menschlicher? Wer zärtlicher gegen alles was fühlt, und zu fühlen scheint? Wer Gott erkennender in jedem Augenblick? Wo ich einen Zug von diesen Genannten sehe, beugt sich mein Herz und meine Kniee: das wissen Sie: wo ich es reicher, vereinigter fände, als bei mir, würd' ich in jublende Anbe- tung verfallen! Sie wissen es! Des Überschätzens aber, bin ich ganz müde, d. h. ganz unfähig geworden. Tasso sagt ("Nur die Galeerensklaven kennen sich, die eng geschmiede- ten") wie es mit dem Überschätzen ist: wenn man selbst nur Gerechtigkeit noch verlangt -- so bin ich wenigstens -- dann mag man diese auch nur leisten. Nicht im Behandlen, und in der Nachsicht, und im Leisten; aber im Beurtheilen dessen, was geleistet wird.
Ich bin es sehr zufrieden, daß Sie der W. meine Briefe zeigen: und empfinde ganz die Ehre, die Sie mir in Ihrem Herzen erzeigen, in meinem. Ich will ihr auch die Träume zeigen. Von T.s Fete aber, kann ich nicht sprechen. Das können Sie thun. Wenn Sie wollen! und hiermit erzeige ich Ihnen wieder die größte Ehre, die aus meinem Herzen kom- men kann. Auch das wissen Sie, Marwitz: am schwersten in der Welt, wird mir, von einem Menschen zu fordern, wovon ich denke, daß er's mir ungefordert hätte leisten sollen. Sa- gen und Fordern sind hier eins; und diesmal hab' ich nur ge- sagt, was ich hätte fordern können: nämlich, was ich in Ihrer Stelle würde gethan haben -- vergessen hätte ich's auch nicht --; aber ich will gar nicht, daß Sie es thun: denn sa- gen Sie mir, was sollte ich damit in der Ausübung beabsich- tigen! Nun fragen Sie, ob ich Sie noch liebe, wie sonst!
menſchlicher? Wer zärtlicher gegen alles was fühlt, und zu fühlen ſcheint? Wer Gott erkennender in jedem Augenblick? Wo ich einen Zug von dieſen Genannten ſehe, beugt ſich mein Herz und meine Kniee: das wiſſen Sie: wo ich es reicher, vereinigter fände, als bei mir, würd’ ich in jublende Anbe- tung verfallen! Sie wiſſen es! Des Überſchätzens aber, bin ich ganz müde, d. h. ganz unfähig geworden. Taſſo ſagt („Nur die Galeerenſklaven kennen ſich, die eng geſchmiede- ten“) wie es mit dem Überſchätzen iſt: wenn man ſelbſt nur Gerechtigkeit noch verlangt — ſo bin ich wenigſtens — dann mag man dieſe auch nur leiſten. Nicht im Behandlen, und in der Nachſicht, und im Leiſten; aber im Beurtheilen deſſen, was geleiſtet wird.
Ich bin es ſehr zufrieden, daß Sie der W. meine Briefe zeigen: und empfinde ganz die Ehre, die Sie mir in Ihrem Herzen erzeigen, in meinem. Ich will ihr auch die Träume zeigen. Von T.s Fête aber, kann ich nicht ſprechen. Das können Sie thun. Wenn Sie wollen! und hiermit erzeige ich Ihnen wieder die größte Ehre, die aus meinem Herzen kom- men kann. Auch das wiſſen Sie, Marwitz: am ſchwerſten in der Welt, wird mir, von einem Menſchen zu fordern, wovon ich denke, daß er’s mir ungefordert hätte leiſten ſollen. Sa- gen und Fordern ſind hier eins; und diesmal hab’ ich nur ge- ſagt, was ich hätte fordern können: nämlich, was ich in Ihrer Stelle würde gethan haben — vergeſſen hätte ich’s auch nicht —; aber ich will gar nicht, daß Sie es thun: denn ſa- gen Sie mir, was ſollte ich damit in der Ausübung beabſich- tigen! Nun fragen Sie, ob ich Sie noch liebe, wie ſonſt!
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menſchlicher? Wer zärtlicher gegen alles was fühlt, und zu
fühlen ſcheint? Wer Gott erkennender in jedem Augenblick?
Wo ich einen Zug von dieſen Genannten ſehe, beugt ſich mein
Herz und meine Kniee: das wiſſen Sie: wo ich es reicher,
vereinigter fände, als bei mir, würd’ ich in jublende Anbe-
tung verfallen! Sie wiſſen es! Des Überſchätzens aber, bin
ich ganz müde, d. h. ganz unfähig geworden. Taſſo ſagt
(„Nur die Galeerenſklaven kennen ſich, die eng geſchmiede-
ten“) wie es mit dem Überſchätzen iſt: wenn man ſelbſt nur
Gerechtigkeit noch verlangt — ſo bin ich wenigſtens — dann
mag man dieſe auch nur leiſten. Nicht im Behandlen, und
in der Nachſicht, und im Leiſten; aber im Beurtheilen deſſen,
was geleiſtet wird.
Ich bin es ſehr zufrieden, daß Sie der W. meine Briefe
zeigen: und empfinde ganz die Ehre, die Sie mir in Ihrem
Herzen erzeigen, in meinem. Ich will ihr auch die Träume
zeigen. Von T.s Fête aber, kann ich nicht ſprechen. Das
können Sie thun. Wenn Sie wollen! und hiermit erzeige
ich Ihnen wieder die größte Ehre, die aus meinem Herzen kom-
men kann. Auch das wiſſen Sie, Marwitz: am ſchwerſten in
der Welt, wird mir, von einem Menſchen zu fordern, wovon
ich denke, daß er’s mir ungefordert hätte leiſten ſollen. Sa-
gen und Fordern ſind hier eins; und diesmal hab’ ich nur ge-
ſagt, was ich hätte fordern können: nämlich, was ich in Ihrer
Stelle würde gethan haben — vergeſſen hätte ich’s auch
nicht —; aber ich will gar nicht, daß Sie es thun: denn ſa-
gen Sie mir, was ſollte ich damit in der Ausübung beabſich-
tigen! Nun fragen Sie, ob ich Sie noch liebe, wie ſonſt!
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/83>, abgerufen am 24.11.2024.
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