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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

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seine sonstigen Briefe. Empfehlen Sie mich, wenn Sie wol-
len, der Gräfin Golz; die muß jetzt ein prächtiges Kind ha-
ben: es war ja hier schon so schön. --




-- Ich bin nicht bei Fichte; so unpaß fühlte ich mich. --
Es geht gewiß vorüber -- mit der Zeit -- sagen die Leute
sehr getröstet! das heißt, mit ihnen selbst. Lustig! doch bin
ich es beinah: sehr ruhig wenigstens. Heute dachte ich: "Quel-
quefois je me rends justice, quelquefois moins que justice,
quelquefois plus que justice."
Es ist einem wohl, wenn man
keine Ansprüche hat. Wenn einem nichts besonders wünschens-
werth scheint, wenn man sich vom gleichgültigsten wie vom
besseren Leben wie auf einem Elemente tragen läßt, und mit
Thier-Augen auf den Gegenständen haftet, und auch so sie
gleiten läßt. Dies ist aber ein bloßes Erzeugniß physischen
Befindens, und augenblicklichen Feierns des Geistes: der eben
seinen Vorrath verarbeitet hat! Dauert es? Weise ist's, auch
die kürzeste Dauer zu fressen -- savourer fehlt uns --. Sehen
Sie, weise!! ganz müde eigentlich! -- und sehnsüchtig nach
Wärme und Gesundheit; und nicht ungeneigt zu sterben. Und
auch bereit das Schönste zu leben. Aber es giebt nichts. Dies
weiß ich wirklich anders, als bisher. Ungeheuer gelassen:
das ist schlimm! Da haben Sie bavardage! -- Dies ist ein
rechtes Stimmungsbillet! --



ſeine ſonſtigen Briefe. Empfehlen Sie mich, wenn Sie wol-
len, der Gräfin Golz; die muß jetzt ein prächtiges Kind ha-
ben: es war ja hier ſchon ſo ſchön. —




— Ich bin nicht bei Fichte; ſo unpaß fühlte ich mich. —
Es geht gewiß vorüber — mit der Zeit — ſagen die Leute
ſehr getröſtet! das heißt, mit ihnen ſelbſt. Luſtig! doch bin
ich es beinah: ſehr ruhig wenigſtens. Heute dachte ich: „Quel-
quefois je me rends justice, quelquefois moins que justice,
quelquefois plus que justice.“
Es iſt einem wohl, wenn man
keine Anſprüche hat. Wenn einem nichts beſonders wünſchens-
werth ſcheint, wenn man ſich vom gleichgültigſten wie vom
beſſeren Leben wie auf einem Elemente tragen läßt, und mit
Thier-Augen auf den Gegenſtänden haftet, und auch ſo ſie
gleiten läßt. Dies iſt aber ein bloßes Erzeugniß phyſiſchen
Befindens, und augenblicklichen Feierns des Geiſtes: der eben
ſeinen Vorrath verarbeitet hat! Dauert es? Weiſe iſt’s, auch
die kürzeſte Dauer zu freſſen — savourer fehlt uns —. Sehen
Sie, weiſe!! ganz müde eigentlich! — und ſehnſüchtig nach
Wärme und Geſundheit; und nicht ungeneigt zu ſterben. Und
auch bereit das Schönſte zu leben. Aber es giebt nichts. Dies
weiß ich wirklich anders, als bisher. Ungeheuer gelaſſen:
das iſt ſchlimm! Da haben Sie bavardage! — Dies iſt ein
rechtes Stimmungsbillet! —



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[335/0349] ſeine ſonſtigen Briefe. Empfehlen Sie mich, wenn Sie wol- len, der Gräfin Golz; die muß jetzt ein prächtiges Kind ha- ben: es war ja hier ſchon ſo ſchön. — Sonntag, den 20. März 1808. — Ich bin nicht bei Fichte; ſo unpaß fühlte ich mich. — Es geht gewiß vorüber — mit der Zeit — ſagen die Leute ſehr getröſtet! das heißt, mit ihnen ſelbſt. Luſtig! doch bin ich es beinah: ſehr ruhig wenigſtens. Heute dachte ich: „Quel- quefois je me rends justice, quelquefois moins que justice, quelquefois plus que justice.“ Es iſt einem wohl, wenn man keine Anſprüche hat. Wenn einem nichts beſonders wünſchens- werth ſcheint, wenn man ſich vom gleichgültigſten wie vom beſſeren Leben wie auf einem Elemente tragen läßt, und mit Thier-Augen auf den Gegenſtänden haftet, und auch ſo ſie gleiten läßt. Dies iſt aber ein bloßes Erzeugniß phyſiſchen Befindens, und augenblicklichen Feierns des Geiſtes: der eben ſeinen Vorrath verarbeitet hat! Dauert es? Weiſe iſt’s, auch die kürzeſte Dauer zu freſſen — savourer fehlt uns —. Sehen Sie, weiſe!! ganz müde eigentlich! — und ſehnſüchtig nach Wärme und Geſundheit; und nicht ungeneigt zu ſterben. Und auch bereit das Schönſte zu leben. Aber es giebt nichts. Dies weiß ich wirklich anders, als bisher. Ungeheuer gelaſſen: das iſt ſchlimm! Da haben Sie bavardage! — Dies iſt ein rechtes Stimmungsbillet! —

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/349>, abgerufen am 23.12.2024.