um mich zu stärken; und die Putten, obgleich sie einen matt genug machen können, sind mir doch Heilkraft. -- Die Furcht vor dem Bär ist weg, nachdem sie durch Vetter auf's äußerste gekommen war, den ich aber im strengsten Sinn des Worts geschlagen habe; -- sie mußte immer selbst brummen, und ich bramm so lange, bis es ihr keinen Eindruck mehr machte. Auch ist sie nun durch mich von des Bären Abreise überzeugt, und daß er keine Treppen steigen kann. -- (Nun ist Nachmittag: nichts greift mich so an, als Schreiben). Von der Köchin hat sie einige Bouquets von kleinen rothen Be- singen bekommen, die sie mir ganz in Erstarrung zeigte, Dann fuhr sie mit der Schulz und mir die Morgenpromenade nach Hoppe, an dem sie einen herrlichen Spielkammeraden hatte; besonders unermüdet. Dann kam der Vater nach Hause, und brachte, zu abermaliger Erstarrung, einen Fächer und Schärpe; Hanne kauft jetzt für vier Groschen ein! -- Deine springt vor Tische mit Einmal vom Sopha; "Rahle! ich will dir was zu essen holen." Ich vergesse das, weil sie gar zu viel thut und sagt. Eine ganze Weile nachher, kommt sie: "Da! Da!" ich sehe immer nichts. Was bringt sie? Ein Erdbeerchen, und das muß ich essen. Ja, lieber Hans! Warum kann ich jetzt nicht mein Glück in deinen Busen weinen! Daß wir jetzt getrennt sind! -- Über's Jahr vielleicht bin ich selbst Mutter. Nun heirathet ein jeder Mensch -- lachen muß ich auch; aber es ist wahr! Ringe sind gewechselt; ich habe sein Bild. Schneller entstand keine Liebe; soll ich es Sympathie nennen? -- oder wie willst du es nennen? -- wie ich heißen werde? sogar der Name ist schön. Einen Tag
um mich zu ſtärken; und die Putten, obgleich ſie einen matt genug machen können, ſind mir doch Heilkraft. — Die Furcht vor dem Bär iſt weg, nachdem ſie durch Vetter auf’s äußerſte gekommen war, den ich aber im ſtrengſten Sinn des Worts geſchlagen habe; — ſie mußte immer ſelbſt brummen, und ich bramm ſo lange, bis es ihr keinen Eindruck mehr machte. Auch iſt ſie nun durch mich von des Bären Abreiſe überzeugt, und daß er keine Treppen ſteigen kann. — (Nun iſt Nachmittag: nichts greift mich ſo an, als Schreiben). Von der Köchin hat ſie einige Bouquets von kleinen rothen Be- ſingen bekommen, die ſie mir ganz in Erſtarrung zeigte, Dann fuhr ſie mit der Schulz und mir die Morgenpromenade nach Hoppe, an dem ſie einen herrlichen Spielkammeraden hatte; beſonders unermüdet. Dann kam der Vater nach Hauſe, und brachte, zu abermaliger Erſtarrung, einen Fächer und Schärpe; Hanne kauft jetzt für vier Groſchen ein! — Deine ſpringt vor Tiſche mit Einmal vom Sopha; „Rahle! ich will dir was zu eſſen holen.“ Ich vergeſſe das, weil ſie gar zu viel thut und ſagt. Eine ganze Weile nachher, kommt ſie: „Da! Da!“ ich ſehe immer nichts. Was bringt ſie? Ein Erdbeerchen, und das muß ich eſſen. Ja, lieber Hans! Warum kann ich jetzt nicht mein Glück in deinen Buſen weinen! Daß wir jetzt getrennt ſind! — Über’s Jahr vielleicht bin ich ſelbſt Mutter. Nun heirathet ein jeder Menſch — lachen muß ich auch; aber es iſt wahr! Ringe ſind gewechſelt; ich habe ſein Bild. Schneller entſtand keine Liebe; ſoll ich es Sympathie nennen? — oder wie willſt du es nennen? — wie ich heißen werde? ſogar der Name iſt ſchön. Einen Tag
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0202"n="188"/>
um mich zu ſtärken; und die Putten, obgleich ſie einen matt<lb/>
genug machen können, ſind mir doch Heilkraft. — Die Furcht<lb/>
vor dem Bär iſt weg, nachdem ſie durch Vetter auf’s äußerſte<lb/>
gekommen war, den ich aber im ſtrengſten Sinn des Worts<lb/><hirendition="#g">geſchlagen</hi> habe; —ſie mußte immer <hirendition="#g">ſelbſt</hi> brummen,<lb/>
und <hirendition="#g">ich</hi> bramm <hirendition="#g">ſo lange</hi>, bis es ihr keinen Eindruck mehr<lb/>
machte. Auch iſt ſie nun durch mich von des Bären Abreiſe<lb/>
überzeugt, und daß er keine Treppen ſteigen kann. — (Nun<lb/>
iſt Nachmittag: nichts greift mich ſo an, als Schreiben). Von<lb/>
der Köchin hat ſie einige Bouquets von kleinen rothen Be-<lb/>ſingen bekommen, die ſie mir <hirendition="#g">ganz</hi> in <hirendition="#g">Erſtarrung</hi> zeigte,<lb/>
Dann fuhr ſie mit der Schulz und mir die Morgenpromenade<lb/>
nach Hoppe, an dem ſie einen herrlichen Spielkammeraden<lb/>
hatte; beſonders unermüdet. Dann kam der Vater nach<lb/>
Hauſe, und brachte, zu abermaliger Erſtarrung, einen Fächer<lb/>
und Schärpe; Hanne kauft jetzt für vier Groſchen ein! —<lb/>
Deine ſpringt vor Tiſche mit Einmal vom Sopha; „Rahle!<lb/>
ich will dir was zu eſſen holen.“ Ich vergeſſe das, weil ſie<lb/>
gar zu viel thut und ſagt. Eine ganze Weile nachher, kommt<lb/>ſie: „Da! Da!“ ich ſehe immer nichts. Was bringt ſie?<lb/><hirendition="#g">Ein</hi> Erdbeerchen, und das muß ich eſſen. Ja, lieber Hans!<lb/>
Warum kann ich <hirendition="#g">jetzt</hi> nicht mein Glück in <hirendition="#g">deinen</hi> Buſen<lb/>
weinen! Daß wir jetzt getrennt ſind! — Über’s Jahr vielleicht<lb/>
bin ich ſelbſt Mutter. Nun heirathet ein <hirendition="#g">jeder Menſch</hi>—<lb/>
lachen muß ich auch; aber es iſt <hirendition="#g">wahr</hi>! Ringe ſind gewechſelt;<lb/>
ich habe ſein Bild. Schneller entſtand keine Liebe; ſoll ich<lb/>
es Sympathie nennen? — oder wie willſt du es nennen? —<lb/>
wie ich heißen werde? ſogar der Name iſt ſchön. Einen Tag<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[188/0202]
um mich zu ſtärken; und die Putten, obgleich ſie einen matt
genug machen können, ſind mir doch Heilkraft. — Die Furcht
vor dem Bär iſt weg, nachdem ſie durch Vetter auf’s äußerſte
gekommen war, den ich aber im ſtrengſten Sinn des Worts
geſchlagen habe; — ſie mußte immer ſelbſt brummen,
und ich bramm ſo lange, bis es ihr keinen Eindruck mehr
machte. Auch iſt ſie nun durch mich von des Bären Abreiſe
überzeugt, und daß er keine Treppen ſteigen kann. — (Nun
iſt Nachmittag: nichts greift mich ſo an, als Schreiben). Von
der Köchin hat ſie einige Bouquets von kleinen rothen Be-
ſingen bekommen, die ſie mir ganz in Erſtarrung zeigte,
Dann fuhr ſie mit der Schulz und mir die Morgenpromenade
nach Hoppe, an dem ſie einen herrlichen Spielkammeraden
hatte; beſonders unermüdet. Dann kam der Vater nach
Hauſe, und brachte, zu abermaliger Erſtarrung, einen Fächer
und Schärpe; Hanne kauft jetzt für vier Groſchen ein! —
Deine ſpringt vor Tiſche mit Einmal vom Sopha; „Rahle!
ich will dir was zu eſſen holen.“ Ich vergeſſe das, weil ſie
gar zu viel thut und ſagt. Eine ganze Weile nachher, kommt
ſie: „Da! Da!“ ich ſehe immer nichts. Was bringt ſie?
Ein Erdbeerchen, und das muß ich eſſen. Ja, lieber Hans!
Warum kann ich jetzt nicht mein Glück in deinen Buſen
weinen! Daß wir jetzt getrennt ſind! — Über’s Jahr vielleicht
bin ich ſelbſt Mutter. Nun heirathet ein jeder Menſch —
lachen muß ich auch; aber es iſt wahr! Ringe ſind gewechſelt;
ich habe ſein Bild. Schneller entſtand keine Liebe; ſoll ich
es Sympathie nennen? — oder wie willſt du es nennen? —
wie ich heißen werde? ſogar der Name iſt ſchön. Einen Tag
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/202>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.