Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

aber alles nichts. Wie mir Louis entgegenkommt, ist das
Erste, was ich höre, daß die Gad nach Kalisch ist, und in drei
Wochen wiederkommt! Das ist schlecht, und davon schweig'
ich. Wetter hat Er mir gut gemacht, lauter temps couvert
und Regen; aber bloß um mich beim Leben zu erhalten, denn
sonst wär' ich ganz gewiß in einer Ohnmacht wenn auch
nicht gestorben, doch so geworden, daß ich schlechterdings auf
die Art nicht weiter gefahren wäre. Nun bliebe mir Theater;
das ist nicht hier, sondern in Grüneberg und kommt Septem-
ber wieder.

Nun soll das Gute kommen! Die Tante will mit uns
nach dem Gebirge und Grüneberg reisen. --

In einem öffentlichen Garten zur Stadt Paris sprach ich
den Geheimrath Levaux, der von Wien kam, und Wunder
von Frau von Arnstein erzählte, von ihrem Haus, Prinzen,
Minister, Grafen, Gesandten, Garten, spät essen, und alles
was wir schon von Wien wissen. Die Sebottendorf scheint
nichts von ihres Mannes Wunde zu wissen, sie soll liebens-
würdig wie immer sein. -- Die Herren gingen in den Billard-
saal, ich blieb mit den Frauen zurück, die unausstehlichsten,
die ich kenne, ich war bei diesen Thieren angeschmiedet, denn
es regnete; sie haben mich auch den Nachmittag bald um
meinen Verstand ennuyirt, ich vergess' es nicht! --

Die Stadt kann man ordentlich sehr schön nennen, so
viel hübsche Straßen, und so sehr hübsche Gebäude und Häu-
ser findet man häufig in den andren, ganz in unsrem Ge-
schmack; auch groß find' ich die Stadt, und man hat ihr im-
mer Unrecht gethan. -- Heut' fahren wir nach einem der ge-

aber alles nichts. Wie mir Louis entgegenkommt, iſt das
Erſte, was ich höre, daß die Gad nach Kaliſch iſt, und in drei
Wochen wiederkommt! Das iſt ſchlecht, und davon ſchweig’
ich. Wetter hat Er mir gut gemacht, lauter temps couvert
und Regen; aber bloß um mich beim Leben zu erhalten, denn
ſonſt wär’ ich ganz gewiß in einer Ohnmacht wenn auch
nicht geſtorben, doch ſo geworden, daß ich ſchlechterdings auf
die Art nicht weiter gefahren wäre. Nun bliebe mir Theater;
das iſt nicht hier, ſondern in Grüneberg und kommt Septem-
ber wieder.

Nun ſoll das Gute kommen! Die Tante will mit uns
nach dem Gebirge und Grüneberg reiſen. —

In einem öffentlichen Garten zur Stadt Paris ſprach ich
den Geheimrath Levaux, der von Wien kam, und Wunder
von Frau von Arnſtein erzählte, von ihrem Haus, Prinzen,
Miniſter, Grafen, Geſandten, Garten, ſpät eſſen, und alles
was wir ſchon von Wien wiſſen. Die Sebottendorf ſcheint
nichts von ihres Mannes Wunde zu wiſſen, ſie ſoll liebens-
würdig wie immer ſein. — Die Herren gingen in den Billard-
ſaal, ich blieb mit den Frauen zurück, die unausſtehlichſten,
die ich kenne, ich war bei dieſen Thieren angeſchmiedet, denn
es regnete; ſie haben mich auch den Nachmittag bald um
meinen Verſtand ennuyirt, ich vergeſſ’ es nicht! —

Die Stadt kann man ordentlich ſehr ſchön nennen, ſo
viel hübſche Straßen, und ſo ſehr hübſche Gebäude und Häu-
ſer findet man häufig in den andren, ganz in unſrem Ge-
ſchmack; auch groß find’ ich die Stadt, und man hat ihr im-
mer Unrecht gethan. — Heut’ fahren wir nach einem der ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0098" n="84"/>
aber alles nichts. Wie mir Louis entgegenkommt, i&#x017F;t das<lb/>
Er&#x017F;te, was ich höre, daß die Gad nach Kali&#x017F;ch i&#x017F;t, und in drei<lb/>
Wochen wiederkommt! Das i&#x017F;t <hi rendition="#g">&#x017F;chlecht</hi>, und davon &#x017F;chweig&#x2019;<lb/>
ich. Wetter hat <hi rendition="#g">Er</hi> mir gut gemacht, lauter <hi rendition="#aq">temps couvert</hi><lb/>
und Regen; aber bloß um mich beim Leben zu erhalten, denn<lb/><hi rendition="#g">&#x017F;on&#x017F;t</hi> wär&#x2019; ich <hi rendition="#g">ganz gewiß</hi> in einer Ohnmacht wenn auch<lb/>
nicht ge&#x017F;torben, doch &#x017F;o geworden, daß ich &#x017F;chlechterdings auf<lb/>
die Art nicht weiter gefahren wäre. Nun bliebe mir Theater;<lb/>
das i&#x017F;t nicht hier, &#x017F;ondern in Grüneberg und kommt Septem-<lb/>
ber wieder.</p><lb/>
          <p>Nun &#x017F;oll das Gute kommen! Die Tante will mit uns<lb/>
nach dem Gebirge und Grüneberg rei&#x017F;en. &#x2014;</p><lb/>
          <p>In einem öffentlichen Garten zur Stadt Paris &#x017F;prach ich<lb/>
den Geheimrath Levaux, der von Wien kam, und <hi rendition="#g">Wunder</hi><lb/>
von Frau von Arn&#x017F;tein erzählte, von ihrem Haus, Prinzen,<lb/>
Mini&#x017F;ter, Grafen, Ge&#x017F;andten, Garten, &#x017F;pät e&#x017F;&#x017F;en, und alles<lb/>
was <hi rendition="#g">wir</hi> &#x017F;chon von Wien wi&#x017F;&#x017F;en. Die Sebottendorf &#x017F;cheint<lb/>
nichts von ihres Mannes Wunde zu wi&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ie &#x017F;oll liebens-<lb/>
würdig wie immer &#x017F;ein. &#x2014; Die Herren gingen in den Billard-<lb/>
&#x017F;aal, ich blieb mit den Frauen zurück, die unaus&#x017F;tehlich&#x017F;ten,<lb/>
die ich kenne, ich war bei die&#x017F;en Thieren ange&#x017F;chmiedet, denn<lb/>
es regnete; &#x017F;ie haben mich auch den Nachmittag bald um<lb/>
meinen Ver&#x017F;tand ennuyirt, ich verge&#x017F;&#x017F;&#x2019; es nicht! &#x2014;</p><lb/>
          <p>Die Stadt kann man ordentlich &#x017F;ehr &#x017F;chön nennen, &#x017F;o<lb/>
viel hüb&#x017F;che Straßen, und &#x017F;o &#x017F;ehr hüb&#x017F;che Gebäude und Häu-<lb/>
&#x017F;er findet man häufig in den andren, ganz in un&#x017F;rem Ge-<lb/>
&#x017F;chmack; auch groß find&#x2019; ich die Stadt, und man hat ihr im-<lb/>
mer Unrecht gethan. &#x2014; Heut&#x2019; fahren wir nach einem der ge-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0098] aber alles nichts. Wie mir Louis entgegenkommt, iſt das Erſte, was ich höre, daß die Gad nach Kaliſch iſt, und in drei Wochen wiederkommt! Das iſt ſchlecht, und davon ſchweig’ ich. Wetter hat Er mir gut gemacht, lauter temps couvert und Regen; aber bloß um mich beim Leben zu erhalten, denn ſonſt wär’ ich ganz gewiß in einer Ohnmacht wenn auch nicht geſtorben, doch ſo geworden, daß ich ſchlechterdings auf die Art nicht weiter gefahren wäre. Nun bliebe mir Theater; das iſt nicht hier, ſondern in Grüneberg und kommt Septem- ber wieder. Nun ſoll das Gute kommen! Die Tante will mit uns nach dem Gebirge und Grüneberg reiſen. — In einem öffentlichen Garten zur Stadt Paris ſprach ich den Geheimrath Levaux, der von Wien kam, und Wunder von Frau von Arnſtein erzählte, von ihrem Haus, Prinzen, Miniſter, Grafen, Geſandten, Garten, ſpät eſſen, und alles was wir ſchon von Wien wiſſen. Die Sebottendorf ſcheint nichts von ihres Mannes Wunde zu wiſſen, ſie ſoll liebens- würdig wie immer ſein. — Die Herren gingen in den Billard- ſaal, ich blieb mit den Frauen zurück, die unausſtehlichſten, die ich kenne, ich war bei dieſen Thieren angeſchmiedet, denn es regnete; ſie haben mich auch den Nachmittag bald um meinen Verſtand ennuyirt, ich vergeſſ’ es nicht! — Die Stadt kann man ordentlich ſehr ſchön nennen, ſo viel hübſche Straßen, und ſo ſehr hübſche Gebäude und Häu- ſer findet man häufig in den andren, ganz in unſrem Ge- ſchmack; auch groß find’ ich die Stadt, und man hat ihr im- mer Unrecht gethan. — Heut’ fahren wir nach einem der ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/98
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/98>, abgerufen am 22.12.2024.