mochte. Friedrich Schlegel, Novalis, Schleiermacher, ja selbst Schelling und Steffens, waren ihr theils persönlich, theils den Schriften nach bekannt und werth. In der Musik waren ihre Lieblinge Gluck, Mozart und Righini; die italiänische Schule im Gesang, und nebenher auch im Tanze, allem andern vor- ausgeltend. Und damit dem Schätzen und Lieben auch der Gegensatz des Mißachtens und Verwerfens nicht fehlte, so waren ihr eben so früh und so entschieden, wie jene im Gu- ten, die damals beliebten Bühnenherrscher Kotzebue und Iff- land im Schlechten bemerkt, lange vorher, ehe noch die zum Bewußtsein erwachende litterarische Kritik ihre muthigen An- griffe gegen diese Götzen der Menge gerichtet hatte. Na- mentlich klagte sie, daß Iffland, abgerechnet sein großes per- sönliches Talent, das doch dem ächten Genius eines Fleck nicht zu vergleichen war, durch sein wachsendes Ansehen und Einwirken die Bühne und Schauspielkunst in Berlin auf weithinaus zu Grunde richte, in's Gemeine und Manierirte hinabziehe, und der leitenden Behörde, wie selbst dem Publi- kum, die falschesten Maximen und Urtheile einflöße und ver- härte. Diese Polemik hat Wurzel gefaßt, und sich in der Folge durch namhafte Autoritäten ausgebreitet, doch lange nicht so sehr, daß nicht noch heutiges Tages das Verdienst der richtigen Voraussetzung durch vielfältigen Augenschein lei- der bewährt stünde." -- -- --
"Ich war nicht sobald in diesen neuen Lebensstrom ein- gegangen, als ich schon eilte, auch meinen Freunden eifrigen Bericht zu geben, ihnen Schritt für Schritt den neuen Ge- winn aufzuzeigen, und ihnen alles zu gönnen, was sie davon
mochte. Friedrich Schlegel, Novalis, Schleiermacher, ja ſelbſt Schelling und Steffens, waren ihr theils perſönlich, theils den Schriften nach bekannt und werth. In der Muſik waren ihre Lieblinge Gluck, Mozart und Righini; die italiäniſche Schule im Geſang, und nebenher auch im Tanze, allem andern vor- ausgeltend. Und damit dem Schätzen und Lieben auch der Gegenſatz des Mißachtens und Verwerfens nicht fehlte, ſo waren ihr eben ſo früh und ſo entſchieden, wie jene im Gu- ten, die damals beliebten Bühnenherrſcher Kotzebue und Iff- land im Schlechten bemerkt, lange vorher, ehe noch die zum Bewußtſein erwachende litterariſche Kritik ihre muthigen An- griffe gegen dieſe Götzen der Menge gerichtet hatte. Na- mentlich klagte ſie, daß Iffland, abgerechnet ſein großes per- ſönliches Talent, das doch dem ächten Genius eines Fleck nicht zu vergleichen war, durch ſein wachſendes Anſehen und Einwirken die Bühne und Schauſpielkunſt in Berlin auf weithinaus zu Grunde richte, in’s Gemeine und Manierirte hinabziehe, und der leitenden Behörde, wie ſelbſt dem Publi- kum, die falſcheſten Maximen und Urtheile einflöße und ver- härte. Dieſe Polemik hat Wurzel gefaßt, und ſich in der Folge durch namhafte Autoritäten ausgebreitet, doch lange nicht ſo ſehr, daß nicht noch heutiges Tages das Verdienſt der richtigen Vorausſetzung durch vielfältigen Augenſchein lei- der bewährt ſtünde.“ — — —
„Ich war nicht ſobald in dieſen neuen Lebensſtrom ein- gegangen, als ich ſchon eilte, auch meinen Freunden eifrigen Bericht zu geben, ihnen Schritt für Schritt den neuen Ge- winn aufzuzeigen, und ihnen alles zu gönnen, was ſie davon
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mochte. Friedrich Schlegel, Novalis, Schleiermacher, ja ſelbſt
Schelling und Steffens, waren ihr theils perſönlich, theils den
Schriften nach bekannt und werth. In der Muſik waren ihre
Lieblinge Gluck, Mozart und Righini; die italiäniſche Schule
im Geſang, und nebenher auch im Tanze, allem andern vor-
ausgeltend. Und damit dem Schätzen und Lieben auch der
Gegenſatz des Mißachtens und Verwerfens nicht fehlte, ſo
waren ihr eben ſo früh und ſo entſchieden, wie jene im Gu-
ten, die damals beliebten Bühnenherrſcher Kotzebue und Iff-
land im Schlechten bemerkt, lange vorher, ehe noch die zum
Bewußtſein erwachende litterariſche Kritik ihre muthigen An-
griffe gegen dieſe Götzen der Menge gerichtet hatte. Na-
mentlich klagte ſie, daß Iffland, abgerechnet ſein großes per-
ſönliches Talent, das doch dem ächten Genius eines Fleck
nicht zu vergleichen war, durch ſein wachſendes Anſehen und
Einwirken die Bühne und Schauſpielkunſt in Berlin auf
weithinaus zu Grunde richte, in’s Gemeine und Manierirte
hinabziehe, und der leitenden Behörde, wie ſelbſt dem Publi-
kum, die falſcheſten Maximen und Urtheile einflöße und ver-
härte. Dieſe Polemik hat Wurzel gefaßt, und ſich in der
Folge durch namhafte Autoritäten ausgebreitet, doch lange
nicht ſo ſehr, daß nicht noch heutiges Tages das Verdienſt
der richtigen Vorausſetzung durch vielfältigen Augenſchein lei-
der bewährt ſtünde.“ — — —
„Ich war nicht ſobald in dieſen neuen Lebensſtrom ein-
gegangen, als ich ſchon eilte, auch meinen Freunden eifrigen
Bericht zu geben, ihnen Schritt für Schritt den neuen Ge-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/37>, abgerufen am 22.12.2024.
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