von den übrigen Völkern erwerben. Für die Verzich¬ tung auf die Wiedererlangung des unverschmerzten Finn¬ lands war den Schweden von England und Rußland der künftige Besitz Norwegens zugesichert, eine Zusiche¬ rung, welcher nun auch Preußen beizutreten veranlaßt war. Wenn die Staatskunst hier sich zu Maßregeln gedrungen fühlte, die einen Fürsten seines rechtmäßigen Besitzes willkürlich berauben sollte, so kann man zur Entschuldigung anführen, daß der dänische Hof schon ein Jahr vorher gewarnt und benachrichtigt worden war, zu welchen Bedingungen sich Rußland, wenn Dänemark fortführe dem französischen Bündniß treu zu bleiben, gegen Schweden verpflichten müsse, weil Ru߬ land bei dem bevorstehenden gewaltigen Kampfe nicht beider nordischen Mächte zugleich unversichert bleiben könne. Das dänische Kabinet schien auch in der That, nach dem Untergange des großen französischen Heeres in Rußland, sich den Russen und Preußen in dem Maße nähern zu wollen, als das Glück sich von den Franzosen entfernte. In der Hoffnung, wegen Nor¬ wegen eine gütliche Ausgleichung treffen zu können, und Dänen und Schweden gemeinschaftlich der guten Sache zuzuführen, hatte der Kaiser von Rußland die dänischen Annährungen wohlwollend aufgenommen, und die preußische Regierung fand unter diesen Umständen den Abschluß mit Schweden nicht zu übereilen. Allein der Kronprinz von Schweden fand hierin einen bedenk¬
von den uͤbrigen Voͤlkern erwerben. Fuͤr die Verzich¬ tung auf die Wiedererlangung des unverſchmerzten Finn¬ lands war den Schweden von England und Rußland der kuͤnftige Beſitz Norwegens zugeſichert, eine Zuſiche¬ rung, welcher nun auch Preußen beizutreten veranlaßt war. Wenn die Staatskunſt hier ſich zu Maßregeln gedrungen fuͤhlte, die einen Fuͤrſten ſeines rechtmaͤßigen Beſitzes willkuͤrlich berauben ſollte, ſo kann man zur Entſchuldigung anfuͤhren, daß der daͤniſche Hof ſchon ein Jahr vorher gewarnt und benachrichtigt worden war, zu welchen Bedingungen ſich Rußland, wenn Daͤnemark fortfuͤhre dem franzoͤſiſchen Buͤndniß treu zu bleiben, gegen Schweden verpflichten muͤſſe, weil Ru߬ land bei dem bevorſtehenden gewaltigen Kampfe nicht beider nordiſchen Maͤchte zugleich unverſichert bleiben koͤnne. Das daͤniſche Kabinet ſchien auch in der That, nach dem Untergange des großen franzoͤſiſchen Heeres in Rußland, ſich den Ruſſen und Preußen in dem Maße naͤhern zu wollen, als das Gluͤck ſich von den Franzoſen entfernte. In der Hoffnung, wegen Nor¬ wegen eine guͤtliche Ausgleichung treffen zu koͤnnen, und Daͤnen und Schweden gemeinſchaftlich der guten Sache zuzufuͤhren, hatte der Kaiſer von Rußland die daͤniſchen Annaͤhrungen wohlwollend aufgenommen, und die preußiſche Regierung fand unter dieſen Umſtaͤnden den Abſchluß mit Schweden nicht zu uͤbereilen. Allein der Kronprinz von Schweden fand hierin einen bedenk¬
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von den uͤbrigen Voͤlkern erwerben. Fuͤr die Verzich¬
tung auf die Wiedererlangung des unverſchmerzten Finn¬
lands war den Schweden von England und Rußland
der kuͤnftige Beſitz Norwegens zugeſichert, eine Zuſiche¬
rung, welcher nun auch Preußen beizutreten veranlaßt
war. Wenn die Staatskunſt hier ſich zu Maßregeln
gedrungen fuͤhlte, die einen Fuͤrſten ſeines rechtmaͤßigen
Beſitzes willkuͤrlich berauben ſollte, ſo kann man zur
Entſchuldigung anfuͤhren, daß der daͤniſche Hof ſchon
ein Jahr vorher gewarnt und benachrichtigt worden
war, zu welchen Bedingungen ſich Rußland, wenn
Daͤnemark fortfuͤhre dem franzoͤſiſchen Buͤndniß treu zu
bleiben, gegen Schweden verpflichten muͤſſe, weil Ru߬
land bei dem bevorſtehenden gewaltigen Kampfe nicht
beider nordiſchen Maͤchte zugleich unverſichert bleiben
koͤnne. Das daͤniſche Kabinet ſchien auch in der That,
nach dem Untergange des großen franzoͤſiſchen Heeres
in Rußland, ſich den Ruſſen und Preußen in dem
Maße naͤhern zu wollen, als das Gluͤck ſich von den
Franzoſen entfernte. In der Hoffnung, wegen Nor¬
wegen eine guͤtliche Ausgleichung treffen zu koͤnnen,
und Daͤnen und Schweden gemeinſchaftlich der guten
Sache zuzufuͤhren, hatte der Kaiſer von Rußland die
daͤniſchen Annaͤhrungen wohlwollend aufgenommen, und
die preußiſche Regierung fand unter dieſen Umſtaͤnden
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der Kronprinz von Schweden fand hierin einen bedenk¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/407>, abgerufen am 24.11.2024.
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