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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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nun wohl auch dort halten; jedoch haben sie noch während
dem Ständewesen Statt, und geniren bloß. -- Du schreibst
mir doch noch, ob ich dich zu Sonntag sehe! -- Börne's
Ankündigung ist prächtig! Ach! wie lebendig noch: sie rei-
ben's einem ab! Der Milder will ich gleich nach diesem
Brief antworten. Oelsners Brief ist auch sehr schön. Ach!
wär' ich nur bei dir! Du taugst dir nicht allein! Hätten
wir nur unsere Prinzen mit einander gesehen! Schreiben mag
ich nichts. Die Empfindungen eines Bruders hat er mir
gemacht. Nur Geschwister können einen auf die Art freuen
und ärgern. --

Die Schriften, die du mir geschickt hast, gefielen mir sehr.
-- Wann werden die Altfränkschen gewahr werden, daß sie
kein Mensch mehr für geputzt und schön angezogen hält?
Dieses Wann meine ich ohne alle hergebrachte Ironie:
ich kann mir den Augenblick nicht denken, der es ihnen evi-
dent machen wird, daß dergleichen dumme Worte, wie sie
gebrauchen, keinen Sinn haben, und von niemand für eine
Gegenrede oder Vorschlag gehalten werden: welch Ereigniß
muß sich dazu einstellen, losbrechen, oder auseinanderlegen?
Ich frage dies? Ich glaube, viele vornehme deutsche Beamte
lesen alles dies nicht; und denken: "Dummes, gedrucktes Zeug!
wir werden das schon besprechen!" Sonst müßte ihre Auf-
merksamkeit mit Bürsten wach gerieben werden! Es ist unbe-
greiflich, den Feuerlärm nicht zu hören, wenn man auch keine
Gluth sieht, und fühlt. Es antwortet ihnen ja die ganze
Welt!
in allen Sprachen, auf jede dumme, oder Ausrede!

nun wohl auch dort halten; jedoch haben ſie noch während
dem Ständeweſen Statt, und geniren bloß. — Du ſchreibſt
mir doch noch, ob ich dich zu Sonntag ſehe! — Börne’s
Ankündigung iſt prächtig! Ach! wie lebendig noch: ſie rei-
ben’s einem ab! Der Milder will ich gleich nach dieſem
Brief antworten. Oelsners Brief iſt auch ſehr ſchön. Ach!
wär’ ich nur bei dir! Du taugſt dir nicht allein! Hätten
wir nur unſere Prinzen mit einander geſehen! Schreiben mag
ich nichts. Die Empfindungen eines Bruders hat er mir
gemacht. Nur Geſchwiſter können einen auf die Art freuen
und ärgern. —

Die Schriften, die du mir geſchickt haſt, gefielen mir ſehr.
Wann werden die Altfränkſchen gewahr werden, daß ſie
kein Menſch mehr für geputzt und ſchön angezogen hält?
Dieſes Wann meine ich ohne alle hergebrachte Ironie:
ich kann mir den Augenblick nicht denken, der es ihnen evi-
dent machen wird, daß dergleichen dumme Worte, wie ſie
gebrauchen, keinen Sinn haben, und von niemand für eine
Gegenrede oder Vorſchlag gehalten werden: welch Ereigniß
muß ſich dazu einſtellen, losbrechen, oder auseinanderlegen?
Ich frage dies? Ich glaube, viele vornehme deutſche Beamte
leſen alles dies nicht; und denken: „Dummes, gedrucktes Zeug!
wir werden das ſchon beſprechen!“ Sonſt müßte ihre Auf-
merkſamkeit mit Bürſten wach gerieben werden! Es iſt unbe-
greiflich, den Feuerlärm nicht zu hören, wenn man auch keine
Gluth ſieht, und fühlt. Es antwortet ihnen ja die ganze
Welt!
in allen Sprachen, auf jede dumme, oder Ausrede!

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[582/0590] nun wohl auch dort halten; jedoch haben ſie noch während dem Ständeweſen Statt, und geniren bloß. — Du ſchreibſt mir doch noch, ob ich dich zu Sonntag ſehe! — Börne’s Ankündigung iſt prächtig! Ach! wie lebendig noch: ſie rei- ben’s einem ab! Der Milder will ich gleich nach dieſem Brief antworten. Oelsners Brief iſt auch ſehr ſchön. Ach! wär’ ich nur bei dir! Du taugſt dir nicht allein! Hätten wir nur unſere Prinzen mit einander geſehen! Schreiben mag ich nichts. Die Empfindungen eines Bruders hat er mir gemacht. Nur Geſchwiſter können einen auf die Art freuen und ärgern. — Die Schriften, die du mir geſchickt haſt, gefielen mir ſehr. — Wann werden die Altfränkſchen gewahr werden, daß ſie kein Menſch mehr für geputzt und ſchön angezogen hält? Dieſes Wann meine ich ohne alle hergebrachte Ironie: ich kann mir den Augenblick nicht denken, der es ihnen evi- dent machen wird, daß dergleichen dumme Worte, wie ſie gebrauchen, keinen Sinn haben, und von niemand für eine Gegenrede oder Vorſchlag gehalten werden: welch Ereigniß muß ſich dazu einſtellen, losbrechen, oder auseinanderlegen? Ich frage dies? Ich glaube, viele vornehme deutſche Beamte leſen alles dies nicht; und denken: „Dummes, gedrucktes Zeug! wir werden das ſchon beſprechen!“ Sonſt müßte ihre Auf- merkſamkeit mit Bürſten wach gerieben werden! Es iſt unbe- greiflich, den Feuerlärm nicht zu hören, wenn man auch keine Gluth ſieht, und fühlt. Es antwortet ihnen ja die ganze Welt! in allen Sprachen, auf jede dumme, oder Ausrede!

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/590>, abgerufen am 22.11.2024.