flammte nur von diesen Eigenschaften getrieben, genährt, ent- zündet, zur verzehrend-verheerenden Gluth auf! Zu Asche ist mein Herz: wie ich Campan schrieb: ich überlegt' es noch gestern; es liebt nicht mehr für seine Rechnung; seine Seele lebt nur noch, und der Geist; es ist wirklich todt. Und in Einem hat der stumpfsinnige Freund Recht; daß er sich wundert, daß ich weiter lebe. Sehen Sie, wie traurig ich bin. Ich weine auch: und sage das Meiste nicht, niemals. Und doch sehe ich dies so ganz anders an: und kann es wie ein Glück be- trachten. Ich bin so unendlich frei in meinem Innren. Wie nicht verpflichtet der Erde. O! ich kann es gar in Worten nicht sagen. Mir ist noch immer zu Muthe wie damals, als ich vierzehn Jahr alt war. Für Andere, für die große Leute war alles: und so ist es noch, vergesse ich meine gräß- lichen Schmerzen, die grimme Schmach; -- und ich habe ei- gentlich kein Talent, mich mit ihnen abzugeben, zu wieder- käuen wie es war, weil, von Natur aus, ich zum Unglück nicht gemacht bin; die war üppig stolz, übermüthig vor Freude, als die Erde mich empfing; aber weiter ging es schlecht; daher der starke Bruch; und ich bin schlecht und gut; d. h. viel und nichts nutz. Aber gar nicht recht zum Unglück, obgleich ich's empfinde, und genoß, wie Wenige! den größten Dichter setz' ich da nicht über mich; es traf in's frische, in's bewußte Leben. Mit großer Gefälligkeit sprech' ich von mir: aber Sie wissen zu viel von mir, als daß Sie nicht alles, was ich er- grüblen kann, auch wissen sollten. Und es ist doch nichts in- teressanter, als ein Mensch, dem Menschen. Sie glauben nicht, wie ironisch ich mich über mich selbst erheben kann, bis
flammte nur von dieſen Eigenſchaften getrieben, genährt, ent- zündet, zur verzehrend-verheerenden Gluth auf! Zu Aſche iſt mein Herz: wie ich Campan ſchrieb: ich überlegt’ es noch geſtern; es liebt nicht mehr für ſeine Rechnung; ſeine Seele lebt nur noch, und der Geiſt; es iſt wirklich todt. Und in Einem hat der ſtumpfſinnige Freund Recht; daß er ſich wundert, daß ich weiter lebe. Sehen Sie, wie traurig ich bin. Ich weine auch: und ſage das Meiſte nicht, niemals. Und doch ſehe ich dies ſo ganz anders an: und kann es wie ein Glück be- trachten. Ich bin ſo unendlich frei in meinem Innren. Wie nicht verpflichtet der Erde. O! ich kann es gar in Worten nicht ſagen. Mir iſt noch immer zu Muthe wie damals, als ich vierzehn Jahr alt war. Für Andere, für die große Leute war alles: und ſo iſt es noch, vergeſſe ich meine gräß- lichen Schmerzen, die grimme Schmach; — und ich habe ei- gentlich kein Talent, mich mit ihnen abzugeben, zu wieder- käuen wie es war, weil, von Natur aus, ich zum Unglück nicht gemacht bin; die war üppig ſtolz, übermüthig vor Freude, als die Erde mich empfing; aber weiter ging es ſchlecht; daher der ſtarke Bruch; und ich bin ſchlecht und gut; d. h. viel und nichts nutz. Aber gar nicht recht zum Unglück, obgleich ich’s empfinde, und genoß, wie Wenige! den größten Dichter ſetz’ ich da nicht über mich; es traf in’s friſche, in’s bewußte Leben. Mit großer Gefälligkeit ſprech’ ich von mir: aber Sie wiſſen zu viel von mir, als daß Sie nicht alles, was ich er- grüblen kann, auch wiſſen ſollten. Und es iſt doch nichts in- tereſſanter, als ein Menſch, dem Menſchen. Sie glauben nicht, wie ironiſch ich mich über mich ſelbſt erheben kann, bis
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flammte nur von dieſen Eigenſchaften getrieben, genährt, ent-
zündet, zur verzehrend-verheerenden Gluth auf! Zu Aſche
iſt mein Herz: wie ich Campan ſchrieb: ich überlegt’ es noch
geſtern; es liebt nicht mehr für ſeine Rechnung; ſeine Seele
lebt nur noch, und der Geiſt; es iſt wirklich todt. Und in Einem
hat der ſtumpfſinnige Freund Recht; daß er ſich wundert, daß ich
weiter lebe. Sehen Sie, wie traurig ich bin. Ich weine
auch: und ſage das Meiſte nicht, niemals. Und doch ſehe
ich dies ſo ganz anders an: und kann es wie ein Glück be-
trachten. Ich bin ſo unendlich frei in meinem Innren. Wie
nicht verpflichtet der Erde. O! ich kann es gar in Worten
nicht ſagen. Mir iſt noch immer zu Muthe wie damals,
als ich vierzehn Jahr alt war. Für Andere, für die große
Leute war alles: und ſo iſt es noch, vergeſſe ich meine gräß-
lichen Schmerzen, die grimme Schmach; — und ich habe ei-
gentlich kein Talent, mich mit ihnen abzugeben, zu wieder-
käuen wie es war, weil, von Natur aus, ich zum Unglück
nicht gemacht bin; die war üppig ſtolz, übermüthig vor Freude,
als die Erde mich empfing; aber weiter ging es ſchlecht;
daher der ſtarke Bruch; und ich bin ſchlecht und gut; d. h. viel
und nichts nutz. Aber gar nicht recht zum Unglück, obgleich
ich’s empfinde, und genoß, wie Wenige! den größten Dichter
ſetz’ ich da nicht über mich; es traf in’s friſche, in’s bewußte
Leben. Mit großer Gefälligkeit ſprech’ ich von mir: aber Sie
wiſſen zu viel von mir, als daß Sie nicht alles, was ich er-
grüblen kann, auch wiſſen ſollten. Und es iſt doch nichts in-
tereſſanter, als ein Menſch, dem Menſchen. Sie glauben
nicht, wie ironiſch ich mich über mich ſelbſt erheben kann, bis
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/563>, abgerufen am 23.12.2024.
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