Stadt, um alles selbst zu leiten und anzuordnen, und die Thätigkeit jeder Art durch seine Gegenwart zu be¬ beleben. Er hatte die Truppen der entgegengesetztesten und jetzt gegen einander feindlich gestimmten Völker nach einander zu dem Einen Zweck der Vertheidigung Hamburgs glücklich herangezogen, und er durfte hoffen, jetzt, da das Schlimmste überstanden war, die Stadt fernerhin behaupten zu können, und, wenn nur erst Zeit gewonnen, auch größere Unterstützung nach und nach ankommen zu sehn. Dann konnte die Stadt, selbst bei weiterem Rückzuge der Hauptheere, ein fester, in sich geschlossener und mit allen Vortheilen der See¬ verbindung ausgestatteter Waffenplatz für die Verbün¬ deten werden, der sogar bald im Stande sein konnte, eine Belagerung auszuhalten. Allein das Betragen der Dänen, die täglich mit den Franzosen eifrige Ver¬ handlungen pflogen, erweckte schon jetzt Bedenklichkei¬ ten, die alle diese Aussichten zu vernichten drohten.
Die nächsten Tage waren zwar wieder ruhig, aber die düstre Erwartung, in der alles schwebte, gönnte niemanden sich in dem Genusse dieser Ruhe zu erholen. Man mußte beständig in Bereitschaft stehen, die Bür¬ gergarden waren anaufhörlich im Dienst, ein großer Theil des Volks durch Schanzarbeit, die mit Anstren¬ gung fortgesetzt wurde, unablässig beschäftigt. Man sah kein andres Gewerbe mehr, als das Bezug auf den Krieg hatte, niemand ging ohne Waffen, aller Ver¬
Stadt, um alles ſelbſt zu leiten und anzuordnen, und die Thaͤtigkeit jeder Art durch ſeine Gegenwart zu be¬ beleben. Er hatte die Truppen der entgegengeſetzteſten und jetzt gegen einander feindlich geſtimmten Voͤlker nach einander zu dem Einen Zweck der Vertheidigung Hamburgs gluͤcklich herangezogen, und er durfte hoffen, jetzt, da das Schlimmſte uͤberſtanden war, die Stadt fernerhin behaupten zu koͤnnen, und, wenn nur erſt Zeit gewonnen, auch groͤßere Unterſtuͤtzung nach und nach ankommen zu ſehn. Dann konnte die Stadt, ſelbſt bei weiterem Ruͤckzuge der Hauptheere, ein feſter, in ſich geſchloſſener und mit allen Vortheilen der See¬ verbindung ausgeſtatteter Waffenplatz fuͤr die Verbuͤn¬ deten werden, der ſogar bald im Stande ſein konnte, eine Belagerung auszuhalten. Allein das Betragen der Daͤnen, die taͤglich mit den Franzoſen eifrige Ver¬ handlungen pflogen, erweckte ſchon jetzt Bedenklichkei¬ ten, die alle dieſe Ausſichten zu vernichten drohten.
Die naͤchſten Tage waren zwar wieder ruhig, aber die duͤſtre Erwartung, in der alles ſchwebte, goͤnnte niemanden ſich in dem Genuſſe dieſer Ruhe zu erholen. Man mußte beſtaͤndig in Bereitſchaft ſtehen, die Buͤr¬ gergarden waren anaufhoͤrlich im Dienſt, ein großer Theil des Volks durch Schanzarbeit, die mit Anſtren¬ gung fortgeſetzt wurde, unablaͤſſig beſchaͤftigt. Man ſah kein andres Gewerbe mehr, als das Bezug auf den Krieg hatte, niemand ging ohne Waffen, aller Ver¬
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Stadt, um alles ſelbſt zu leiten und anzuordnen, und
die Thaͤtigkeit jeder Art durch ſeine Gegenwart zu be¬
beleben. Er hatte die Truppen der entgegengeſetzteſten
und jetzt gegen einander feindlich geſtimmten Voͤlker
nach einander zu dem Einen Zweck der Vertheidigung
Hamburgs gluͤcklich herangezogen, und er durfte hoffen,
jetzt, da das Schlimmſte uͤberſtanden war, die Stadt
fernerhin behaupten zu koͤnnen, und, wenn nur erſt
Zeit gewonnen, auch groͤßere Unterſtuͤtzung nach und
nach ankommen zu ſehn. Dann konnte die Stadt,
ſelbſt bei weiterem Ruͤckzuge der Hauptheere, ein feſter,
in ſich geſchloſſener und mit allen Vortheilen der See¬
verbindung ausgeſtatteter Waffenplatz fuͤr die Verbuͤn¬
deten werden, der ſogar bald im Stande ſein konnte,
eine Belagerung auszuhalten. Allein das Betragen
der Daͤnen, die taͤglich mit den Franzoſen eifrige Ver¬
handlungen pflogen, erweckte ſchon jetzt Bedenklichkei¬
ten, die alle dieſe Ausſichten zu vernichten drohten.
Die naͤchſten Tage waren zwar wieder ruhig, aber
die duͤſtre Erwartung, in der alles ſchwebte, goͤnnte
niemanden ſich in dem Genuſſe dieſer Ruhe zu erholen.
Man mußte beſtaͤndig in Bereitſchaft ſtehen, die Buͤr¬
gergarden waren anaufhoͤrlich im Dienſt, ein großer
Theil des Volks durch Schanzarbeit, die mit Anſtren¬
gung fortgeſetzt wurde, unablaͤſſig beſchaͤftigt. Man ſah
kein andres Gewerbe mehr, als das Bezug auf den
Krieg hatte, niemand ging ohne Waffen, aller Ver¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/380>, abgerufen am 22.11.2024.
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