zu dürfen.
Auch war es die höchste Zeit, daß diese Truppen ankamen, denn gleichsam als ob der Feind durch irgend einen wunderbaren Einfluß nur eben so lange zurück¬ gehalten worden sei, bis ihm wieder frische Truppen entgegengesetzt werden könnten, erneuerte er grade in dieser Nacht seine Angriffe, und auf so kühne Weise, daß, wenn er gleiches Wagestück in anderer Richtung versucht hätte, die größte Gefahr für die Stadt daraus entstanden wäre. Die hamburgische Jacht lag unfern des Hafens in der Elbe vor Anker, und hatte außer den Seeleuten etwa 30 Mann Hanseaten zur Besatzung. Die Franzosen aber schifften ungefähr 170 Mann in eine Penische und 16 Boote ein, um während der Nacht dieses Schiff wegzunehmen. Sie ließen ihre Fahrzeuge leise stromab treiben und kamen geräuschlos und unbe¬ merkt in der Dunkelheit an das Schiff. Die Hansea¬ ten griffen eiligst zu den Waffen, und vertheidigten sich
von Boye bei Hamburg an, zwei davon ruͤckten ſogleich durch die Stadt nach dem Grasbrook und dem Ham¬ burgerberge, waͤhrend das dritte zur Erhaltung der Verbindung in Bergedorf ſtehn blieb. Tettenborn war ihnen vor das Steinthor entgegengeritten, wo eine Ab¬ theilung der Buͤrgergarde aufmarſchirt ſtand, und eine große Menge Volks die ankommenden Retter mit Ju¬ belgeſchrei empfing. Man athmete wieder freier, und glaubte, nachdem man dieſe Tage gluͤcklich uͤberſtanden, fuͤr die Zukunft weniger befuͤrchten zu duͤrfen.
Auch war es die hoͤchſte Zeit, daß dieſe Truppen ankamen, denn gleichſam als ob der Feind durch irgend einen wunderbaren Einfluß nur eben ſo lange zuruͤck¬ gehalten worden ſei, bis ihm wieder friſche Truppen entgegengeſetzt werden koͤnnten, erneuerte er grade in dieſer Nacht ſeine Angriffe, und auf ſo kuͤhne Weiſe, daß, wenn er gleiches Wageſtuͤck in anderer Richtung verſucht haͤtte, die groͤßte Gefahr fuͤr die Stadt daraus entſtanden waͤre. Die hamburgiſche Jacht lag unfern des Hafens in der Elbe vor Anker, und hatte außer den Seeleuten etwa 30 Mann Hanſeaten zur Beſatzung. Die Franzoſen aber ſchifften ungefaͤhr 170 Mann in eine Peniſche und 16 Boote ein, um waͤhrend der Nacht dieſes Schiff wegzunehmen. Sie ließen ihre Fahrzeuge leiſe ſtromab treiben und kamen geraͤuſchlos und unbe¬ merkt in der Dunkelheit an das Schiff. Die Hanſea¬ ten griffen eiligſt zu den Waffen, und vertheidigten ſich
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0377"n="365"/>
von Boye bei Hamburg an, zwei davon ruͤckten ſogleich<lb/>
durch die Stadt nach dem Grasbrook und dem Ham¬<lb/>
burgerberge, waͤhrend das dritte zur Erhaltung der<lb/>
Verbindung in Bergedorf ſtehn blieb. Tettenborn war<lb/>
ihnen vor das Steinthor entgegengeritten, wo eine Ab¬<lb/>
theilung der Buͤrgergarde aufmarſchirt ſtand, und eine<lb/>
große Menge Volks die ankommenden Retter mit Ju¬<lb/>
belgeſchrei empfing. Man athmete wieder freier, und<lb/>
glaubte, nachdem man dieſe Tage gluͤcklich uͤberſtanden,<lb/>
fuͤr die Zukunft weniger befuͤrchten zu duͤrfen.</p><lb/><p>Auch war es die hoͤchſte Zeit, daß dieſe Truppen<lb/>
ankamen, denn gleichſam als ob der Feind durch irgend<lb/>
einen wunderbaren Einfluß nur eben ſo lange zuruͤck¬<lb/>
gehalten worden ſei, bis ihm wieder friſche Truppen<lb/>
entgegengeſetzt werden koͤnnten, erneuerte er grade in<lb/>
dieſer Nacht ſeine Angriffe, und auf ſo kuͤhne Weiſe,<lb/>
daß, wenn er gleiches Wageſtuͤck in anderer Richtung<lb/>
verſucht haͤtte, die groͤßte Gefahr fuͤr die Stadt daraus<lb/>
entſtanden waͤre. Die hamburgiſche Jacht lag unfern<lb/>
des Hafens in der Elbe vor Anker, und hatte außer<lb/>
den Seeleuten etwa <hirendition="#b">30</hi> Mann Hanſeaten zur Beſatzung.<lb/>
Die Franzoſen aber ſchifften ungefaͤhr <hirendition="#b">170</hi> Mann in<lb/>
eine Peniſche und <hirendition="#b">16</hi> Boote ein, um waͤhrend der Nacht<lb/>
dieſes Schiff wegzunehmen. Sie ließen ihre Fahrzeuge<lb/>
leiſe ſtromab treiben und kamen geraͤuſchlos und unbe¬<lb/>
merkt in der Dunkelheit an das Schiff. Die Hanſea¬<lb/>
ten griffen eiligſt zu den Waffen, und vertheidigten ſich<lb/></p></div></body></text></TEI>
[365/0377]
von Boye bei Hamburg an, zwei davon ruͤckten ſogleich
durch die Stadt nach dem Grasbrook und dem Ham¬
burgerberge, waͤhrend das dritte zur Erhaltung der
Verbindung in Bergedorf ſtehn blieb. Tettenborn war
ihnen vor das Steinthor entgegengeritten, wo eine Ab¬
theilung der Buͤrgergarde aufmarſchirt ſtand, und eine
große Menge Volks die ankommenden Retter mit Ju¬
belgeſchrei empfing. Man athmete wieder freier, und
glaubte, nachdem man dieſe Tage gluͤcklich uͤberſtanden,
fuͤr die Zukunft weniger befuͤrchten zu duͤrfen.
Auch war es die hoͤchſte Zeit, daß dieſe Truppen
ankamen, denn gleichſam als ob der Feind durch irgend
einen wunderbaren Einfluß nur eben ſo lange zuruͤck¬
gehalten worden ſei, bis ihm wieder friſche Truppen
entgegengeſetzt werden koͤnnten, erneuerte er grade in
dieſer Nacht ſeine Angriffe, und auf ſo kuͤhne Weiſe,
daß, wenn er gleiches Wageſtuͤck in anderer Richtung
verſucht haͤtte, die groͤßte Gefahr fuͤr die Stadt daraus
entſtanden waͤre. Die hamburgiſche Jacht lag unfern
des Hafens in der Elbe vor Anker, und hatte außer
den Seeleuten etwa 30 Mann Hanſeaten zur Beſatzung.
Die Franzoſen aber ſchifften ungefaͤhr 170 Mann in
eine Peniſche und 16 Boote ein, um waͤhrend der Nacht
dieſes Schiff wegzunehmen. Sie ließen ihre Fahrzeuge
leiſe ſtromab treiben und kamen geraͤuſchlos und unbe¬
merkt in der Dunkelheit an das Schiff. Die Hanſea¬
ten griffen eiligſt zu den Waffen, und vertheidigten ſich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/377>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.