Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Lob! Aber schreiben kann ich doch nichts, lieber Dr. Troxler,
was Sie zum Druck gebrauchen könnten. Ich kann nur Briefe
schreiben; und manchmal einen Aphorism; aber absolut über
keinen Gegenstand, den man mir, oder ich mir selbst vorlegen
möchte. Sonst möchte ich Ihnen, was ich nur hätte oder
könnte, mit dem größten Vergnügen wie dies Schreiben hier
schicken. Mehr, Lieber! kann ich Ihnen heute, jetzt nicht schrei-
ben, da Menschen bei uns sind, denen Varnhagen manches
liest, und vorspricht, und die antworten. Künftig mehr;
und besonders über unsern Satz. Ich bin doch ein Rebell!
Aber auch sehr ergeben: nur will ich auch das schlecht zu
fühlende schlecht nennen dürfen: aber doch dulden, weil es
wohl gut sein wird. Viele Grüße an Mad. Troxler: sie soll
sich erholen in der gesunden Schweiz! Schönheit und Ge-
sundheit pflegen. Ich umarme sie; sie soll die Kinder von
mir küssen!

Friedrike.


An Auguste Brede, in Stuttgart.


Ich dachte es gleich, daß Sie nicht wohl sein müßten;
dies, und daß Sie nicht vergnügt sein können, fehlte mir noch
in meiner Verdrießlichkeit! Aber es geht keinem Menschen
gut! Das sehen wir ja daran, daß es uns in allen verän-
derten Lagen nicht besser geht. Man sieht in einer neuen ge-
wünschten nur immer, daß man den alten Druck los wird,
und den bessern neuen Raum; aber was führt der nun wie-

Lob! Aber ſchreiben kann ich doch nichts, lieber Dr. Troxler,
was Sie zum Druck gebrauchen könnten. Ich kann nur Briefe
ſchreiben; und manchmal einen Aphorism; aber abſolut über
keinen Gegenſtand, den man mir, oder ich mir ſelbſt vorlegen
möchte. Sonſt möchte ich Ihnen, was ich nur hätte oder
könnte, mit dem größten Vergnügen wie dies Schreiben hier
ſchicken. Mehr, Lieber! kann ich Ihnen heute, jetzt nicht ſchrei-
ben, da Menſchen bei uns ſind, denen Varnhagen manches
lieſt, und vorſpricht, und die antworten. Künftig mehr;
und beſonders über unſern Satz. Ich bin doch ein Rebell!
Aber auch ſehr ergeben: nur will ich auch das ſchlecht zu
fühlende ſchlecht nennen dürfen: aber doch dulden, weil es
wohl gut ſein wird. Viele Grüße an Mad. Troxler: ſie ſoll
ſich erholen in der geſunden Schweiz! Schönheit und Ge-
ſundheit pflegen. Ich umarme ſie; ſie ſoll die Kinder von
mir küſſen!

Friedrike.


An Auguſte Brede, in Stuttgart.


Ich dachte es gleich, daß Sie nicht wohl ſein müßten;
dies, und daß Sie nicht vergnügt ſein können, fehlte mir noch
in meiner Verdrießlichkeit! Aber es geht keinem Menſchen
gut! Das ſehen wir ja daran, daß es uns in allen verän-
derten Lagen nicht beſſer geht. Man ſieht in einer neuen ge-
wünſchten nur immer, daß man den alten Druck los wird,
und den beſſern neuen Raum; aber was führt der nun wie-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0378" n="370"/>
Lob! Aber &#x017F;chreiben kann ich doch nichts, lieber Dr. Troxler,<lb/>
was Sie zum Druck gebrauchen könnten. Ich kann nur Briefe<lb/>
&#x017F;chreiben; und manchmal einen Aphorism; aber ab&#x017F;olut über<lb/>
keinen Gegen&#x017F;tand, den man mir, oder ich mir &#x017F;elb&#x017F;t vorlegen<lb/>
möchte. Son&#x017F;t möchte ich Ihnen, was ich nur hätte oder<lb/>
könnte, mit dem größten Vergnügen wie dies Schreiben hier<lb/>
&#x017F;chicken. Mehr, Lieber! kann ich Ihnen heute, jetzt nicht &#x017F;chrei-<lb/>
ben, da Men&#x017F;chen bei uns &#x017F;ind, denen Varnhagen manches<lb/>
lie&#x017F;t, und vor&#x017F;pricht, und die antworten. <hi rendition="#g">Künftig</hi> mehr;<lb/>
und be&#x017F;onders über <hi rendition="#g">un&#x017F;ern Satz</hi>. Ich bin doch ein Rebell!<lb/>
Aber auch <hi rendition="#g">&#x017F;ehr</hi> ergeben: nur will ich auch das &#x017F;chlecht zu<lb/>
fühlende &#x017F;chlecht nennen dürfen: aber doch dulden, weil es<lb/>
wohl gut &#x017F;ein wird. Viele Grüße an Mad. Troxler: &#x017F;ie &#x017F;oll<lb/>
&#x017F;ich erholen in der ge&#x017F;unden Schweiz! Schönheit und Ge-<lb/>
&#x017F;undheit pflegen. Ich umarme &#x017F;ie; &#x017F;ie &#x017F;oll die Kinder von<lb/>
mir kü&#x017F;&#x017F;en!</p>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">Friedrike.</hi> </salute>
          </closer>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>An Augu&#x017F;te Brede, in Stuttgart.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Frankfurt a. M. Sonnabend den 13. Januar 1816.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Ich dachte es gleich, daß Sie nicht wohl &#x017F;ein müßten;<lb/>
dies, und daß Sie nicht vergnügt &#x017F;ein können, fehlte <hi rendition="#g">mir</hi> noch<lb/>
in meiner Verdrießlichkeit! Aber es geht keinem Men&#x017F;chen<lb/>
gut! Das &#x017F;ehen wir ja daran, daß es uns in allen verän-<lb/>
derten Lagen nicht be&#x017F;&#x017F;er geht. Man &#x017F;ieht in einer neuen ge-<lb/>
wün&#x017F;chten nur immer, daß man den alten Druck los wird,<lb/>
und den be&#x017F;&#x017F;ern neuen <hi rendition="#g">Raum</hi>; aber was führt der nun wie-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[370/0378] Lob! Aber ſchreiben kann ich doch nichts, lieber Dr. Troxler, was Sie zum Druck gebrauchen könnten. Ich kann nur Briefe ſchreiben; und manchmal einen Aphorism; aber abſolut über keinen Gegenſtand, den man mir, oder ich mir ſelbſt vorlegen möchte. Sonſt möchte ich Ihnen, was ich nur hätte oder könnte, mit dem größten Vergnügen wie dies Schreiben hier ſchicken. Mehr, Lieber! kann ich Ihnen heute, jetzt nicht ſchrei- ben, da Menſchen bei uns ſind, denen Varnhagen manches lieſt, und vorſpricht, und die antworten. Künftig mehr; und beſonders über unſern Satz. Ich bin doch ein Rebell! Aber auch ſehr ergeben: nur will ich auch das ſchlecht zu fühlende ſchlecht nennen dürfen: aber doch dulden, weil es wohl gut ſein wird. Viele Grüße an Mad. Troxler: ſie ſoll ſich erholen in der geſunden Schweiz! Schönheit und Ge- ſundheit pflegen. Ich umarme ſie; ſie ſoll die Kinder von mir küſſen! Friedrike. An Auguſte Brede, in Stuttgart. Frankfurt a. M. Sonnabend den 13. Januar 1816. Ich dachte es gleich, daß Sie nicht wohl ſein müßten; dies, und daß Sie nicht vergnügt ſein können, fehlte mir noch in meiner Verdrießlichkeit! Aber es geht keinem Menſchen gut! Das ſehen wir ja daran, daß es uns in allen verän- derten Lagen nicht beſſer geht. Man ſieht in einer neuen ge- wünſchten nur immer, daß man den alten Druck los wird, und den beſſern neuen Raum; aber was führt der nun wie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/378
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/378>, abgerufen am 25.11.2024.