der ersten Reihe Stühle -- die Abtheilung dazwischen -- ge- sessen hatte; der Fürst mischte sich, weil es gar zu lange dau- erte, auch endlich scherzend in das Gespräch. Endlich kam die Königin nach ihrem Sitz zurück; sie sprach einige Worte mit Fürstin Fürstenberg im Zurückkommen, und setzte sich: das Konzert ging wieder an. Ich war zwei Reihen Stühle von der Königin entfernt: sie scheint auch nicht weit sehen zu kön- nen; sie lorgnirte mich mehreremale sehr gütig; und das eine- mal, wo ich es nicht sah, attrappirte sie mich in Lob gegen Mad. Streckeisen über ihre Töchter. Fürst Fürstenberg sprach mit Graf Zepelin angelegentlich: er wollte dies wenigstens, denn er kam so an ihn heran, der, weil wir miteinander wa- ren, neben mir saß. Graf R. saß vor mir mit Mad. Cesar. Der lobte mir sehr unsern Kronprinz; ich wußte, als er mit mir sprach, nicht wer er sei; und hielt ihn für einen baieri- schen Arzt. Mad. Spada singt rein, fertig, gut, italiänisch; ohne Passion, nur mit so viel Seele, als ihres Landes Schule mit sich bringt. Er, Spada, ist ein buffo, sie sangen drei solche Duo's, und müssen zur buffo-Oper gut sein. Als wir weggingen, regnete und gewitterte es sehr: daraus, weißt du, mache ich mir nichts: ich wollte Gräfin Zepelin zeigen, daß ich nicht alles Wetter scheue, und ging mit dem Mann und Mathilde zu ihr; fand Ludwig Robert, Generalin Walther mit Tochter, M. Brack fils, und einen baierischen Militair. Es fiel nichts vor. Aber der Regen, das Gewitter, nahm so zu, daß wir beinah zwei Stunden blieben, es hörte aber gar nicht auf, und ich ging par le plus gros temps ab. Mit le- dernen Schuhen, Jakob, Schirm, und Robert. Dies hatte ich
der erſten Reihe Stühle — die Abtheilung dazwiſchen — ge- ſeſſen hatte; der Fürſt miſchte ſich, weil es gar zu lange dau- erte, auch endlich ſcherzend in das Geſpräch. Endlich kam die Königin nach ihrem Sitz zurück; ſie ſprach einige Worte mit Fürſtin Fürſtenberg im Zurückkommen, und ſetzte ſich: das Konzert ging wieder an. Ich war zwei Reihen Stühle von der Königin entfernt: ſie ſcheint auch nicht weit ſehen zu kön- nen; ſie lorgnirte mich mehreremale ſehr gütig; und das eine- mal, wo ich es nicht ſah, attrappirte ſie mich in Lob gegen Mad. Streckeiſen über ihre Töchter. Fürſt Fürſtenberg ſprach mit Graf Zepelin angelegentlich: er wollte dies wenigſtens, denn er kam ſo an ihn heran, der, weil wir miteinander wa- ren, neben mir ſaß. Graf R. ſaß vor mir mit Mad. Ceſar. Der lobte mir ſehr unſern Kronprinz; ich wußte, als er mit mir ſprach, nicht wer er ſei; und hielt ihn für einen baieri- ſchen Arzt. Mad. Spada ſingt rein, fertig, gut, italiäniſch; ohne Paſſion, nur mit ſo viel Seele, als ihres Landes Schule mit ſich bringt. Er, Spada, iſt ein buffo, ſie ſangen drei ſolche Duo’s, und müſſen zur buffo-Oper gut ſein. Als wir weggingen, regnete und gewitterte es ſehr: daraus, weißt du, mache ich mir nichts: ich wollte Gräfin Zepelin zeigen, daß ich nicht alles Wetter ſcheue, und ging mit dem Mann und Mathilde zu ihr; fand Ludwig Robert, Generalin Walther mit Tochter, M. Brack fils, und einen baieriſchen Militair. Es fiel nichts vor. Aber der Regen, das Gewitter, nahm ſo zu, daß wir beinah zwei Stunden blieben, es hörte aber gar nicht auf, und ich ging par le plus gros temps ab. Mit le- dernen Schuhen, Jakob, Schirm, und Robert. Dies hatte ich
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der erſten Reihe Stühle — die Abtheilung dazwiſchen — ge-
ſeſſen hatte; der Fürſt miſchte ſich, weil es gar zu lange dau-
erte, auch endlich ſcherzend in das Geſpräch. Endlich kam die
Königin nach ihrem Sitz zurück; ſie ſprach einige Worte mit
Fürſtin Fürſtenberg im Zurückkommen, und ſetzte ſich: das
Konzert ging wieder an. Ich war zwei Reihen Stühle von
der Königin entfernt: ſie ſcheint auch nicht weit ſehen zu kön-
nen; ſie lorgnirte mich mehreremale ſehr gütig; und das eine-
mal, wo ich es nicht ſah, attrappirte ſie mich in Lob gegen
Mad. Streckeiſen über ihre Töchter. Fürſt Fürſtenberg ſprach
mit Graf Zepelin angelegentlich: er wollte dies wenigſtens,
denn er kam ſo an ihn heran, der, weil wir miteinander wa-
ren, neben mir ſaß. Graf R. ſaß vor mir mit Mad. Ceſar.
Der lobte mir ſehr unſern Kronprinz; ich wußte, als er mit
mir ſprach, nicht wer er ſei; und hielt ihn für einen baieri-
ſchen Arzt. Mad. Spada ſingt rein, fertig, gut, italiäniſch;
ohne Paſſion, nur mit ſo viel Seele, als ihres Landes Schule
mit ſich bringt. Er, Spada, iſt ein buffo, ſie ſangen drei
ſolche Duo’s, und müſſen zur buffo-Oper gut ſein. Als wir
weggingen, regnete und gewitterte es ſehr: daraus, weißt du,
mache ich mir nichts: ich wollte Gräfin Zepelin zeigen, daß
ich nicht alles Wetter ſcheue, und ging mit dem Mann und
Mathilde zu ihr; fand Ludwig Robert, Generalin Walther
mit Tochter, M. Brack fils, und einen baieriſchen Militair. Es
fiel nichts vor. Aber der Regen, das Gewitter, nahm ſo
zu, daß wir beinah zwei Stunden blieben, es hörte aber gar
nicht auf, und ich ging par le plus gros temps ab. Mit le-
dernen Schuhen, Jakob, Schirm, und Robert. Dies hatte ich
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 585. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/593>, abgerufen am 22.11.2024.
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