aus wirklichen Briefen; manches gedruckt -- steht zu Be- fehl. -- Daß all diesem eine ununterbrochene, junge, und alt- gewordene Selbstthätigkeit zum Grunde liegt, kann Ihnen nicht entgehn; der Sie auch ein fleißiger Bauer -- cultiva- teur -- sind; nur ermessen Sie, wie es mir bei meinen Näch- sten vorkommen muß, die von je her, bei jeder einzelnen Äu- ßerung machen, als hätte ich rein nichts, oder Willkürliches, oder Unsinn, oder nur Mißwilliges gesagt: die gar nicht mer- ken, wenn ihnen etwas Neues entgegen kommt; sich in Er- ziehung, Sittlichkeit, Kunst, und Leben aller Art, lächelnd mir voraus glauben; und nur im leeren Ganzen nicht abläugnen, ich sei eine kluge Frau, oder geistvoll. Wäre das hier persönlich gemeint; nämlich, daß ich mehr geschätzt sein will; so werden Sie glauben, daß ich klug genug wäre, mich dessen Äußerung hier, schriftlich, und überlegt, enthalten zu können. Daß aber Gedanken, Behauptungen, Beweise keinen Eingang finden, wenn man sich doch Einmal auf die Bahn stellt, wo sie geführt werden, ist nicht zeitslebens auszuhalten: noch sich zu stellen, als ob abgedroschenste Trivialitäten uns unterrichteten. Dies diene zum Verständ- niß, und zur Entschuldigung manches Zorns, wo er nicht er- scheinen sollte! Antworten Sie mir ja nicht! während Ih- rer Arbeitstunden! Und geben Sie diese Hefte nicht aus den Händen! Ich habe keine andre. Und sehen Sie die Taglioni wieder, so geben Sie Acht: comme elle fait main; et meme doigts. -- Sans rancune quelconque.
Adieu. F. V.
aus wirklichen Briefen; manches gedruckt — ſteht zu Be- fehl. — Daß all dieſem eine ununterbrochene, junge, und alt- gewordene Selbſtthätigkeit zum Grunde liegt, kann Ihnen nicht entgehn; der Sie auch ein fleißiger Bauer — cultiva- teur — ſind; nur ermeſſen Sie, wie es mir bei meinen Näch- ſten vorkommen muß, die von je her, bei jeder einzelnen Äu- ßerung machen, als hätte ich rein nichts, oder Willkürliches, oder Unſinn, oder nur Mißwilliges geſagt: die gar nicht mer- ken, wenn ihnen etwas Neues entgegen kommt; ſich in Er- ziehung, Sittlichkeit, Kunſt, und Leben aller Art, lächelnd mir voraus glauben; und nur im leeren Ganzen nicht abläugnen, ich ſei eine kluge Frau, oder geiſtvoll. Wäre das hier perſönlich gemeint; nämlich, daß ich mehr geſchätzt ſein will; ſo werden Sie glauben, daß ich klug genug wäre, mich deſſen Äußerung hier, ſchriftlich, und überlegt, enthalten zu können. Daß aber Gedanken, Behauptungen, Beweiſe keinen Eingang finden, wenn man ſich doch Einmal auf die Bahn ſtellt, wo ſie geführt werden, iſt nicht zeitslebens auszuhalten: noch ſich zu ſtellen, als ob abgedroſchenſte Trivialitäten uns unterrichteten. Dies diene zum Verſtänd- niß, und zur Entſchuldigung manches Zorns, wo er nicht er- ſcheinen ſollte! Antworten Sie mir ja nicht! während Ih- rer Arbeitſtunden! Und geben Sie dieſe Hefte nicht aus den Händen! Ich habe keine andre. Und ſehen Sie die Taglioni wieder, ſo geben Sie Acht: comme elle fait main; et même doigts. — Sans rancune quelconque.
Adieu. F. V.
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aus wirklichen Briefen; manches gedruckt — ſteht zu Be-
fehl. — Daß all dieſem eine ununterbrochene, junge, und alt-
gewordene Selbſtthätigkeit zum Grunde liegt, kann Ihnen
nicht entgehn; der Sie auch ein fleißiger Bauer — cultiva-
teur — ſind; nur ermeſſen Sie, wie es mir bei meinen Näch-
ſten vorkommen muß, die von je her, bei jeder einzelnen Äu-
ßerung machen, als hätte ich rein nichts, oder Willkürliches,
oder Unſinn, oder nur Mißwilliges geſagt: die gar nicht mer-
ken, wenn ihnen etwas Neues entgegen kommt; ſich in Er-
ziehung, Sittlichkeit, Kunſt, und Leben aller Art, lächelnd
mir voraus glauben; und nur im leeren Ganzen nicht
abläugnen, ich ſei eine kluge Frau, oder geiſtvoll. Wäre
das hier perſönlich gemeint; nämlich, daß ich mehr geſchätzt
ſein will; ſo werden Sie glauben, daß ich klug genug wäre,
mich deſſen Äußerung hier, ſchriftlich, und überlegt, enthalten
zu können. Daß aber Gedanken, Behauptungen, Beweiſe
keinen Eingang finden, wenn man ſich doch Einmal auf die
Bahn ſtellt, wo ſie geführt werden, iſt nicht zeitslebens
auszuhalten: noch ſich zu ſtellen, als ob abgedroſchenſte
Trivialitäten uns unterrichteten. Dies diene zum Verſtänd-
niß, und zur Entſchuldigung manches Zorns, wo er nicht er-
ſcheinen ſollte! Antworten Sie mir ja nicht! während Ih-
rer Arbeitſtunden! Und geben Sie dieſe Hefte nicht aus den
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/582>, abgerufen am 24.11.2024.
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