selbst nimmt; der muß bei jeder neuen Ausmahlung wiederge- funden werden. Alles Denken und Ergründen ist ein Wieder- finden eines Verfahrens; es sei nun das unsres eignen Geistes: einer Leistung seiner, oder eine der Natur, die wir in unserer Geistesart aufzufassen, zu nehmen, und zu behandeln im Stande sind. Ich finde immer nur Eins wieder; und uns so zu sagen in einer Figur beschränkt. Als Unendliches ist dem Geist bloß armer Witz gelassen, um sich reich in dieser Armuth zu geriren. Auch praktisch, angewandt, ist es so mit dem Witze; wie Lessing und Viele schon anders ausdrückten: er wird rege bei Leidenschaft: wo erzeugt sich diese? bei Mangel irgend einer Art. Nicht wo Befriedigung, Fülle, Harmonie, Ordnung, Elysium, -- welches wir nicht einmal zu fassen verstehen: daher die allee de peupliers, von der Tilly sprach --, da ist. Etwas sehr Schönes, alle Tage zu Gebrauchendes sagt Hegel. Er sagt: eine Philosophie müsse alle bisherigen in sich einschließen; auf ihren Standpunkt stellen und lassen, und mit ihnen Eine ausmachen. Mit andern Worten und Beweisen. Weil ich nie eine anders verstand -- wofern sie nur redlich durchgeführt war --, so ist mir das sehr einleuch- tend, und erfreuend. Ein vortreffliches Buch, welches wir Einmal mit einander lesen müssen. Ich hatte neulich nicht den Muth, als Hegel bei uns war, ihm zu sagen, daß ich sein Buch lese: obgleich mir die Überzeugung nicht fehlt, daß ich einer der Studenten bin, der es mit am besten liebt und versteht: oder vielmehr versteht und liebt. -- Zwanzigmal Nachts und bei Tage sorgte ich für Rike, und möchte sie warnen. Um Gottes willen keinen Abendthau! Nachher wie-
ſelbſt nimmt; der muß bei jeder neuen Ausmahlung wiederge- funden werden. Alles Denken und Ergründen iſt ein Wieder- finden eines Verfahrens; es ſei nun das unſres eignen Geiſtes: einer Leiſtung ſeiner, oder eine der Natur, die wir in unſerer Geiſtesart aufzufaſſen, zu nehmen, und zu behandeln im Stande ſind. Ich finde immer nur Eins wieder; und uns ſo zu ſagen in einer Figur beſchränkt. Als Unendliches iſt dem Geiſt bloß armer Witz gelaſſen, um ſich reich in dieſer Armuth zu geriren. Auch praktiſch, angewandt, iſt es ſo mit dem Witze; wie Leſſing und Viele ſchon anders ausdrückten: er wird rege bei Leidenſchaft: wo erzeugt ſich dieſe? bei Mangel irgend einer Art. Nicht wo Befriedigung, Fülle, Harmonie, Ordnung, Elyſium, — welches wir nicht einmal zu faſſen verſtehen: daher die allée de peupliers, von der Tilly ſprach —, da iſt. Etwas ſehr Schönes, alle Tage zu Gebrauchendes ſagt Hegel. Er ſagt: eine Philoſophie müſſe alle bisherigen in ſich einſchließen; auf ihren Standpunkt ſtellen und laſſen, und mit ihnen Eine ausmachen. Mit andern Worten und Beweiſen. Weil ich nie eine anders verſtand — wofern ſie nur redlich durchgeführt war —, ſo iſt mir das ſehr einleuch- tend, und erfreuend. Ein vortreffliches Buch, welches wir Einmal mit einander leſen müſſen. Ich hatte neulich nicht den Muth, als Hegel bei uns war, ihm zu ſagen, daß ich ſein Buch leſe: obgleich mir die Überzeugung nicht fehlt, daß ich einer der Studenten bin, der es mit am beſten liebt und verſteht: oder vielmehr verſteht und liebt. — Zwanzigmal Nachts und bei Tage ſorgte ich für Rike, und möchte ſie warnen. Um Gottes willen keinen Abendthau! Nachher wie-
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ſelbſt nimmt; der muß bei jeder neuen Ausmahlung wiederge-
funden werden. Alles Denken und Ergründen iſt ein Wieder-
finden eines Verfahrens; es ſei nun das unſres eignen Geiſtes:
einer Leiſtung ſeiner, oder eine der Natur, die wir in unſerer
Geiſtesart aufzufaſſen, zu nehmen, und zu behandeln im
Stande ſind. Ich finde immer nur Eins wieder; und uns ſo
zu ſagen in einer Figur beſchränkt. Als Unendliches iſt dem
Geiſt bloß armer Witz gelaſſen, um ſich reich in dieſer Armuth
zu geriren. Auch praktiſch, angewandt, iſt es ſo mit dem
Witze; wie Leſſing und Viele ſchon anders ausdrückten: er
wird rege bei Leidenſchaft: wo erzeugt ſich dieſe? bei Mangel
irgend einer Art. Nicht wo Befriedigung, Fülle, Harmonie,
Ordnung, Elyſium, — welches wir nicht einmal zu faſſen
verſtehen: daher die allée de peupliers, von der Tilly ſprach —,
da iſt. Etwas ſehr Schönes, alle Tage zu Gebrauchendes
ſagt Hegel. Er ſagt: eine Philoſophie müſſe alle bisherigen
in ſich einſchließen; auf ihren Standpunkt ſtellen und laſſen,
und mit ihnen Eine ausmachen. Mit andern Worten und
Beweiſen. Weil ich nie eine anders verſtand — wofern ſie
nur redlich durchgeführt war —, ſo iſt mir das ſehr einleuch-
tend, und erfreuend. Ein vortreffliches Buch, welches wir
Einmal mit einander leſen müſſen. Ich hatte neulich nicht
den Muth, als Hegel bei uns war, ihm zu ſagen, daß ich
ſein Buch leſe: obgleich mir die Überzeugung nicht fehlt, daß
ich einer der Studenten bin, der es mit am beſten liebt und
verſteht: oder vielmehr verſteht und liebt. — Zwanzigmal
Nachts und bei Tage ſorgte ich für Rike, und möchte ſie
warnen. Um Gottes willen keinen Abendthau! Nachher wie-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/291>, abgerufen am 22.11.2024.
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