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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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und Soldaten des Tages selbst; bespreche, belaufe alles: und
mache mit der mir vertrauten Summe das Mögliche! Da-
her traue ich es auch niemanden als mir selbst an, und zu;
und verschmähe, es öffentlichen Behörden einzuliefern, und
öffentlichen Dank, den ich für Bequemlichkeit und nicht pflicht-
gebotene göttliche Menschendienste bekäme. Zeit aber, Lieber,
behalte ich gar nicht. Die Korrespondenz, die Rechnungfüh-
rung, die Addressen, Quittungen, Gänge, Besprechungen: kurz
mein Beginnen verzweigt sich zu einem großen Geschäft. Und
ich melde dir's, weil's dich freut. Meine Landsleute suchen
Rath, Hülfe, Trost: ja und Gott erlaubt mir, klein, und
Nichts, und gering geboren, und verarmt, wie ich bin, es
ihnen zu geben. An Konnexionen fehlt es mir nicht. -- Diese
breite äußere und tiefe innere Beschäftigung hält mich hin.
Ich schäme mich, daß mir Gott das Glück zuschickt, helfen zu
können! und wenn ich mich schäme, daß ihr euch alle schlagt,
so tröste ich mich wieder, über meine Bequemlichkeit indeß,
damit, daß ich auch thue im Helfen und Heilen. Ich tröste
mit Worten, Jäger und Soldaten, so gut und eindringend,
und einfach, daß sehr Leidende schon oft plötzliche Freude lächel-
ten von meinem bloßen Worte, und es fuhr, wie Sonnenblick
über düsteres Gewölk, über ihr Gesicht. Mich besuchen die
Konvaleszenten. Und göttlich beträgt sich unser Volk: unser
junges auch; welches ich vor dem Ausmarsch tapfer glaubte:
nun sind sie's mit Wunden
: und wollen und gehen zum
Heere zurück: und wie einfach, wie bewußtlos, und bescheiden!
Ich weine! Nicht Einen Rodomont fand ich. Du kennst
meine Kritik! mein Mißtrauen auf uns. Seit sechs Tagen

und Soldaten des Tages ſelbſt; beſpreche, belaufe alles: und
mache mit der mir vertrauten Summe das Mögliche! Da-
her traue ich es auch niemanden als mir ſelbſt an, und zu;
und verſchmähe, es öffentlichen Behörden einzuliefern, und
öffentlichen Dank, den ich für Bequemlichkeit und nicht pflicht-
gebotene göttliche Menſchendienſte bekäme. Zeit aber, Lieber,
behalte ich gar nicht. Die Korreſpondenz, die Rechnungfüh-
rung, die Addreſſen, Quittungen, Gänge, Beſprechungen: kurz
mein Beginnen verzweigt ſich zu einem großen Geſchäft. Und
ich melde dir’s, weil’s dich freut. Meine Landsleute ſuchen
Rath, Hülfe, Troſt: ja und Gott erlaubt mir, klein, und
Nichts, und gering geboren, und verarmt, wie ich bin, es
ihnen zu geben. An Konnexionen fehlt es mir nicht. — Dieſe
breite äußere und tiefe innere Beſchäftigung hält mich hin.
Ich ſchäme mich, daß mir Gott das Glück zuſchickt, helfen zu
können! und wenn ich mich ſchäme, daß ihr euch alle ſchlagt,
ſo tröſte ich mich wieder, über meine Bequemlichkeit indeß,
damit, daß ich auch thue im Helfen und Heilen. Ich tröſte
mit Worten, Jäger und Soldaten, ſo gut und eindringend,
und einfach, daß ſehr Leidende ſchon oft plötzliche Freude lächel-
ten von meinem bloßen Worte, und es fuhr, wie Sonnenblick
über düſteres Gewölk, über ihr Geſicht. Mich beſuchen die
Konvaleszenten. Und göttlich beträgt ſich unſer Volk: unſer
junges auch; welches ich vor dem Ausmarſch tapfer glaubte:
nun ſind ſie’s mit Wunden
: und wollen und gehen zum
Heere zurück: und wie einfach, wie bewußtlos, und beſcheiden!
Ich weine! Nicht Einen Rodomont fand ich. Du kennſt
meine Kritik! mein Mißtrauen auf uns. Seit ſechs Tagen

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[132/0140] und Soldaten des Tages ſelbſt; beſpreche, belaufe alles: und mache mit der mir vertrauten Summe das Mögliche! Da- her traue ich es auch niemanden als mir ſelbſt an, und zu; und verſchmähe, es öffentlichen Behörden einzuliefern, und öffentlichen Dank, den ich für Bequemlichkeit und nicht pflicht- gebotene göttliche Menſchendienſte bekäme. Zeit aber, Lieber, behalte ich gar nicht. Die Korreſpondenz, die Rechnungfüh- rung, die Addreſſen, Quittungen, Gänge, Beſprechungen: kurz mein Beginnen verzweigt ſich zu einem großen Geſchäft. Und ich melde dir’s, weil’s dich freut. Meine Landsleute ſuchen Rath, Hülfe, Troſt: ja und Gott erlaubt mir, klein, und Nichts, und gering geboren, und verarmt, wie ich bin, es ihnen zu geben. An Konnexionen fehlt es mir nicht. — Dieſe breite äußere und tiefe innere Beſchäftigung hält mich hin. Ich ſchäme mich, daß mir Gott das Glück zuſchickt, helfen zu können! und wenn ich mich ſchäme, daß ihr euch alle ſchlagt, ſo tröſte ich mich wieder, über meine Bequemlichkeit indeß, damit, daß ich auch thue im Helfen und Heilen. Ich tröſte mit Worten, Jäger und Soldaten, ſo gut und eindringend, und einfach, daß ſehr Leidende ſchon oft plötzliche Freude lächel- ten von meinem bloßen Worte, und es fuhr, wie Sonnenblick über düſteres Gewölk, über ihr Geſicht. Mich beſuchen die Konvaleszenten. Und göttlich beträgt ſich unſer Volk: unſer junges auch; welches ich vor dem Ausmarſch tapfer glaubte: nun ſind ſie’s mit Wunden: und wollen und gehen zum Heere zurück: und wie einfach, wie bewußtlos, und beſcheiden! Ich weine! Nicht Einen Rodomont fand ich. Du kennſt meine Kritik! mein Mißtrauen auf uns. Seit ſechs Tagen

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/140>, abgerufen am 28.11.2024.