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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

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her ohne Trennung mit einander fortgelebt. Sie ist wahrhaft
gewandt; im Verstehn, Auffassen, richtig Handhaben, und Be-
kanntsein mit allem, was edel ist, verständig und geistvoll.
Alle edle Voraussetzungen findet man mit ihr fertig vor; und
so ist es leicht, ein feines tieferes Leben weiter leben. Sie hat
ein komplet, gebildetes Betragen, welches nicht auf modischen
Manieren, oder solchen Putz ankommt; bei welchen ein Vier-
teljahr in Einsamkeit zurück, eine Dame oder einen Menschen
arrierirt, veraltet, altfränkisch, unbeholfen, und unbeholfener
aus Verlegenheit, macht. Sie hat in sich wirklich gelebt; und
daher mit ihren Gedanken begleitet, was in der Welt vorge-
hen kann; also, das was vorgeht. Noch einen unumstößli-
chern Beweis wahren Fortschreitens giebt sie aber durch ihre
zur wahren Güte ausgebildete Nachsichtigkeit, und leichtes
Nehmen, freundliches, der Vorfallenheiten, und Dinge. Sie
hat davon eine ganz feine Physionomie; und was ihr diese
ungestört erhält, ist eine vollkommene Eitelkeitlosigkeit, auf
gesellschaftlichen Stufen, irgend nur etwas ringen zu mögen!
Das allein -- wie die Treppe nun Einmal gebaut ist! --
giebt Adel. So erschien sie mir: und ich gratulirte ihr laut
im Gespräch mit Varnhagen; der besonders viel -- seltenster
Fall! -- mit ihr sprach, und ganz und gar ihr applaudirte;
wie ich. Wir gratuliren auch Ihnen, theure Gräfin; weil
solch gelungene Tochter von innrem Glück zeugt; und dafür
bürgt; es ist zu ächt, um noch Stolz Raum zu lassen, sonst
könnten Sie auch stolz sein, so etwas neben sich wachsen zu
lassen. Bedeutende Mütter hindern oft.

Sie wollten nun doch gewiß, gute großmüthige Gräfin,

her ohne Trennung mit einander fortgelebt. Sie iſt wahrhaft
gewandt; im Verſtehn, Auffaſſen, richtig Handhaben, und Be-
kanntſein mit allem, was edel iſt, verſtändig und geiſtvoll.
Alle edle Vorausſetzungen findet man mit ihr fertig vor; und
ſo iſt es leicht, ein feines tieferes Leben weiter leben. Sie hat
ein komplet, gebildetes Betragen, welches nicht auf modiſchen
Manieren, oder ſolchen Putz ankommt; bei welchen ein Vier-
teljahr in Einſamkeit zurück, eine Dame oder einen Menſchen
arrierirt, veraltet, altfränkiſch, unbeholfen, und unbeholfener
aus Verlegenheit, macht. Sie hat in ſich wirklich gelebt; und
daher mit ihren Gedanken begleitet, was in der Welt vorge-
hen kann; alſo, das was vorgeht. Noch einen unumſtößli-
chern Beweis wahren Fortſchreitens giebt ſie aber durch ihre
zur wahren Güte ausgebildete Nachſichtigkeit, und leichtes
Nehmen, freundliches, der Vorfallenheiten, und Dinge. Sie
hat davon eine ganz feine Phyſionomie; und was ihr dieſe
ungeſtört erhält, iſt eine vollkommene Eitelkeitloſigkeit, auf
geſellſchaftlichen Stufen, irgend nur etwas ringen zu mögen!
Das allein — wie die Treppe nun Einmal gebaut iſt! —
giebt Adel. So erſchien ſie mir: und ich gratulirte ihr laut
im Geſpräch mit Varnhagen; der beſonders viel — ſeltenſter
Fall! — mit ihr ſprach, und ganz und gar ihr applaudirte;
wie ich. Wir gratuliren auch Ihnen, theure Gräfin; weil
ſolch gelungene Tochter von innrem Glück zeugt; und dafür
bürgt; es iſt zu ächt, um noch Stolz Raum zu laſſen, ſonſt
könnten Sie auch ſtolz ſein, ſo etwas neben ſich wachſen zu
laſſen. Bedeutende Mütter hindern oft.

Sie wollten nun doch gewiß, gute großmüthige Gräfin,

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[315/0323] her ohne Trennung mit einander fortgelebt. Sie iſt wahrhaft gewandt; im Verſtehn, Auffaſſen, richtig Handhaben, und Be- kanntſein mit allem, was edel iſt, verſtändig und geiſtvoll. Alle edle Vorausſetzungen findet man mit ihr fertig vor; und ſo iſt es leicht, ein feines tieferes Leben weiter leben. Sie hat ein komplet, gebildetes Betragen, welches nicht auf modiſchen Manieren, oder ſolchen Putz ankommt; bei welchen ein Vier- teljahr in Einſamkeit zurück, eine Dame oder einen Menſchen arrierirt, veraltet, altfränkiſch, unbeholfen, und unbeholfener aus Verlegenheit, macht. Sie hat in ſich wirklich gelebt; und daher mit ihren Gedanken begleitet, was in der Welt vorge- hen kann; alſo, das was vorgeht. Noch einen unumſtößli- chern Beweis wahren Fortſchreitens giebt ſie aber durch ihre zur wahren Güte ausgebildete Nachſichtigkeit, und leichtes Nehmen, freundliches, der Vorfallenheiten, und Dinge. Sie hat davon eine ganz feine Phyſionomie; und was ihr dieſe ungeſtört erhält, iſt eine vollkommene Eitelkeitloſigkeit, auf geſellſchaftlichen Stufen, irgend nur etwas ringen zu mögen! Das allein — wie die Treppe nun Einmal gebaut iſt! — giebt Adel. So erſchien ſie mir: und ich gratulirte ihr laut im Geſpräch mit Varnhagen; der beſonders viel — ſeltenſter Fall! — mit ihr ſprach, und ganz und gar ihr applaudirte; wie ich. Wir gratuliren auch Ihnen, theure Gräfin; weil ſolch gelungene Tochter von innrem Glück zeugt; und dafür bürgt; es iſt zu ächt, um noch Stolz Raum zu laſſen, ſonſt könnten Sie auch ſtolz ſein, ſo etwas neben ſich wachſen zu laſſen. Bedeutende Mütter hindern oft. Sie wollten nun doch gewiß, gute großmüthige Gräfin,

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/323>, abgerufen am 22.11.2024.