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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

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kanntschaft wünschte, bey welcher Gelegenheit
ich ihn zuerst gesehen, und welche Hoffnung
ich gleich beym ersten Anblick von ihm gefaßt
habe; zugleich machte ich ihn mit meiner gan-
zen Lage bekannt. Er nahm auf der Stelle
den wärmsten Antheil an meiner Noth, be-
klagte mich, versprach mir seine Hülfe und
seinen Rath in allem, was ich unternehmen
wollte, und gewann mein ganzes Herz durch
sein edles Wesen. Er bestärkte mich in mei-
nem Vorsatz, mich muthig zu widersetzen,
vorher aber sollte ich zu erlangen suchen, daß
wir freundschaftlich zusammen umgehen könn-
ten. Wir trennten uns, da ich die Stimmen
der Uebrigen vernahm, mit dem gegenseiti-
gen Versprechen, uns bald wieder zu sehen.

Jch hatte neuen Muth durch diese Be-
kanntschaft gewonnen; und die erste Wirkung
davon war die, mich nicht ferner zu verstellen;
jetzt verachtete ich meine Unterdrücker mehr,
als ich sie fürchtete.

Den andern Morgen sagte ich dem Pa-
ter in einer ordentlichen Anrede: ich dankte

kanntſchaft wuͤnſchte, bey welcher Gelegenheit
ich ihn zuerſt geſehen, und welche Hoffnung
ich gleich beym erſten Anblick von ihm gefaßt
habe; zugleich machte ich ihn mit meiner gan-
zen Lage bekannt. Er nahm auf der Stelle
den waͤrmſten Antheil an meiner Noth, be-
klagte mich, verſprach mir ſeine Huͤlfe und
ſeinen Rath in allem, was ich unternehmen
wollte, und gewann mein ganzes Herz durch
ſein edles Weſen. Er beſtaͤrkte mich in mei-
nem Vorſatz, mich muthig zu widerſetzen,
vorher aber ſollte ich zu erlangen ſuchen, daß
wir freundſchaftlich zuſammen umgehen koͤnn-
ten. Wir trennten uns, da ich die Stimmen
der Uebrigen vernahm, mit dem gegenſeiti-
gen Verſprechen, uns bald wieder zu ſehen.

Jch hatte neuen Muth durch dieſe Be-
kanntſchaft gewonnen; und die erſte Wirkung
davon war die, mich nicht ferner zu verſtellen;
jetzt verachtete ich meine Unterdruͤcker mehr,
als ich ſie fuͤrchtete.

Den andern Morgen ſagte ich dem Pa-
ter in einer ordentlichen Anrede: ich dankte

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[114/0122] kanntſchaft wuͤnſchte, bey welcher Gelegenheit ich ihn zuerſt geſehen, und welche Hoffnung ich gleich beym erſten Anblick von ihm gefaßt habe; zugleich machte ich ihn mit meiner gan- zen Lage bekannt. Er nahm auf der Stelle den waͤrmſten Antheil an meiner Noth, be- klagte mich, verſprach mir ſeine Huͤlfe und ſeinen Rath in allem, was ich unternehmen wollte, und gewann mein ganzes Herz durch ſein edles Weſen. Er beſtaͤrkte mich in mei- nem Vorſatz, mich muthig zu widerſetzen, vorher aber ſollte ich zu erlangen ſuchen, daß wir freundſchaftlich zuſammen umgehen koͤnn- ten. Wir trennten uns, da ich die Stimmen der Uebrigen vernahm, mit dem gegenſeiti- gen Verſprechen, uns bald wieder zu ſehen. Jch hatte neuen Muth durch dieſe Be- kanntſchaft gewonnen; und die erſte Wirkung davon war die, mich nicht ferner zu verſtellen; jetzt verachtete ich meine Unterdruͤcker mehr, als ich ſie fuͤrchtete. Den andern Morgen ſagte ich dem Pa- ter in einer ordentlichen Anrede: ich dankte

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Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/122>, abgerufen am 09.11.2024.