schon stark. Juden geben in jeder Liste mit größerm Muthe. Eines ist gewiß gut: daß nämlich jetzt von Seiten der Stadt, des Gouvernements, der Kommissionen, richtig und streng auf die Reinlichkeit, die Lüftung, und Bekleidung der armen Klasse gesehn wird: es kommen täglich Leute, und sehen nach. Die Wirthe sind auch dazu verpflichtet. Bliebe dies auch in gesunden Tagen so! Es ist nicht wahr, daß die Wohlhaben- dern dazu nicht Zeit haben, tausend und tausend Frauen, und Männer, haben nichts anderes zu thun: und nicht nur seit jetzt denk' ich so. Aber sie sterben lieber vor langer Weile; und Unart aller Art, der Verschwendung, des Klatsches, und der Prahlerei. Überhaupt sollten Frauen das Armendirekto- rium sein; tausend Wittwen, und brave Frauen giebt's dazu: männliche Sergeanten dazu, zu Zwang, und Hülfe. Könnte man nicht, theurer Louis, dazu beitragen, daß es so würde: wenn man z. B. in der Allgemeinen Zeitung einen Artikel aus Berlin schriebe, daß es beschlossen ist; daß es so werden soll? Nicht das mit den Frauen vorerst: nur daß für der Ärmern Reinlichkeit, Beschäftigung und Kleidung auch in gesunden Tagen fortgesorgt werden würde, und dies der Ertrag, mensch- licherweise gesehen, von der schweren Prüfung sein soll! Mit Lob für die Berliner: einzige Weise, sie und andre anzufeu- ren. Du siehst, Gott ist uns gnädig, die Krankheit nimmt nicht sehr zu; mehrere, als bis jetzt, genesen. Gestern stand ein schöner Artikel in der Staatszeitung, aus Baden bei Wien, über das Übel. -- Da das Miasma in der Lust umherschleicht, so muß man sich welche präpariren; Fenster öffnen, wo man nicht ist: ist heiße Sonne, mit Essig sprengen von
ſchon ſtark. Juden geben in jeder Liſte mit größerm Muthe. Eines iſt gewiß gut: daß nämlich jetzt von Seiten der Stadt, des Gouvernements, der Kommiſſionen, richtig und ſtreng auf die Reinlichkeit, die Lüftung, und Bekleidung der armen Klaſſe geſehn wird: es kommen täglich Leute, und ſehen nach. Die Wirthe ſind auch dazu verpflichtet. Bliebe dies auch in geſunden Tagen ſo! Es iſt nicht wahr, daß die Wohlhaben- dern dazu nicht Zeit haben, tauſend und tauſend Frauen, und Männer, haben nichts anderes zu thun: und nicht nur ſeit jetzt denk’ ich ſo. Aber ſie ſterben lieber vor langer Weile; und Unart aller Art, der Verſchwendung, des Klatſches, und der Prahlerei. Überhaupt ſollten Frauen das Armendirekto- rium ſein; tauſend Wittwen, und brave Frauen giebt’s dazu: männliche Sergeanten dazu, zu Zwang, und Hülfe. Könnte man nicht, theurer Louis, dazu beitragen, daß es ſo würde: wenn man z. B. in der Allgemeinen Zeitung einen Artikel aus Berlin ſchriebe, daß es beſchloſſen iſt; daß es ſo werden ſoll? Nicht das mit den Frauen vorerſt: nur daß für der Ärmern Reinlichkeit, Beſchäftigung und Kleidung auch in geſunden Tagen fortgeſorgt werden würde, und dies der Ertrag, menſch- licherweiſe geſehen, von der ſchweren Prüfung ſein ſoll! Mit Lob für die Berliner: einzige Weiſe, ſie und andre anzufeu- ren. Du ſiehſt, Gott iſt uns gnädig, die Krankheit nimmt nicht ſehr zu; mehrere, als bis jetzt, geneſen. Geſtern ſtand ein ſchöner Artikel in der Staatszeitung, aus Baden bei Wien, über das Übel. — Da das Miasma in der Luſt umherſchleicht, ſo muß man ſich welche präpariren; Fenſter öffnen, wo man nicht iſt: iſt heiße Sonne, mit Eſſig ſprengen von
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ſchon ſtark. Juden geben in jeder Liſte mit größerm Muthe.
Eines iſt gewiß gut: daß nämlich jetzt von Seiten der Stadt,
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die Reinlichkeit, die Lüftung, und Bekleidung der armen
Klaſſe geſehn wird: es kommen täglich Leute, und ſehen nach.
Die Wirthe ſind auch dazu verpflichtet. Bliebe dies auch in
geſunden Tagen ſo! Es iſt nicht wahr, daß die Wohlhaben-
dern dazu nicht Zeit haben, tauſend und tauſend Frauen, und
Männer, haben nichts anderes zu thun: und nicht nur ſeit
jetzt denk’ ich ſo. Aber ſie ſterben lieber vor langer Weile;
und Unart aller Art, der Verſchwendung, des Klatſches, und
der Prahlerei. Überhaupt ſollten Frauen das Armendirekto-
rium ſein; tauſend Wittwen, und brave Frauen giebt’s dazu:
männliche Sergeanten dazu, zu Zwang, und Hülfe. Könnte
man nicht, theurer Louis, dazu beitragen, daß es ſo würde:
wenn man z. B. in der Allgemeinen Zeitung einen Artikel aus
Berlin ſchriebe, daß es beſchloſſen iſt; daß es ſo werden ſoll?
Nicht das mit den Frauen vorerſt: nur daß für der Ärmern
Reinlichkeit, Beſchäftigung und Kleidung auch in geſunden
Tagen fortgeſorgt werden würde, und dies der Ertrag, menſch-
licherweiſe geſehen, von der ſchweren Prüfung ſein ſoll! Mit
Lob für die Berliner: einzige Weiſe, ſie und andre anzufeu-
ren. Du ſiehſt, Gott iſt uns gnädig, die Krankheit nimmt
nicht ſehr zu; mehrere, als bis jetzt, geneſen. Geſtern ſtand
ein ſchöner Artikel in der Staatszeitung, aus Baden bei Wien,
über das Übel. — Da das Miasma in der Luſt umherſchleicht,
ſo muß man ſich welche präpariren; Fenſter öffnen, wo
man nicht iſt: iſt heiße Sonne, mit Eſſig ſprengen von
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/532>, abgerufen am 22.11.2024.
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