Sänger und Mozart und die gute Musik dort waren, und Luxus und Diplomatie, die mir damals gefielen, und als Gentz mich unaufhörlich lud. Gott behüte mich für Italien! -- Ich freue mich auf gar nichts, als wie ich mich mit dem Kopf an deine Brust lehnen werde und dich ansehen werde, und die Reise werde überstanden haben; und vielleicht geht auch die besser als ich denke; bis Aachen gewiß! -- Ich traue deinen Berichten; das siehst du, denn ich komme: in beiden Kriegen waren deine Nachrichten und Ansichten immer die richtig ein- treffenden. Halte dir nur Remi zur Hand, daß ich ihn finde: ein deutscher Klumpen hilft mir dort wenig. Du siehst, ich schreibe mir das Herz leichter. Kannst du mich auch leiden? Spare dir nur nicht alles ab! Ich danke dir für deine Sorg- falt. Das Meiste wird der Wagen kosten; ich kenne Faubourg St. Germain, am Ende der Erde, von allem weit. Wird man denn lange da sitzen? Und mitten im Winter reisen? In den kurzen Tagen, Schnee, Glatteis, Kälte? Alles nun wie Gott will! --
Sonnabend früh, den 2. September 10 Morgens.
Nicht wahr, lieber August? es ist unangenehm, einen Brief so lange vor sich zu haben, ehe er abgeht. Aber ein früheres Abschicken hätte nicht viel genützt, vielleicht hättest du da- durch den Brief um einen Tag früher erhalten, aber nicht so Spätgeschriebenes. Darum geb' ich ihn auch morgen nicht der Mad. N. mit, die hier durchreist, und zu der ich gestern gleich ging, um zu hören, ob es ginge, mit ihr zusammen zu reisen. Sie geht aber des Nachts, läßt hier den Wagen flik-
Sänger und Mozart und die gute Muſik dort waren, und Luxus und Diplomatie, die mir damals gefielen, und als Gentz mich unaufhörlich lud. Gott behüte mich für Italien! — Ich freue mich auf gar nichts, als wie ich mich mit dem Kopf an deine Bruſt lehnen werde und dich anſehen werde, und die Reiſe werde überſtanden haben; und vielleicht geht auch die beſſer als ich denke; bis Aachen gewiß! — Ich traue deinen Berichten; das ſiehſt du, denn ich komme: in beiden Kriegen waren deine Nachrichten und Anſichten immer die richtig ein- treffenden. Halte dir nur Remi zur Hand, daß ich ihn finde: ein deutſcher Klumpen hilft mir dort wenig. Du ſiehſt, ich ſchreibe mir das Herz leichter. Kannſt du mich auch leiden? Spare dir nur nicht alles ab! Ich danke dir für deine Sorg- falt. Das Meiſte wird der Wagen koſten; ich kenne Faubourg St. Germain, am Ende der Erde, von allem weit. Wird man denn lange da ſitzen? Und mitten im Winter reiſen? In den kurzen Tagen, Schnee, Glatteis, Kälte? Alles nun wie Gott will! —
Sonnabend früh, den 2. September 10 Morgens.
Nicht wahr, lieber Auguſt? es iſt unangenehm, einen Brief ſo lange vor ſich zu haben, ehe er abgeht. Aber ein früheres Abſchicken hätte nicht viel genützt, vielleicht hätteſt du da- durch den Brief um einen Tag früher erhalten, aber nicht ſo Spätgeſchriebenes. Darum geb’ ich ihn auch morgen nicht der Mad. N. mit, die hier durchreiſt, und zu der ich geſtern gleich ging, um zu hören, ob es ginge, mit ihr zuſammen zu reiſen. Sie geht aber des Nachts, läßt hier den Wagen flik-
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Sänger und Mozart und die gute Muſik dort waren, und
Luxus und Diplomatie, die mir damals gefielen, und als
Gentz mich unaufhörlich lud. Gott behüte mich für Italien! —
Ich freue mich auf gar nichts, als wie ich mich mit dem Kopf
an deine Bruſt lehnen werde und dich anſehen werde, und die
Reiſe werde überſtanden haben; und vielleicht geht auch die
beſſer als ich denke; bis Aachen gewiß! — Ich traue deinen
Berichten; das ſiehſt du, denn ich komme: in beiden Kriegen
waren deine Nachrichten und Anſichten immer die richtig ein-
treffenden. Halte dir nur Remi zur Hand, daß ich ihn finde:
ein deutſcher Klumpen hilft mir dort wenig. Du ſiehſt, ich
ſchreibe mir das Herz leichter. Kannſt du mich auch leiden?
Spare dir nur nicht alles ab! Ich danke dir für deine Sorg-
falt. Das Meiſte wird der Wagen koſten; ich kenne Faubourg
St. Germain, am Ende der Erde, von allem weit. Wird man
denn lange da ſitzen? Und mitten im Winter reiſen? In
den kurzen Tagen, Schnee, Glatteis, Kälte? Alles nun wie
Gott will! —
Sonnabend früh, den 2. September 10 Morgens.
Nicht wahr, lieber Auguſt? es iſt unangenehm, einen Brief
ſo lange vor ſich zu haben, ehe er abgeht. Aber ein früheres
Abſchicken hätte nicht viel genützt, vielleicht hätteſt du da-
durch den Brief um einen Tag früher erhalten, aber nicht ſo
Spätgeſchriebenes. Darum geb’ ich ihn auch morgen nicht
der Mad. N. mit, die hier durchreiſt, und zu der ich geſtern
gleich ging, um zu hören, ob es ginge, mit ihr zuſammen zu
reiſen. Sie geht aber des Nachts, läßt hier den Wagen flik-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/330>, abgerufen am 22.11.2024.
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