Steine, kalkige Sandgruben, und ganz verfallene Festungs- stücke und Schutt. Das Volk verlangte es; und schrie zu F., der ihr König war, er möchte Ja sagen! Er stand grausam verbissen da, und sah nach der Tiefe: man schrie stärker und heftiger, und forderte sein Ja; immer dichter an mir; sie faßten, mit den Augen auf F., an meine Kleider; ich suchte ihm in die Augen zu sehen, und schrie immer: "Du wirst doch nicht Ja sagen?" Er stand unbeweglich verlegen da; verlegen gegen das Volk, noch nicht Ja gesagt zu haben. "Du wirst doch nicht Ja sagen?" schrie ich wieder; das Volk schrie auch: und er. "Ja!" sagte er. Man ergriff mich, stürzte mich über den Wall; von Stein fiel ich zu Stein, und als ich nach der letzten Tiefe kommen sollte, erwachte ich.
Und wußte in tiefster Seele wohl, wie F. gegen mich war. Auch machte mir der Traum ganz den Eindruck, als ob die Geschichte wahr gewesen wäre: ich war still; aber ich hatte mich nicht geirrt. --
Fünfter Traum. Diesen schrieb ich Marwitz gleich den Morgen nachher, als er mir geträumt hatte, weil ich ihn nicht vergessen wollte, und er mich sehr affizirt hatte. -- --
Berlin, Sommer 1812.
Ich glaube, ich werde wohl eingewilligt haben, diesen Jammerweg des Lebens zu gehn, und als Mensch menschliche Geschicke zu erfahren; oder es mag ein Höherer, mit tieferer Einsicht, weil er es für mich als gut erkannte, diese Einwilli- gung für mich gegeben haben; genug, die Einwilligung denke ich mir immer, und dieser Gedanke nur kann mich trösten für
Steine, kalkige Sandgruben, und ganz verfallene Feſtungs- ſtücke und Schutt. Das Volk verlangte es; und ſchrie zu F., der ihr König war, er möchte Ja ſagen! Er ſtand grauſam verbiſſen da, und ſah nach der Tiefe: man ſchrie ſtärker und heftiger, und forderte ſein Ja; immer dichter an mir; ſie faßten, mit den Augen auf F., an meine Kleider; ich ſuchte ihm in die Augen zu ſehen, und ſchrie immer: „Du wirſt doch nicht Ja ſagen?“ Er ſtand unbeweglich verlegen da; verlegen gegen das Volk, noch nicht Ja geſagt zu haben. „Du wirſt doch nicht Ja ſagen?“ ſchrie ich wieder; das Volk ſchrie auch: und er. „Ja!“ ſagte er. Man ergriff mich, ſtürzte mich über den Wall; von Stein fiel ich zu Stein, und als ich nach der letzten Tiefe kommen ſollte, erwachte ich.
Und wußte in tiefſter Seele wohl, wie F. gegen mich war. Auch machte mir der Traum ganz den Eindruck, als ob die Geſchichte wahr geweſen wäre: ich war ſtill; aber ich hatte mich nicht geirrt. —
Fünfter Traum. Dieſen ſchrieb ich Marwitz gleich den Morgen nachher, als er mir geträumt hatte, weil ich ihn nicht vergeſſen wollte, und er mich ſehr affizirt hatte. — —
Berlin, Sommer 1812.
Ich glaube, ich werde wohl eingewilligt haben, dieſen Jammerweg des Lebens zu gehn, und als Menſch menſchliche Geſchicke zu erfahren; oder es mag ein Höherer, mit tieferer Einſicht, weil er es für mich als gut erkannte, dieſe Einwilli- gung für mich gegeben haben; genug, die Einwilligung denke ich mir immer, und dieſer Gedanke nur kann mich tröſten für
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Steine, kalkige Sandgruben, und ganz verfallene Feſtungs-
ſtücke und Schutt. Das Volk verlangte es; und ſchrie zu F.,
der ihr König war, er möchte Ja ſagen! Er ſtand grauſam
verbiſſen da, und ſah nach der Tiefe: man ſchrie ſtärker und
heftiger, und forderte ſein Ja; immer dichter an mir; ſie
faßten, mit den Augen auf F., an meine Kleider; ich ſuchte
ihm in die Augen zu ſehen, und ſchrie immer: „Du wirſt
doch nicht Ja ſagen?“ Er ſtand unbeweglich verlegen da;
verlegen gegen das Volk, noch nicht Ja geſagt zu haben. „Du
wirſt doch nicht Ja ſagen?“ ſchrie ich wieder; das Volk ſchrie
auch: und er. „Ja!“ ſagte er. Man ergriff mich, ſtürzte
mich über den Wall; von Stein fiel ich zu Stein, und als
ich nach der letzten Tiefe kommen ſollte, erwachte ich.
Und wußte in tiefſter Seele wohl, wie F. gegen mich
war. Auch machte mir der Traum ganz den Eindruck, als
ob die Geſchichte wahr geweſen wäre: ich war ſtill; aber ich
hatte mich nicht geirrt. —
Fünfter Traum. Dieſen ſchrieb ich Marwitz gleich
den Morgen nachher, als er mir geträumt hatte, weil ich ihn
nicht vergeſſen wollte, und er mich ſehr affizirt hatte. — —
Berlin, Sommer 1812.
Ich glaube, ich werde wohl eingewilligt haben, dieſen
Jammerweg des Lebens zu gehn, und als Menſch menſchliche
Geſchicke zu erfahren; oder es mag ein Höherer, mit tieferer
Einſicht, weil er es für mich als gut erkannte, dieſe Einwilli-
gung für mich gegeben haben; genug, die Einwilligung denke
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/62>, abgerufen am 24.11.2024.
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