der Mund der Wahrheit und die Hand der Darstellung das- selbe aus der nahen Vergangenheit herauf zu beschwören ver- mochten. Das Leben war reich in seinen äußern Verhältnissen, unendlich reicher aber durch seinen innern Gehalt, dem jene sich gänzlich unterordneten. Prinz Louis Ferdinand, der ge- niale, heldische Mensch, den sein hoher Standpunkt leider mehr für seine Fehler, als für seine großen und schönen Eigen- schaften, begünstigte, hatte hier seine reinsten Empfindungen, sein innigstes Streben und Denken, seine edelsten Erhebungen, im Genuß einer geistesregen gemüthvollen Freundschaft ge- nährt, einer Freundschaft, deren starkem Vertrauen ebenso sein politisches Sinnen wie seine verliebte Leidenschaft und jede Wendung des bedrängten Geistes und Herzens sich erschließen durfte, des Antheils gewiß, wie sonst nur die mitergriffene Neigung ihn hervorzubringen pflegt. Männer, wie Gentz und Friedrich Schlegel und beide Humboldt, waren diesem Kreise beeifert zugethan, bald um Blüthen und Früchte von daher zu sammeln, bald um deren zu bringen, und immer ihren besten Beifall hier zu finden. Graf Tilly, Gustav von Brinckmann, Hans Genelli, von Burgsdorf, Major von Gual- tieri, Ludwig und Friedrich Tieck, Graf Casa-Valencia, Fürst Reuß, Navarro, und so viele andre Diplomaten, Militairs, Gelehrten und Künstler, hatten sich eingefunden, und mit höherem Sinn und erregtem Bedürfniß geistigen Behagens sich angeschlossen und einheimisch gemacht. Von ausgezeich- neten Frauen wären viele zu nennen, aus den verschiedensten Lebenssphären, doch sämmtlich darin gleich, daß kein schein- samer und müssiger, sondern irgend ein ächter und wahrer
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der Mund der Wahrheit und die Hand der Darſtellung das- ſelbe aus der nahen Vergangenheit herauf zu beſchwören ver- mochten. Das Leben war reich in ſeinen äußern Verhältniſſen, unendlich reicher aber durch ſeinen innern Gehalt, dem jene ſich gänzlich unterordneten. Prinz Louis Ferdinand, der ge- niale, heldiſche Menſch, den ſein hoher Standpunkt leider mehr für ſeine Fehler, als für ſeine großen und ſchönen Eigen- ſchaften, begünſtigte, hatte hier ſeine reinſten Empfindungen, ſein innigſtes Streben und Denken, ſeine edelſten Erhebungen, im Genuß einer geiſtesregen gemüthvollen Freundſchaft ge- nährt, einer Freundſchaft, deren ſtarkem Vertrauen ebenſo ſein politiſches Sinnen wie ſeine verliebte Leidenſchaft und jede Wendung des bedrängten Geiſtes und Herzens ſich erſchließen durfte, des Antheils gewiß, wie ſonſt nur die mitergriffene Neigung ihn hervorzubringen pflegt. Männer, wie Gentz und Friedrich Schlegel und beide Humboldt, waren dieſem Kreiſe beeifert zugethan, bald um Blüthen und Früchte von daher zu ſammeln, bald um deren zu bringen, und immer ihren beſten Beifall hier zu finden. Graf Tilly, Guſtav von Brinckmann, Hans Genelli, von Burgsdorf, Major von Gual- tieri, Ludwig und Friedrich Tieck, Graf Caſa-Valencia, Fürſt Reuß, Navarro, und ſo viele andre Diplomaten, Militairs, Gelehrten und Künſtler, hatten ſich eingefunden, und mit höherem Sinn und erregtem Bedürfniß geiſtigen Behagens ſich angeſchloſſen und einheimiſch gemacht. Von ausgezeich- neten Frauen wären viele zu nennen, aus den verſchiedenſten Lebensſphären, doch ſämmtlich darin gleich, daß kein ſchein- ſamer und müſſiger, ſondern irgend ein ächter und wahrer
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der Mund der Wahrheit und die Hand der Darſtellung das-
ſelbe aus der nahen Vergangenheit herauf zu beſchwören ver-
mochten. Das Leben war reich in ſeinen äußern Verhältniſſen,
unendlich reicher aber durch ſeinen innern Gehalt, dem jene
ſich gänzlich unterordneten. Prinz Louis Ferdinand, der ge-
niale, heldiſche Menſch, den ſein hoher Standpunkt leider
mehr für ſeine Fehler, als für ſeine großen und ſchönen Eigen-
ſchaften, begünſtigte, hatte hier ſeine reinſten Empfindungen,
ſein innigſtes Streben und Denken, ſeine edelſten Erhebungen,
im Genuß einer geiſtesregen gemüthvollen Freundſchaft ge-
nährt, einer Freundſchaft, deren ſtarkem Vertrauen ebenſo ſein
politiſches Sinnen wie ſeine verliebte Leidenſchaft und jede
Wendung des bedrängten Geiſtes und Herzens ſich erſchließen
durfte, des Antheils gewiß, wie ſonſt nur die mitergriffene
Neigung ihn hervorzubringen pflegt. Männer, wie Gentz
und Friedrich Schlegel und beide Humboldt, waren dieſem
Kreiſe beeifert zugethan, bald um Blüthen und Früchte von
daher zu ſammeln, bald um deren zu bringen, und immer
ihren beſten Beifall hier zu finden. Graf Tilly, Guſtav von
Brinckmann, Hans Genelli, von Burgsdorf, Major von Gual-
tieri, Ludwig und Friedrich Tieck, Graf Caſa-Valencia, Fürſt
Reuß, Navarro, und ſo viele andre Diplomaten, Militairs,
Gelehrten und Künſtler, hatten ſich eingefunden, und mit
höherem Sinn und erregtem Bedürfniß geiſtigen Behagens
ſich angeſchloſſen und einheimiſch gemacht. Von ausgezeich-
neten Frauen wären viele zu nennen, aus den verſchiedenſten
Lebensſphären, doch ſämmtlich darin gleich, daß kein ſchein-
ſamer und müſſiger, ſondern irgend ein ächter und wahrer
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/33>, abgerufen am 22.12.2024.
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