Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

rend begegnen; die Kinder lasse ich bei Mlle. Wilhelmine,
und sehe sie nur Viertelstunden lang. Lassen Ihro Durch-
laucht Gnade für Recht ergehn; es ist so schon so arg, daß
ich Sie auch nicht ein bischen pflegen, unterhalten, oder Ih-
nen etwas Erquickliches erzeigen kann, wie Sie mir; die
Fremde der Hiesigen! Ich müßte Ihnen Fasanen und Ana-
nas schicken; vorschneiden, reichen, bereiten lassen! Eine
Gnade bitte ich mir aus!! Bestellen sich Ihro Durchlaucht
etwas in meiner Bürgerküche! Suppe. Sie soll gut sein.
Nennen Sie sie nur. Fische: die Dore sehr gut bereitet.
Schüsselfische -- zum Beispiel -- mit Sardellen; vortreff-
lich
. Nennen Sie mir etwas! oder ich erkundige mich nach
Ihrer Speisestunde, und schicke ganz allein etwas. Bitte, bitte!

Gewiß will, werde ich mich erholen; und klimme dann
langsam Ihre Treppe hinauf. In einem großen, korridorrei-
chen, schloßähnlichen, sinnigen Gebäude müßten Kolonieen fei-
ner Leute zusammen wohnen: alles geheizt, und erleuchtet;
jedes Appartement mit einem Portier, das Ganze voller Be-
scheidenheit und Wohlwollen, präparirter Lust, und herrlich-
ster Pflanzen. Bücher, Instrumente; kluge Freiheit; und
höchstens unpaß; nie krank. Dann wäre die Erde eine
Station; wo sich's auf Beförderung warten ließe. Aber so
-- bekömmt man für schönste Sendungen, bestes Behandlen,
feinstes Wohlwollen, -- rosa Antworten, auf's höchste! Auch
ich sehe das Elend ein; und damit will ich noch prahlen:
wenigstens zeigen, daß ich's besser möchte, wie hätte!

Befehlen Ihro Durchlaucht über Mlle. Wilhelmine, über
Dore, über mich, wenn Sie irgend etwas von uns brauchen

rend begegnen; die Kinder laſſe ich bei Mlle. Wilhelmine,
und ſehe ſie nur Viertelſtunden lang. Laſſen Ihro Durch-
laucht Gnade für Recht ergehn; es iſt ſo ſchon ſo arg, daß
ich Sie auch nicht ein bischen pflegen, unterhalten, oder Ih-
nen etwas Erquickliches erzeigen kann, wie Sie mir; die
Fremde der Hieſigen! Ich müßte Ihnen Faſanen und Ana-
nas ſchicken; vorſchneiden, reichen, bereiten laſſen! Eine
Gnade bitte ich mir aus!! Beſtellen ſich Ihro Durchlaucht
etwas in meiner Bürgerküche! Suppe. Sie ſoll gut ſein.
Nennen Sie ſie nur. Fiſche: die Dore ſehr gut bereitet.
Schüſſelfiſche — zum Beiſpiel — mit Sardellen; vortreff-
lich
. Nennen Sie mir etwas! oder ich erkundige mich nach
Ihrer Speiſeſtunde, und ſchicke ganz allein etwas. Bitte, bitte!

Gewiß will, werde ich mich erholen; und klimme dann
langſam Ihre Treppe hinauf. In einem großen, korridorrei-
chen, ſchloßähnlichen, ſinnigen Gebäude müßten Kolonieen fei-
ner Leute zuſammen wohnen: alles geheizt, und erleuchtet;
jedes Appartement mit einem Portier, das Ganze voller Be-
ſcheidenheit und Wohlwollen, präparirter Luſt, und herrlich-
ſter Pflanzen. Bücher, Inſtrumente; kluge Freiheit; und
höchſtens unpaß; nie krank. Dann wäre die Erde eine
Station; wo ſich’s auf Beförderung warten ließe. Aber ſo
— bekömmt man für ſchönſte Sendungen, beſtes Behandlen,
feinſtes Wohlwollen, — roſa Antworten, auf’s höchſte! Auch
ich ſehe das Elend ein; und damit will ich noch prahlen:
wenigſtens zeigen, daß ich’s beſſer möchte, wie hätte!

Befehlen Ihro Durchlaucht über Mlle. Wilhelmine, über
Dore, über mich, wenn Sie irgend etwas von uns brauchen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0476" n="468"/>
rend begegnen; die Kinder la&#x017F;&#x017F;e ich bei Mlle. Wilhelmine,<lb/>
und &#x017F;ehe &#x017F;ie nur Viertel&#x017F;tunden lang. La&#x017F;&#x017F;en Ihro Durch-<lb/>
laucht Gnade für Recht ergehn; es i&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;chon &#x017F;o arg, daß<lb/>
ich Sie auch nicht ein bischen pflegen, unterhalten, oder Ih-<lb/>
nen etwas Erquickliches erzeigen kann, wie <hi rendition="#g">Sie mir</hi>; die<lb/>
Fremde der Hie&#x017F;igen! <hi rendition="#g">Ich</hi> müßte <hi rendition="#g">Ihnen</hi> Fa&#x017F;anen und Ana-<lb/>
nas &#x017F;chicken; vor&#x017F;chneiden, <hi rendition="#g">reichen</hi>, bereiten la&#x017F;&#x017F;en! <hi rendition="#g">Eine</hi><lb/>
Gnade bitte ich mir aus!! Be&#x017F;tellen &#x017F;ich Ihro Durchlaucht<lb/>
etwas in meiner Bürgerküche! <hi rendition="#g">Suppe</hi>. Sie &#x017F;oll <hi rendition="#g">gut</hi> &#x017F;ein.<lb/>
Nennen Sie &#x017F;ie nur. <hi rendition="#g">Fi&#x017F;che</hi>: die Dore &#x017F;ehr gut bereitet.<lb/>
Schü&#x017F;&#x017F;elfi&#x017F;che &#x2014; zum Bei&#x017F;piel &#x2014; mit Sardellen; <hi rendition="#g">vortreff-<lb/>
lich</hi>. Nennen Sie mir <hi rendition="#g">etwas</hi>! oder ich erkundige mich nach<lb/>
Ihrer Spei&#x017F;e&#x017F;tunde, und &#x017F;chicke ganz allein etwas. Bitte, bitte!</p><lb/>
            <p>Gewiß will, werde ich mich erholen; und klimme dann<lb/>
lang&#x017F;am Ihre Treppe hinauf. In einem großen, korridorrei-<lb/>
chen, &#x017F;chloßähnlichen, &#x017F;innigen Gebäude müßten Kolonieen fei-<lb/>
ner Leute zu&#x017F;ammen wohnen: alles geheizt, und erleuchtet;<lb/>
jedes Appartement mit einem Portier, das Ganze voller Be-<lb/>
&#x017F;cheidenheit und Wohlwollen, präparirter Lu&#x017F;t, und herrlich-<lb/>
&#x017F;ter Pflanzen. Bücher, In&#x017F;trumente; kluge Freiheit; und<lb/>
höch&#x017F;tens unpaß; nie krank. <hi rendition="#g">Dann</hi> wäre die Erde eine<lb/>
Station; wo &#x017F;ich&#x2019;s auf Beförderung warten ließe. Aber <hi rendition="#g">&#x017F;o</hi><lb/>
&#x2014; bekömmt man für &#x017F;chön&#x017F;te Sendungen, be&#x017F;tes Behandlen,<lb/>
fein&#x017F;tes Wohlwollen, &#x2014; ro&#x017F;a Antworten, auf&#x2019;s <hi rendition="#g">höch&#x017F;te</hi>! Auch<lb/>
ich &#x017F;ehe das Elend ein; und damit will ich noch prahlen:<lb/>
wenig&#x017F;tens zeigen, daß ich&#x2019;s be&#x017F;&#x017F;er möchte, <hi rendition="#g">wie</hi> hätte!</p><lb/>
            <p>Befehlen Ihro Durchlaucht über Mlle. Wilhelmine, über<lb/>
Dore, über mich, wenn Sie irgend <hi rendition="#g">etwas</hi> von uns brauchen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[468/0476] rend begegnen; die Kinder laſſe ich bei Mlle. Wilhelmine, und ſehe ſie nur Viertelſtunden lang. Laſſen Ihro Durch- laucht Gnade für Recht ergehn; es iſt ſo ſchon ſo arg, daß ich Sie auch nicht ein bischen pflegen, unterhalten, oder Ih- nen etwas Erquickliches erzeigen kann, wie Sie mir; die Fremde der Hieſigen! Ich müßte Ihnen Faſanen und Ana- nas ſchicken; vorſchneiden, reichen, bereiten laſſen! Eine Gnade bitte ich mir aus!! Beſtellen ſich Ihro Durchlaucht etwas in meiner Bürgerküche! Suppe. Sie ſoll gut ſein. Nennen Sie ſie nur. Fiſche: die Dore ſehr gut bereitet. Schüſſelfiſche — zum Beiſpiel — mit Sardellen; vortreff- lich. Nennen Sie mir etwas! oder ich erkundige mich nach Ihrer Speiſeſtunde, und ſchicke ganz allein etwas. Bitte, bitte! Gewiß will, werde ich mich erholen; und klimme dann langſam Ihre Treppe hinauf. In einem großen, korridorrei- chen, ſchloßähnlichen, ſinnigen Gebäude müßten Kolonieen fei- ner Leute zuſammen wohnen: alles geheizt, und erleuchtet; jedes Appartement mit einem Portier, das Ganze voller Be- ſcheidenheit und Wohlwollen, präparirter Luſt, und herrlich- ſter Pflanzen. Bücher, Inſtrumente; kluge Freiheit; und höchſtens unpaß; nie krank. Dann wäre die Erde eine Station; wo ſich’s auf Beförderung warten ließe. Aber ſo — bekömmt man für ſchönſte Sendungen, beſtes Behandlen, feinſtes Wohlwollen, — roſa Antworten, auf’s höchſte! Auch ich ſehe das Elend ein; und damit will ich noch prahlen: wenigſtens zeigen, daß ich’s beſſer möchte, wie hätte! Befehlen Ihro Durchlaucht über Mlle. Wilhelmine, über Dore, über mich, wenn Sie irgend etwas von uns brauchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/476
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/476>, abgerufen am 28.11.2024.