Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

die Leute sagen, sie werden gedruckt. Füge keine Art von Be-
sorglichkeit zu meinem Jammerleben. Das, Varnhagen, bist
du mir -- die du verehrst, und von der du alle Wunden und
Gemüthsschwächen kennst -- schuldig. -- Pustere dich auch ge-
gen die ** nicht auf; im Fall sie dir heute schreibt, wie ich
vermuthen muß; sie fahre auch noch so hochtrabend und lady-
artig einher. Sei sanft, mein theurer Freund -- nun hast du
ja eine Schlacht mitgemacht --, auch gegen die Leute, die
geklatscht haben mögen. Mir zur Liebe und zur Ehre sei sanft
und galant im Schreiben nach Hamburg und Berlin. --

Es ist ganz nach meinem Sinn, daß du Militair und
mit dem Obristen bleibst: um Gottes willen verlasse den und
die Karriere nicht; der Diplomat findet sich da ein! Wie du
sagst und siehst. Behandle ihn ja immer ferner gut: und laß
Laune, kleine Bosheit und Probirsucht ja nicht spielen. Sei
selbst geschmeidig! man muß es ja mit dem Geliebten auch
stets sein. Es ist nicht niedrig, da dir der Obrist gefällt und
du ihn liebst. Wir kommen wohl wieder zusammen. Ich denke
es gewiß: es muß so kommen; es ist keine empfindsame Hoff-
nung, versetzt mit Zweifel. Drum kann ich's auch so still ab-
warten. Fouque wird dir meinen Brief schicken. Ich glaube
es gewiß! ich kann nicht schreiben. Gerne schickt' ich dir Goethe
und die Numancia! Wüßt' ich dich nur noch in Wien; Ge-
legenheit habe ich. -- Lebe wohl! Sei meiner versichert. Und
bedaure mich im kalten Klima! Vielleicht sind wir noch auf
der Erde der Sonne nah glücklich beieinander. Ich bestärke
mich in allen meinen Denkungsarten täglich.

Rahel.

die Leute ſagen, ſie werden gedruckt. Füge keine Art von Be-
ſorglichkeit zu meinem Jammerleben. Das, Varnhagen, biſt
du mir — die du verehrſt, und von der du alle Wunden und
Gemüthsſchwächen kennſt — ſchuldig. — Puſtere dich auch ge-
gen die ** nicht auf; im Fall ſie dir heute ſchreibt, wie ich
vermuthen muß; ſie fahre auch noch ſo hochtrabend und lady-
artig einher. Sei ſanft, mein theurer Freund — nun haſt du
ja eine Schlacht mitgemacht —, auch gegen die Leute, die
geklatſcht haben mögen. Mir zur Liebe und zur Ehre ſei ſanft
und galant im Schreiben nach Hamburg und Berlin. —

Es iſt ganz nach meinem Sinn, daß du Militair und
mit dem Obriſten bleibſt: um Gottes willen verlaſſe den und
die Karriere nicht; der Diplomat findet ſich da ein! Wie du
ſagſt und ſiehſt. Behandle ihn ja immer ferner gut: und laß
Laune, kleine Bosheit und Probirſucht ja nicht ſpielen. Sei
ſelbſt geſchmeidig! man muß es ja mit dem Geliebten auch
ſtets ſein. Es iſt nicht niedrig, da dir der Obriſt gefällt und
du ihn liebſt. Wir kommen wohl wieder zuſammen. Ich denke
es gewiß: es muß ſo kommen; es iſt keine empfindſame Hoff-
nung, verſetzt mit Zweifel. Drum kann ich’s auch ſo ſtill ab-
warten. Fouqué wird dir meinen Brief ſchicken. Ich glaube
es gewiß! ich kann nicht ſchreiben. Gerne ſchickt’ ich dir Goethe
und die Numancia! Wüßt’ ich dich nur noch in Wien; Ge-
legenheit habe ich. — Lebe wohl! Sei meiner verſichert. Und
bedaure mich im kalten Klima! Vielleicht ſind wir noch auf
der Erde der Sonne nah glücklich beieinander. Ich beſtärke
mich in allen meinen Denkungsarten täglich.

Rahel.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0469" n="455"/>
die Leute &#x017F;agen, &#x017F;ie werden gedruckt. Füge keine <hi rendition="#g">Art</hi> von Be-<lb/>
&#x017F;orglichkeit zu meinem Jammerleben. Das, Varnhagen, bi&#x017F;t<lb/>
du mir &#x2014; die du verehr&#x017F;t, und von der du alle Wunden und<lb/>
Gemüths&#x017F;chwächen kenn&#x017F;t &#x2014; &#x017F;chuldig. &#x2014; Pu&#x017F;tere dich auch ge-<lb/>
gen die ** nicht auf; im Fall &#x017F;ie dir heute &#x017F;chreibt, wie ich<lb/>
vermuthen muß; &#x017F;ie fahre auch noch &#x017F;o hochtrabend und lady-<lb/>
artig einher. Sei &#x017F;anft, mein theurer Freund &#x2014; nun ha&#x017F;t du<lb/>
ja eine Schlacht mitgemacht &#x2014;, auch gegen die Leute, die<lb/>
geklat&#x017F;cht haben mögen. Mir zur Liebe und zur Ehre &#x017F;ei &#x017F;anft<lb/>
und galant im Schreiben nach Hamburg und Berlin. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t ganz nach meinem Sinn, daß du Militair und<lb/>
mit dem Obri&#x017F;ten bleib&#x017F;t: um Gottes willen verla&#x017F;&#x017F;e den und<lb/>
die Karriere nicht; der Diplomat findet &#x017F;ich da ein! Wie du<lb/>
&#x017F;ag&#x017F;t und &#x017F;ieh&#x017F;t. Behandle ihn ja immer ferner gut: und laß<lb/>
Laune, kleine Bosheit und Probir&#x017F;ucht ja nicht &#x017F;pielen. Sei<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;chmeidig! man muß es ja mit dem Geliebten auch<lb/>
&#x017F;tets &#x017F;ein. Es i&#x017F;t nicht niedrig, da dir der Obri&#x017F;t gefällt und<lb/>
du ihn lieb&#x017F;t. Wir kommen wohl wieder zu&#x017F;ammen. Ich denke<lb/>
es gewiß: es muß &#x017F;o kommen; es i&#x017F;t keine empfind&#x017F;ame Hoff-<lb/>
nung, ver&#x017F;etzt mit Zweifel. Drum kann ich&#x2019;s auch &#x017F;o &#x017F;till ab-<lb/>
warten. Fouqu<hi rendition="#aq">é</hi> wird dir meinen Brief &#x017F;chicken. Ich glaube<lb/>
es gewiß! ich kann nicht &#x017F;chreiben. Gerne &#x017F;chickt&#x2019; ich dir Goethe<lb/>
und die Numancia! Wüßt&#x2019; ich dich nur noch in Wien; Ge-<lb/>
legenheit habe ich. &#x2014; Lebe wohl! Sei meiner ver&#x017F;ichert. Und<lb/>
bedaure mich im kalten Klima! Vielleicht &#x017F;ind wir noch auf<lb/>
der Erde der Sonne nah glücklich beieinander. Ich be&#x017F;tärke<lb/>
mich in allen meinen Denkungsarten täglich.</p><lb/>
            <closer>
              <salute> <hi rendition="#et">Rahel.</hi> </salute>
            </closer><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[455/0469] die Leute ſagen, ſie werden gedruckt. Füge keine Art von Be- ſorglichkeit zu meinem Jammerleben. Das, Varnhagen, biſt du mir — die du verehrſt, und von der du alle Wunden und Gemüthsſchwächen kennſt — ſchuldig. — Puſtere dich auch ge- gen die ** nicht auf; im Fall ſie dir heute ſchreibt, wie ich vermuthen muß; ſie fahre auch noch ſo hochtrabend und lady- artig einher. Sei ſanft, mein theurer Freund — nun haſt du ja eine Schlacht mitgemacht —, auch gegen die Leute, die geklatſcht haben mögen. Mir zur Liebe und zur Ehre ſei ſanft und galant im Schreiben nach Hamburg und Berlin. — Es iſt ganz nach meinem Sinn, daß du Militair und mit dem Obriſten bleibſt: um Gottes willen verlaſſe den und die Karriere nicht; der Diplomat findet ſich da ein! Wie du ſagſt und ſiehſt. Behandle ihn ja immer ferner gut: und laß Laune, kleine Bosheit und Probirſucht ja nicht ſpielen. Sei ſelbſt geſchmeidig! man muß es ja mit dem Geliebten auch ſtets ſein. Es iſt nicht niedrig, da dir der Obriſt gefällt und du ihn liebſt. Wir kommen wohl wieder zuſammen. Ich denke es gewiß: es muß ſo kommen; es iſt keine empfindſame Hoff- nung, verſetzt mit Zweifel. Drum kann ich’s auch ſo ſtill ab- warten. Fouqué wird dir meinen Brief ſchicken. Ich glaube es gewiß! ich kann nicht ſchreiben. Gerne ſchickt’ ich dir Goethe und die Numancia! Wüßt’ ich dich nur noch in Wien; Ge- legenheit habe ich. — Lebe wohl! Sei meiner verſichert. Und bedaure mich im kalten Klima! Vielleicht ſind wir noch auf der Erde der Sonne nah glücklich beieinander. Ich beſtärke mich in allen meinen Denkungsarten täglich. Rahel.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/469
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/469>, abgerufen am 23.12.2024.