du in deiner Unvernunft und demüthigen Ge- nügsamkeit ein glückliches Thier bist." --
Er ließ den Kopf des Schimmels, und stand gedankenvoll eine Weile an ihn gelehnt. Sein Auge schweifte umher, bald beschaute es die ihn noch umgebenden Gegenstände mit dem innigsten Vergnügen, bald drang es mit Sehnsucht in die Ferne. Es gab für ihn Momente, wo er sich keines drü- ckenden und keines vergangnen Verhältnis- ses bewußt war. Jhm war, besonders in der Einsamkeit und im Freyen, als hätte er alles, was ihm jemals weh gethan, zu- rückgelassen, und ginge nun einer heitern Aussicht entgegen. Er konnte sich einbilden, vor einem Augenblicke gestorben, und mit dieser bessern Empfindung in ein schöneres. Daseyn übergegangen zu seyn. --
"Welche sehnende, ahndende Hoffnung treibt mich wieder zu euch Menschen? war- um ergebe ich mich denn aufs neue euren unsinnigen Anstalten? Jst es mir denn nicht bekannt, daß ich dessen, was ich bey euch
du in deiner Unvernunft und demuͤthigen Ge- nuͤgſamkeit ein gluͤckliches Thier biſt.‟ —
Er ließ den Kopf des Schimmels, und ſtand gedankenvoll eine Weile an ihn gelehnt. Sein Auge ſchweifte umher, bald beſchaute es die ihn noch umgebenden Gegenſtaͤnde mit dem innigſten Vergnuͤgen, bald drang es mit Sehnſucht in die Ferne. Es gab fuͤr ihn Momente, wo er ſich keines druͤ- ckenden und keines vergangnen Verhaͤltniſ- ſes bewußt war. Jhm war, beſonders in der Einſamkeit und im Freyen, als haͤtte er alles, was ihm jemals weh gethan, zu- ruͤckgelaſſen, und ginge nun einer heitern Ausſicht entgegen. Er konnte ſich einbilden, vor einem Augenblicke geſtorben, und mit dieſer beſſern Empfindung in ein ſchoͤneres. Daſeyn uͤbergegangen zu ſeyn. —
„Welche ſehnende, ahndende Hoffnung treibt mich wieder zu euch Menſchen? war- um ergebe ich mich denn aufs neue euren unſinnigen Anſtalten? Jſt es mir denn nicht bekannt, daß ich deſſen, was ich bey euch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0015"n="7"/>
du in deiner Unvernunft und demuͤthigen Ge-<lb/>
nuͤgſamkeit ein gluͤckliches Thier biſt.‟—</p><lb/><p>Er ließ den Kopf des Schimmels, und<lb/>ſtand gedankenvoll eine Weile an ihn gelehnt.<lb/>
Sein Auge ſchweifte umher, bald beſchaute<lb/>
es die ihn noch umgebenden Gegenſtaͤnde mit<lb/>
dem innigſten Vergnuͤgen, bald drang<lb/>
es mit Sehnſucht in die Ferne. Es gab<lb/>
fuͤr ihn Momente, wo er ſich keines druͤ-<lb/>
ckenden und keines vergangnen Verhaͤltniſ-<lb/>ſes bewußt war. Jhm war, beſonders in<lb/>
der Einſamkeit und im Freyen, als haͤtte<lb/>
er alles, was ihm jemals weh gethan, zu-<lb/>
ruͤckgelaſſen, und ginge nun einer heitern<lb/>
Ausſicht entgegen. Er konnte ſich einbilden,<lb/>
vor einem Augenblicke geſtorben, und mit<lb/>
dieſer beſſern Empfindung in ein ſchoͤneres.<lb/>
Daſeyn uͤbergegangen zu ſeyn. —</p><lb/><p>„Welche ſehnende, ahndende Hoffnung<lb/>
treibt mich wieder zu euch Menſchen? war-<lb/>
um ergebe ich mich denn aufs neue euren<lb/>
unſinnigen Anſtalten? Jſt es mir denn nicht<lb/>
bekannt, daß ich deſſen, was ich bey euch<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[7/0015]
du in deiner Unvernunft und demuͤthigen Ge-
nuͤgſamkeit ein gluͤckliches Thier biſt.‟ —
Er ließ den Kopf des Schimmels, und
ſtand gedankenvoll eine Weile an ihn gelehnt.
Sein Auge ſchweifte umher, bald beſchaute
es die ihn noch umgebenden Gegenſtaͤnde mit
dem innigſten Vergnuͤgen, bald drang
es mit Sehnſucht in die Ferne. Es gab
fuͤr ihn Momente, wo er ſich keines druͤ-
ckenden und keines vergangnen Verhaͤltniſ-
ſes bewußt war. Jhm war, beſonders in
der Einſamkeit und im Freyen, als haͤtte
er alles, was ihm jemals weh gethan, zu-
ruͤckgelaſſen, und ginge nun einer heitern
Ausſicht entgegen. Er konnte ſich einbilden,
vor einem Augenblicke geſtorben, und mit
dieſer beſſern Empfindung in ein ſchoͤneres.
Daſeyn uͤbergegangen zu ſeyn. —
„Welche ſehnende, ahndende Hoffnung
treibt mich wieder zu euch Menſchen? war-
um ergebe ich mich denn aufs neue euren
unſinnigen Anſtalten? Jſt es mir denn nicht
bekannt, daß ich deſſen, was ich bey euch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/15>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.