was uns reizet. Doch bin ich sehr zufrieden! und danke sehr Gott! Ich sehe meist ein, welchen Schatz ich an Varnhagens Liebe und Freundschaft, und an dem Glück seines Umgangs habe, den er mir aus Liebe, und Gott aus Gnade, und die Welt aus Vorurtheil als rechtmäßig zugesteht. Unser Umgang und Verhältniß sänftigt und mäßigt, und bildet sich immer besser aus. Wir können uns alles sagen und bilden uns zu- sammen ferner. Es ist eine Schande und eine Sünde, daß ich dich so lange auf diesen Brief habe warten lassen! aber ich erwartete immer etwas Bestimmtes aus Berlin: und hatte so unendlich viel an August, seine Korrespondenten und an die ganze Berliner Familie, und hier für eine arme Person, die im Gefängniß sitzt, zu schreiben; welches ich eigentlich wegen Nerven nie gut kann; nun hatte ich auch obenein mei- nen Winterhusten, war acht Tage zu Hause, der und dies Einsitzen griffen mich so an, daß ich gar nicht schreiben konnte, und doch viel schreiben mußte. Ein nervöser Fieberzustand hatte mich befallen: jetzt geh' ich längst wieder allerwärts hin -- esse jetzt Schmalzstulle von Gänsen, welches ich mir von einer Jüdin, die mir verkauft, schaffte. "Ohme Marekus!" hat uns den 14. Oktober einen zärtlichen Brief geschrieben; dir und mir, den ich erst jetzt von Karlsruhe erhielt. Lebe wohl! Grüße all die Deinigen, ich umarme dich und Karl. Lies ihm nicht alles. Nichts von Berlin. Deine R. Ich weiß nicht, welchen Tag die Post nach dem Haag geht!
Dore grüßt sehr: wir sprechen alle Tage von dir und daß du den Sommer kommst. Adieu, liebe Rose!
Du kannst den Brief immer lesen lassen. Ich irrte mich
was uns reizet. Doch bin ich ſehr zufrieden! und danke ſehr Gott! Ich ſehe meiſt ein, welchen Schatz ich an Varnhagens Liebe und Freundſchaft, und an dem Glück ſeines Umgangs habe, den er mir aus Liebe, und Gott aus Gnade, und die Welt aus Vorurtheil als rechtmäßig zugeſteht. Unſer Umgang und Verhältniß ſänftigt und mäßigt, und bildet ſich immer beſſer aus. Wir können uns alles ſagen und bilden uns zu- ſammen ferner. Es iſt eine Schande und eine Sünde, daß ich dich ſo lange auf dieſen Brief habe warten laſſen! aber ich erwartete immer etwas Beſtimmtes aus Berlin: und hatte ſo unendlich viel an Auguſt, ſeine Korreſpondenten und an die ganze Berliner Familie, und hier für eine arme Perſon, die im Gefängniß ſitzt, zu ſchreiben; welches ich eigentlich wegen Nerven nie gut kann; nun hatte ich auch obenein mei- nen Winterhuſten, war acht Tage zu Hauſe, der und dies Einſitzen griffen mich ſo an, daß ich gar nicht ſchreiben konnte, und doch viel ſchreiben mußte. Ein nervöſer Fieberzuſtand hatte mich befallen: jetzt geh’ ich längſt wieder allerwärts hin — eſſe jetzt Schmalzſtulle von Gänſen, welches ich mir von einer Jüdin, die mir verkauft, ſchaffte. „Ohme Marékus!“ hat uns den 14. Oktober einen zärtlichen Brief geſchrieben; dir und mir, den ich erſt jetzt von Karlsruhe erhielt. Lebe wohl! Grüße all die Deinigen, ich umarme dich und Karl. Lies ihm nicht alles. Nichts von Berlin. Deine R. Ich weiß nicht, welchen Tag die Poſt nach dem Haag geht!
Dore grüßt ſehr: wir ſprechen alle Tage von dir und daß du den Sommer kommſt. Adieu, liebe Roſe!
Du kannſt den Brief immer leſen laſſen. Ich irrte mich
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was uns reizet. Doch bin ich ſehr zufrieden! und danke ſehr
Gott! Ich ſehe meiſt ein, welchen Schatz ich an Varnhagens
Liebe und Freundſchaft, und an dem Glück ſeines Umgangs
habe, den er mir aus Liebe, und Gott aus Gnade, und die
Welt aus Vorurtheil als rechtmäßig zugeſteht. Unſer Umgang
und Verhältniß ſänftigt und mäßigt, und bildet ſich immer
beſſer aus. Wir können uns alles ſagen und bilden uns zu-
ſammen ferner. Es iſt eine Schande und eine Sünde, daß
ich dich ſo lange auf dieſen Brief habe warten laſſen! aber
ich erwartete immer etwas Beſtimmtes aus Berlin: und hatte
ſo unendlich viel an Auguſt, ſeine Korreſpondenten und an
die ganze Berliner Familie, und hier für eine arme Perſon,
die im Gefängniß ſitzt, zu ſchreiben; welches ich eigentlich
wegen Nerven nie gut kann; nun hatte ich auch obenein mei-
nen Winterhuſten, war acht Tage zu Hauſe, der und dies
Einſitzen griffen mich ſo an, daß ich gar nicht ſchreiben konnte,
und doch viel ſchreiben mußte. Ein nervöſer Fieberzuſtand
hatte mich befallen: jetzt geh’ ich längſt wieder allerwärts hin
— eſſe jetzt Schmalzſtulle von Gänſen, welches ich mir von
einer Jüdin, die mir verkauft, ſchaffte. „Ohme Marékus!“
hat uns den 14. Oktober einen zärtlichen Brief geſchrieben;
dir und mir, den ich erſt jetzt von Karlsruhe erhielt. Lebe
wohl! Grüße all die Deinigen, ich umarme dich und Karl.
Lies ihm nicht alles. Nichts von Berlin. Deine R. Ich weiß
nicht, welchen Tag die Poſt nach dem Haag geht!
Dore grüßt ſehr: wir ſprechen alle Tage von dir und daß
du den Sommer kommſt. Adieu, liebe Roſe!
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/513>, abgerufen am 22.11.2024.
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