vielfach in Baum und Feld. Wunder-Prachthimmel von Bi- zarrerie, Lichter- und Wolkenwirthschaft; -- jetzt regnet es Platz! -- das hattest du auch! -- Nun mach' ich Rechnun- gen, und dann lese ich: esse nur Suppe und Huhn. Habe recht viel Vergnügen! regrettire mich in dem schlechten Ge- sundheitsmoment nicht zu sehr, und genieße Baum und Strauch und Luft äußerst, dann ist's für mich mit. Gestern hatten wir ja einen Sonnenuntergang, und auch dieselben Gedanken. --
Sonnabend, den 19. Juli.
-- Ich habe ihn! deinen Brief. Armer lieber August! alle Pulse schlugen dir! Hättest du nur ganz wenig und nicht so schön geschrieben, dich ein wenig in der Stube nach dem Garten niedergelegt. Genieße, was vor dir ist; Düfte, Kinder, Laub, Blumen, Anblick des Wohlstands, alles, jedes: ich ge- nieße es gewiß mit. Theuerster lieber Freund! Dein Gärt- chen freut mich. Es beruhigt Seele und Sinne. Ich gratu- lire deiner Schwester dazu. Täglich muß ich mehr einsehen, daß ich auf eine gute Weise wohl nicht hätte reisen können. In meiner Lebensgeschichte soll Wetter und meine Gesundheit vorkommen. -- Gestern Morgen machte ich Geschäftchen, Rech- nungen, Billetchen, und fuhr dann mit den Andern nach Kö- nigs Palais. Das gefiel mir unendlich in seinem Bau; auch ist's, erfuhr ich des Abends, vom alten Schinkel, -- von Schlüter nämlich: das war noch ein Schinkel! So müssen Menschen wohnen. "Menschen" kann man mit zehn Li- nien unterstreichen, und auf jede schreiben, worin es besteht, ein Mensch zu sein. Hensels Bild hat unendlich gewonnen;
vielfach in Baum und Feld. Wunder-Prachthimmel von Bi- zarrerie, Lichter- und Wolkenwirthſchaft; — jetzt regnet es Platz! — das hatteſt du auch! — Nun mach’ ich Rechnun- gen, und dann leſe ich: eſſe nur Suppe und Huhn. Habe recht viel Vergnügen! regrettire mich in dem ſchlechten Ge- ſundheitsmoment nicht zu ſehr, und genieße Baum und Strauch und Luft äußerſt, dann iſt’s für mich mit. Geſtern hatten wir ja einen Sonnenuntergang, und auch dieſelben Gedanken. —
Sonnabend, den 19. Juli.
— Ich habe ihn! deinen Brief. Armer lieber Auguſt! alle Pulſe ſchlugen dir! Hätteſt du nur ganz wenig und nicht ſo ſchön geſchrieben, dich ein wenig in der Stube nach dem Garten niedergelegt. Genieße, was vor dir iſt; Düfte, Kinder, Laub, Blumen, Anblick des Wohlſtands, alles, jedes: ich ge- nieße es gewiß mit. Theuerſter lieber Freund! Dein Gärt- chen freut mich. Es beruhigt Seele und Sinne. Ich gratu- lire deiner Schweſter dazu. Täglich muß ich mehr einſehen, daß ich auf eine gute Weiſe wohl nicht hätte reiſen können. In meiner Lebensgeſchichte ſoll Wetter und meine Geſundheit vorkommen. — Geſtern Morgen machte ich Geſchäftchen, Rech- nungen, Billetchen, und fuhr dann mit den Andern nach Kö- nigs Palais. Das gefiel mir unendlich in ſeinem Bau; auch iſt’s, erfuhr ich des Abends, vom alten Schinkel, — von Schlüter nämlich: das war noch ein Schinkel! So müſſen Menſchen wohnen. „Menſchen“ kann man mit zehn Li- nien unterſtreichen, und auf jede ſchreiben, worin es beſteht, ein Menſch zu ſein. Henſels Bild hat unendlich gewonnen;
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0116"n="108"/>
vielfach in Baum und Feld. Wunder-Prachthimmel von Bi-<lb/>
zarrerie, Lichter- und Wolkenwirthſchaft; — jetzt regnet es<lb/><hirendition="#g">Platz</hi>! — das hatteſt du auch! — Nun mach’ ich Rechnun-<lb/>
gen, und dann leſe ich: eſſe nur Suppe und Huhn. Habe<lb/>
recht viel Vergnügen! regrettire mich in dem ſchlechten Ge-<lb/>ſundheitsmoment nicht zu ſehr, und genieße Baum und Strauch<lb/>
und Luft äußerſt, dann iſt’s für mich <hirendition="#g">mit</hi>. Geſtern hatten wir<lb/>
ja <hirendition="#g">einen</hi> Sonnenuntergang, und auch dieſelben Gedanken. —</p></div><lb/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Sonnabend, den 19. Juli.</hi></dateline><lb/><p>— Ich habe ihn! deinen Brief. Armer lieber Auguſt!<lb/>
alle Pulſe ſchlugen dir! Hätteſt du nur ganz wenig und nicht<lb/>ſo ſchön geſchrieben, dich ein <hirendition="#g">wenig</hi> in der Stube nach dem<lb/>
Garten niedergelegt. Genieße, was vor dir iſt; Düfte, Kinder,<lb/>
Laub, Blumen, Anblick des Wohlſtands, alles, jedes: ich ge-<lb/>
nieße es <hirendition="#g">gewiß</hi> mit. Theuerſter lieber Freund! Dein Gärt-<lb/>
chen freut mich. Es beruhigt Seele und Sinne. Ich gratu-<lb/>
lire deiner Schweſter dazu. Täglich muß ich mehr einſehen,<lb/>
daß ich auf eine gute Weiſe wohl nicht hätte reiſen können.<lb/>
In meiner Lebensgeſchichte ſoll Wetter und meine Geſundheit<lb/>
vorkommen. — Geſtern Morgen machte ich Geſchäftchen, Rech-<lb/>
nungen, Billetchen, und fuhr dann mit den Andern nach Kö-<lb/>
nigs Palais. Das gefiel mir unendlich in ſeinem Bau; auch<lb/>
iſt’s, erfuhr ich des Abends, vom <hirendition="#g">alten</hi> Schinkel, — von<lb/>
Schlüter nämlich: <hirendition="#g">das</hi> war noch ein Schinkel! So müſſen<lb/><hirendition="#g">Menſchen</hi> wohnen. „Menſchen“ kann man mit zehn Li-<lb/>
nien unterſtreichen, und auf jede ſchreiben, worin es beſteht,<lb/>
ein Menſch zu ſein. Henſels Bild hat unendlich gewonnen;<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[108/0116]
vielfach in Baum und Feld. Wunder-Prachthimmel von Bi-
zarrerie, Lichter- und Wolkenwirthſchaft; — jetzt regnet es
Platz! — das hatteſt du auch! — Nun mach’ ich Rechnun-
gen, und dann leſe ich: eſſe nur Suppe und Huhn. Habe
recht viel Vergnügen! regrettire mich in dem ſchlechten Ge-
ſundheitsmoment nicht zu ſehr, und genieße Baum und Strauch
und Luft äußerſt, dann iſt’s für mich mit. Geſtern hatten wir
ja einen Sonnenuntergang, und auch dieſelben Gedanken. —
Sonnabend, den 19. Juli.
— Ich habe ihn! deinen Brief. Armer lieber Auguſt!
alle Pulſe ſchlugen dir! Hätteſt du nur ganz wenig und nicht
ſo ſchön geſchrieben, dich ein wenig in der Stube nach dem
Garten niedergelegt. Genieße, was vor dir iſt; Düfte, Kinder,
Laub, Blumen, Anblick des Wohlſtands, alles, jedes: ich ge-
nieße es gewiß mit. Theuerſter lieber Freund! Dein Gärt-
chen freut mich. Es beruhigt Seele und Sinne. Ich gratu-
lire deiner Schweſter dazu. Täglich muß ich mehr einſehen,
daß ich auf eine gute Weiſe wohl nicht hätte reiſen können.
In meiner Lebensgeſchichte ſoll Wetter und meine Geſundheit
vorkommen. — Geſtern Morgen machte ich Geſchäftchen, Rech-
nungen, Billetchen, und fuhr dann mit den Andern nach Kö-
nigs Palais. Das gefiel mir unendlich in ſeinem Bau; auch
iſt’s, erfuhr ich des Abends, vom alten Schinkel, — von
Schlüter nämlich: das war noch ein Schinkel! So müſſen
Menſchen wohnen. „Menſchen“ kann man mit zehn Li-
nien unterſtreichen, und auf jede ſchreiben, worin es beſteht,
ein Menſch zu ſein. Henſels Bild hat unendlich gewonnen;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/116>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.