Glück! und es muß uns gut gehen. Glück liebt aber Lotter- buben: und sucht sie sich fleckweise aus, wenn es keine ganze findet: wo Einer einen faulen Fleck hat, steht das Glück ihm bei: und du siehst's, ich beleidige es immer: jetzt wieder. -- So richtig gesehen schriebst du mir auch einmal über Pfuel; ich vergesse es nicht. -- So hat mich auch dein Sein nach der Affaire gefreut! Ich kann es sehr fassen, wie du dachtest, die Andern bluteten für dich mit! Bedenke, daß du auch schon für sie blutetest. Gott stärke und segne deinen General Tet- tenborn! für sein liebes mildes Betragen gegen Feinde und Verwundete! Sag' ihm, ich grüße ihn jetzt mit Thränen in den Augen, und hätte schon in Berlin gewußt, daß er sich nur bisweilen rauh stellt. So wollte er auch schon seinen französischen gefangenen Wundarzt von Hamburg nach Hause lassen u. m. dgl. Ich kenne ihn schon; an einem Wort, einem Ton, einem Blick. Seelen entgehen mir nicht. Im Guten wie im Schlechten. --
Dabei hat Gentz das größte, ungemessenste Bedürfniß mir alles zu sagen was er weiß; und besonders was ihn betrifft. Wie dumm, wie stumpf aus Dummheit, und wie dumm aus Stumpfheit, gar kein Interesse an mir zu nehmen! Nein, Herz, das geht dir nicht durch! Sein Herz mein' ich.
Was soll ich aber zu deinem lieben Brief an mich sa- gen!? Lieber! dies, daß meine ganze Seele ihn erkennt, jedes Wort, jede Äußerung von dir. Dir nur traut. Dich allein nur ächt gegen mich gefunden hat, und findet: und dir nur traut; traut alles zu sagen: in deiner Gegenwart alles zu sein. Wo uns auch Gaben, Natur trennt; verbindet uns
Glück! und es muß uns gut gehen. Glück liebt aber Lotter- buben: und ſucht ſie ſich fleckweiſe aus, wenn es keine ganze findet: wo Einer einen faulen Fleck hat, ſteht das Glück ihm bei: und du ſiehſt’s, ich beleidige es immer: jetzt wieder. — So richtig geſehen ſchriebſt du mir auch einmal über Pfuel; ich vergeſſe es nicht. — So hat mich auch dein Sein nach der Affaire gefreut! Ich kann es ſehr faſſen, wie du dachteſt, die Andern bluteten für dich mit! Bedenke, daß du auch ſchon für ſie bluteteſt. Gott ſtärke und ſegne deinen General Tet- tenborn! für ſein liebes mildes Betragen gegen Feinde und Verwundete! Sag’ ihm, ich grüße ihn jetzt mit Thränen in den Augen, und hätte ſchon in Berlin gewußt, daß er ſich nur bisweilen rauh ſtellt. So wollte er auch ſchon ſeinen franzöſiſchen gefangenen Wundarzt von Hamburg nach Hauſe laſſen u. m. dgl. Ich kenne ihn ſchon; an einem Wort, einem Ton, einem Blick. Seelen entgehen mir nicht. Im Guten wie im Schlechten. —
Dabei hat Gentz das größte, ungemeſſenſte Bedürfniß mir alles zu ſagen was er weiß; und beſonders was ihn betrifft. Wie dumm, wie ſtumpf aus Dummheit, und wie dumm aus Stumpfheit, gar kein Intereſſe an mir zu nehmen! Nein, Herz, das geht dir nicht durch! Sein Herz mein’ ich.
Was ſoll ich aber zu deinem lieben Brief an mich ſa- gen!? Lieber! dies, daß meine ganze Seele ihn erkennt, jedes Wort, jede Äußerung von dir. Dir nur traut. Dich allein nur ächt gegen mich gefunden hat, und findet: und dir nur traut; traut alles zu ſagen: in deiner Gegenwart alles zu ſein. Wo uns auch Gaben, Natur trennt; verbindet uns
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Glück! und es muß uns gut gehen. Glück liebt aber Lotter-
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bei: und du ſiehſt’s, ich beleidige es immer: jetzt wieder. — So
richtig geſehen ſchriebſt du mir auch einmal über Pfuel; ich
vergeſſe es nicht. — So hat mich auch dein Sein nach der
Affaire gefreut! Ich kann es ſehr faſſen, wie du dachteſt, die
Andern bluteten für dich mit! Bedenke, daß du auch ſchon
für ſie bluteteſt. Gott ſtärke und ſegne deinen General Tet-
tenborn! für ſein liebes mildes Betragen gegen Feinde und
Verwundete! Sag’ ihm, ich grüße ihn jetzt mit Thränen in
den Augen, und hätte ſchon in Berlin gewußt, daß er ſich
nur bisweilen rauh ſtellt. So wollte er auch ſchon ſeinen
franzöſiſchen gefangenen Wundarzt von Hamburg nach Hauſe
laſſen u. m. dgl. Ich kenne ihn ſchon; an einem Wort, einem
Ton, einem Blick. Seelen entgehen mir nicht. Im Guten
wie im Schlechten. —
Dabei hat Gentz das größte, ungemeſſenſte Bedürfniß mir
alles zu ſagen was er weiß; und beſonders was ihn betrifft.
Wie dumm, wie ſtumpf aus Dummheit, und wie dumm
aus Stumpfheit, gar kein Intereſſe an mir zu nehmen! Nein,
Herz, das geht dir nicht durch! Sein Herz mein’ ich.
Was ſoll ich aber zu deinem lieben Brief an mich ſa-
gen!? Lieber! dies, daß meine ganze Seele ihn erkennt,
jedes Wort, jede Äußerung von dir. Dir nur traut. Dich
allein nur ächt gegen mich gefunden hat, und findet: und dir
nur traut; traut alles zu ſagen: in deiner Gegenwart alles
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/143>, abgerufen am 27.11.2024.
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