deinigen; und wie ich mich schon ausdrückte, deinen Augen! Nicht mehr meinetwegen; damit dir, dir lieber Freund, wohl sei! Denk dir dich Einmal, Jammer in der Tiefe, und einen Stachel in deinem Herzen, an meiner Seite! -- Bin ich denn hart, wenn ich wähle und scheide? Ist Einsicht haben und gebrauchen hart? Freilich lassen sich graziöse Frauen leiten; und auch die Tänze stellen das vor! Aber ich wäre noch ungeschickter, wenn ich anders sein wollte! --
Nun erwarte ich, ob ich heute etwa einen Brief von dir kriege! Ich habe Aug. Wilh. Schlegel seine französische Bro- schüre über die beiden Phädren gelesen: schlechtes Französisch; und ein schlechtes Gemüth; und ein Gemüth zu Racine wie ein Auge mit einer Perl drauf! Ein verstockter, vorfleißiger -- vorwitziger -- Schwächling: ich bin sehr böse auf ihn. Stumpfer kranker Kritiker, der nichts von Liebe weiß; wie er nur noch seine Werke muß geschrieben haben; mir ein kom- plettes Räthsel. -- Neumann hat mir schon früh diesen Mor- gen les memoires de Beaumarchais gebracht, ich forderte sie mal vor einiger Zeit: er ging im heillosesten Wetter zu sei- nem Buchhändler wegen Machiavelli: es ist solcher Wind, daß Wellen auf dem Platze getrieben werden. Du siehst ich lese noch dann und wann. Was fehlt denn deinem armen Kerner? hat er Abwartung? weibliche? Verwandte? Ich bin seit Ro- berts Krankheit noch weichlicher geworden. Er hat doch keine Angst von seiner Erscheinung in der Krankheit bekommen? dergleichen giebt's. Humboldt sehe ich öfter: er ist wie vor fünfzehn Jahren. Gestern sah ich die Unvermählte von Kotze- bue; in seiner, in des Kotzebue Art, ein Beweis von vier
deinigen; und wie ich mich ſchon ausdrückte, deinen Augen! Nicht mehr meinetwegen; damit dir, dir lieber Freund, wohl ſei! Denk dir dich Einmal, Jammer in der Tiefe, und einen Stachel in deinem Herzen, an meiner Seite! — Bin ich denn hart, wenn ich wähle und ſcheide? Iſt Einſicht haben und gebrauchen hart? Freilich laſſen ſich graziöſe Frauen leiten; und auch die Tänze ſtellen das vor! Aber ich wäre noch ungeſchickter, wenn ich anders ſein wollte! —
Nun erwarte ich, ob ich heute etwa einen Brief von dir kriege! Ich habe Aug. Wilh. Schlegel ſeine franzöſiſche Bro- ſchüre über die beiden Phädren geleſen: ſchlechtes Franzöſiſch; und ein ſchlechtes Gemüth; und ein Gemüth zu Racine wie ein Auge mit einer Perl drauf! Ein verſtockter, vorfleißiger — vorwitziger — Schwächling: ich bin ſehr böſe auf ihn. Stumpfer kranker Kritiker, der nichts von Liebe weiß; wie er nur noch ſeine Werke muß geſchrieben haben; mir ein kom- plettes Räthſel. — Neumann hat mir ſchon früh dieſen Mor- gen les mémoires de Beaumarchais gebracht, ich forderte ſie mal vor einiger Zeit: er ging im heilloſeſten Wetter zu ſei- nem Buchhändler wegen Machiavelli: es iſt ſolcher Wind, daß Wellen auf dem Platze getrieben werden. Du ſiehſt ich leſe noch dann und wann. Was fehlt denn deinem armen Kerner? hat er Abwartung? weibliche? Verwandte? Ich bin ſeit Ro- berts Krankheit noch weichlicher geworden. Er hat doch keine Angſt von ſeiner Erſcheinung in der Krankheit bekommen? dergleichen giebt’s. Humboldt ſehe ich öfter: er iſt wie vor fünfzehn Jahren. Geſtern ſah ich die Unvermählte von Kotze- bue; in ſeiner, in des Kotzebue Art, ein Beweis von vier
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deinigen; und wie ich mich ſchon ausdrückte, deinen Augen!
Nicht mehr meinetwegen; damit dir, dir lieber Freund, wohl
ſei! Denk dir dich Einmal, Jammer in der Tiefe, und einen
Stachel in deinem Herzen, an meiner Seite! — Bin ich denn
hart, wenn ich wähle und ſcheide? Iſt Einſicht haben und
gebrauchen hart? Freilich laſſen ſich graziöſe Frauen leiten;
und auch die Tänze ſtellen das vor! Aber ich wäre noch
ungeſchickter, wenn ich anders ſein wollte! —
Nun erwarte ich, ob ich heute etwa einen Brief von dir
kriege! Ich habe Aug. Wilh. Schlegel ſeine franzöſiſche Bro-
ſchüre über die beiden Phädren geleſen: ſchlechtes Franzöſiſch;
und ein ſchlechtes Gemüth; und ein Gemüth zu Racine wie
ein Auge mit einer Perl drauf! Ein verſtockter, vorfleißiger
— vorwitziger — Schwächling: ich bin ſehr böſe auf ihn.
Stumpfer kranker Kritiker, der nichts von Liebe weiß; wie er
nur noch ſeine Werke muß geſchrieben haben; mir ein kom-
plettes Räthſel. — Neumann hat mir ſchon früh dieſen Mor-
gen les mémoires de Beaumarchais gebracht, ich forderte ſie
mal vor einiger Zeit: er ging im heilloſeſten Wetter zu ſei-
nem Buchhändler wegen Machiavelli: es iſt ſolcher Wind, daß
Wellen auf dem Platze getrieben werden. Du ſiehſt ich leſe
noch dann und wann. Was fehlt denn deinem armen Kerner?
hat er Abwartung? weibliche? Verwandte? Ich bin ſeit Ro-
berts Krankheit noch weichlicher geworden. Er hat doch keine
Angſt von ſeiner Erſcheinung in der Krankheit bekommen?
dergleichen giebt’s. Humboldt ſehe ich öfter: er iſt wie vor
fünfzehn Jahren. Geſtern ſah ich die Unvermählte von Kotze-
bue; in ſeiner, in des Kotzebue Art, ein Beweis von vier
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/412>, abgerufen am 23.12.2024.
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