innen gewinnen. Leben und Tod ist dasselbe: hier ist nicht zu bleiben; sehen Sie nur die Deteriorirung an! Ambition muß man gar nicht haben: wie leicht reiset man dann! Durch- aus muß man nicht denken: ich bin der und der. Nichts bin ich. Ein Athem und Gewissensruhe bedürftiger Wurm. Hunger gestillt, und gesund! das hab' ich in großen Krank- heiten gelernt; wo mir Luft fehlte; und Essen und Trinken umsonst da war. Liebe für Andre, inkommodirt noch: und einen Punkt in der politischen Welt behaupten wollen. Dies weg: und wir sind rein Gott gegenüber: dies noch da: un- rein. Ich grüße Sie von Grund der Seele. Und bleibe ich dies Jahr leben, sehen wir uns künftiges. Wie kann ich jetzt noch nicht sagen. Schreiben Sie mir dann und wann. Schicken Sie Ihren Brief nur immer Hrn. von Gentz, der schickt ihn mir immer. Sie thun mir einen Gefallen, theures Kind! wenn Sie diesen, so wie er hier ist, einsieglen, und ihn Hrn. von Gentz zuschicken. -- Dem Grafen Mocenigo habe ich alles klüglich bestellt: grüße meinen theuren, immer gelieb- ten Freund für's erste hierdurch: und werde ihm mit erster Muße, und Stimmung antworten. Ich kann heute nicht dop- pelt schreiben, und er sieht wenigstens daraus wie es mit mir ist. Ihre treue Freundin R. -- Mlle. Gley will durchaus ei- nen Brief. Ludwig Robert reist Sonnabend mit der Schönen, und auch Guten, nach Baden für's erste Jahr. Betrübt mich. --
innen gewinnen. Leben und Tod iſt daſſelbe: hier iſt nicht zu bleiben; ſehen Sie nur die Deteriorirung an! Ambition muß man gar nicht haben: wie leicht reiſet man dann! Durch- aus muß man nicht denken: ich bin der und der. Nichts bin ich. Ein Athem und Gewiſſensruhe bedürftiger Wurm. Hunger geſtillt, und geſund! das hab’ ich in großen Krank- heiten gelernt; wo mir Luft fehlte; und Eſſen und Trinken umſonſt da war. Liebe für Andre, inkommodirt noch: und einen Punkt in der politiſchen Welt behaupten wollen. Dies weg: und wir ſind rein Gott gegenüber: dies noch da: un- rein. Ich grüße Sie von Grund der Seele. Und bleibe ich dies Jahr leben, ſehen wir uns künftiges. Wie kann ich jetzt noch nicht ſagen. Schreiben Sie mir dann und wann. Schicken Sie Ihren Brief nur immer Hrn. von Gentz, der ſchickt ihn mir immer. Sie thun mir einen Gefallen, theures Kind! wenn Sie dieſen, ſo wie er hier iſt, einſieglen, und ihn Hrn. von Gentz zuſchicken. — Dem Grafen Mocenigo habe ich alles klüglich beſtellt: grüße meinen theuren, immer gelieb- ten Freund für’s erſte hierdurch: und werde ihm mit erſter Muße, und Stimmung antworten. Ich kann heute nicht dop- pelt ſchreiben, und er ſieht wenigſtens daraus wie es mit mir iſt. Ihre treue Freundin R. — Mlle. Gley will durchaus ei- nen Brief. Ludwig Robert reiſt Sonnabend mit der Schönen, und auch Guten, nach Baden für’s erſte Jahr. Betrübt mich. —
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zu bleiben; ſehen Sie nur die Deteriorirung an! Ambition
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bin ich. Ein Athem und Gewiſſensruhe bedürftiger Wurm.
Hunger geſtillt, und geſund! das hab’ ich in großen Krank-
heiten gelernt; wo mir Luft fehlte; und Eſſen und Trinken
umſonſt da war. Liebe für Andre, inkommodirt noch: und
einen Punkt in der politiſchen Welt behaupten wollen. Dies
weg: und wir ſind rein Gott gegenüber: dies noch da: un-
rein. Ich grüße Sie von Grund der Seele. Und bleibe ich
dies Jahr leben, ſehen wir uns künftiges. Wie kann ich
jetzt noch nicht ſagen. Schreiben Sie mir dann und wann.
Schicken Sie Ihren Brief nur immer Hrn. von Gentz, der
ſchickt ihn mir immer. Sie thun mir einen Gefallen, theures
Kind! wenn Sie dieſen, ſo wie er hier iſt, einſieglen, und
ihn Hrn. von Gentz zuſchicken. — Dem Grafen Mocenigo habe
ich alles klüglich beſtellt: grüße meinen theuren, immer gelieb-
ten Freund für’s erſte hierdurch: und werde ihm mit erſter
Muße, und Stimmung antworten. Ich kann heute nicht dop-
pelt ſchreiben, und er ſieht wenigſtens daraus wie es mit mir
iſt. Ihre treue Freundin R. — Mlle. Gley will durchaus ei-
nen Brief. Ludwig Robert reiſt Sonnabend mit der Schönen,
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/514>, abgerufen am 22.11.2024.
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