und leben hier etwas heiter, und Virginien zur Freude! Ich will Ihnen für Ihr Geld gutes gesundes Essen auf meinem Heerd preiswürdig kochen lassen; Sie lassen es holen: Sie wohnen mir nah. Das alles ist zu haben. Ich lebe in einem Ihnen angemessenen Kreise. Ich habe eine gute, billige, nahe Waschfrau; weiß die besten, billigsten denrees. Bin vollkom- menste Hausfrau. Werde Sie pflegen, und pflegen lassen. Kommen Sie. -- Es bleibt uns unbenommen, im Sommer eine Reise mit einander zu machen. Denn ich will ausreisen, wir verabreden wohin. Varnhagen legt sich Ihnen ehr- furchtsvoll zu Füßen, geehrte Freundin! Er und ich haben nie an Ihrer Billigkeit, und Einsicht über uns gezweifelt: kleine neckende Äußerungen, oder Mißverstehn; oder was es sonst in diesem Fache sei, worüber man sich von weitem nicht aus- verständigen kann, sollen den Freunden auch für künftig zu Gebote bleiben: wer ächt ist, weiß sich doch in Ihrer Seele sicher und fest: und so war es mit uns; wahr und wahrhaf- tig. Meine theure Gräfin! wie haben Sie nur noch geglaubt, ein Wort darüber verlieren zu müssen! Wie reif, und gut, und sanft bin ich geprügelt! Ein kleines Engelchen. Ein sol- ches, wie aus einem Thierchen wie ich, werden kann. Ganz artig, und still. Es ist zu matt dazu, und sieht: Schreien hilft nichts. Muße, Muße! innre Muße schafft sich das alte Menschthier, das neue Engelchen, soviel als möglich: und ach! wie kärglich die, wegen Zeit. Aber ruhig ist der ausgebrü- tete Engel. Nun wissen Sie alles. Und kommen, und sehn! Ihre Sie erkennende, also treu ergebene Fr. v. Varnhagen.
und leben hier etwas heiter, und Virginien zur Freude! Ich will Ihnen für Ihr Geld gutes geſundes Eſſen auf meinem Heerd preiswürdig kochen laſſen; Sie laſſen es holen: Sie wohnen mir nah. Das alles iſt zu haben. Ich lebe in einem Ihnen angemeſſenen Kreiſe. Ich habe eine gute, billige, nahe Waſchfrau; weiß die beſten, billigſten denrées. Bin vollkom- menſte Hausfrau. Werde Sie pflegen, und pflegen laſſen. Kommen Sie. — Es bleibt uns unbenommen, im Sommer eine Reiſe mit einander zu machen. Denn ich will ausreiſen, wir verabreden wohin. Varnhagen legt ſich Ihnen ehr- furchtsvoll zu Füßen, geehrte Freundin! Er und ich haben nie an Ihrer Billigkeit, und Einſicht über uns gezweifelt: kleine neckende Äußerungen, oder Mißverſtehn; oder was es ſonſt in dieſem Fache ſei, worüber man ſich von weitem nicht aus- verſtändigen kann, ſollen den Freunden auch für künftig zu Gebote bleiben: wer ächt iſt, weiß ſich doch in Ihrer Seele ſicher und feſt: und ſo war es mit uns; wahr und wahrhaf- tig. Meine theure Gräfin! wie haben Sie nur noch geglaubt, ein Wort darüber verlieren zu müſſen! Wie reif, und gut, und ſanft bin ich geprügelt! Ein kleines Engelchen. Ein ſol- ches, wie aus einem Thierchen wie ich, werden kann. Ganz artig, und ſtill. Es iſt zu matt dazu, und ſieht: Schreien hilft nichts. Muße, Muße! innre Muße ſchafft ſich das alte Menſchthier, das neue Engelchen, ſoviel als möglich: und ach! wie kärglich die, wegen Zeit. Aber ruhig iſt der ausgebrü- tete Engel. Nun wiſſen Sie alles. Und kommen, und ſehn! Ihre Sie erkennende, alſo treu ergebene Fr. v. Varnhagen.
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und leben hier etwas heiter, und Virginien zur Freude! Ich
will Ihnen für Ihr Geld gutes geſundes Eſſen auf meinem
Heerd preiswürdig kochen laſſen; Sie laſſen es holen: Sie
wohnen mir nah. Das alles iſt zu haben. Ich lebe in einem
Ihnen angemeſſenen Kreiſe. Ich habe eine gute, billige, nahe
Waſchfrau; weiß die beſten, billigſten denrées. Bin vollkom-
menſte Hausfrau. Werde Sie pflegen, und pflegen laſſen.
Kommen Sie. — Es bleibt uns unbenommen, im Sommer
eine Reiſe mit einander zu machen. Denn ich will ausreiſen,
wir verabreden wohin. Varnhagen legt ſich Ihnen ehr-
furchtsvoll zu Füßen, geehrte Freundin! Er und ich haben nie
an Ihrer Billigkeit, und Einſicht über uns gezweifelt: kleine
neckende Äußerungen, oder Mißverſtehn; oder was es ſonſt
in dieſem Fache ſei, worüber man ſich von weitem nicht aus-
verſtändigen kann, ſollen den Freunden auch für künftig zu
Gebote bleiben: wer ächt iſt, weiß ſich doch in Ihrer Seele
ſicher und feſt: und ſo war es mit uns; wahr und wahrhaf-
tig. Meine theure Gräfin! wie haben Sie nur noch geglaubt,
ein Wort darüber verlieren zu müſſen! Wie reif, und gut,
und ſanft bin ich geprügelt! Ein kleines Engelchen. Ein ſol-
ches, wie aus einem Thierchen wie ich, werden kann. Ganz
artig, und ſtill. Es iſt zu matt dazu, und ſieht: Schreien
hilft nichts. Muße, Muße! innre Muße ſchafft ſich das alte
Menſchthier, das neue Engelchen, ſoviel als möglich: und ach!
wie kärglich die, wegen Zeit. Aber ruhig iſt der ausgebrü-
tete Engel. Nun wiſſen Sie alles. Und kommen, und ſehn!
Ihre Sie erkennende, alſo treu ergebene Fr. v. Varnhagen.
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/325>, abgerufen am 22.11.2024.
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