Nachvicht darüber ertheilen. Unterdessen sollte ich der würdigsten Eltern mich würdig machen.
Jch hatte eine große Freude über den Brief meines Manfredi, denn außer diesen Nachrichten fand ich die schönsten Beweise von der Fortdauer seiner Liebe und einige freundliche Vorschläge, uns wieder zu sehen. Auch der väterliche Ton des Marchese freute und beruhigte mich; doch war es, als ob ir- gend ein Geist mich abhielt, mich, wie ich gekonnt hätte, ganz seiner Sorge zu überlas- sen, und seinem gutgemeinten Rath zu fol- gen. Es widerstrebte etwas in mir der Noth- wendigkeit, einen regelmäßigen Stand und ein Amt zu bekleiden, es war mir nicht be- stimmt, auch fühlte ich selbst mich nicht dazu gestimmt. Zwar nahm ich mir vor, Man- fredi aufzusuchen, um bey demselben Regi- mente, wobey er stand, wo möglich Dienste zu nehmen, und ich schrieb es ihm, aber die Ausführung dieses vernünftigen Plans schob ich immer weiter hinaus. Bald wollte ich dieß
Nachvicht daruͤber ertheilen. Unterdeſſen ſollte ich der wuͤrdigſten Eltern mich wuͤrdig machen.
Jch hatte eine große Freude uͤber den Brief meines Manfredi, denn außer dieſen Nachrichten fand ich die ſchoͤnſten Beweiſe von der Fortdauer ſeiner Liebe und einige freundliche Vorſchlaͤge, uns wieder zu ſehen. Auch der vaͤterliche Ton des Marcheſe freute und beruhigte mich; doch war es, als ob ir- gend ein Geiſt mich abhielt, mich, wie ich gekonnt haͤtte, ganz ſeiner Sorge zu uͤberlaſ- ſen, und ſeinem gutgemeinten Rath zu fol- gen. Es widerſtrebte etwas in mir der Noth- wendigkeit, einen regelmaͤßigen Stand und ein Amt zu bekleiden, es war mir nicht be- ſtimmt, auch fuͤhlte ich ſelbſt mich nicht dazu geſtimmt. Zwar nahm ich mir vor, Man- fredi aufzuſuchen, um bey demſelben Regi- mente, wobey er ſtand, wo moͤglich Dienſte zu nehmen, und ich ſchrieb es ihm, aber die Ausfuͤhrung dieſes vernuͤnftigen Plans ſchob ich immer weiter hinaus. Bald wollte ich dieß
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Nachvicht daruͤber ertheilen. Unterdeſſen ſollte
ich der wuͤrdigſten Eltern mich wuͤrdig machen.
Jch hatte eine große Freude uͤber den
Brief meines Manfredi, denn außer dieſen
Nachrichten fand ich die ſchoͤnſten Beweiſe
von der Fortdauer ſeiner Liebe und einige
freundliche Vorſchlaͤge, uns wieder zu ſehen.
Auch der vaͤterliche Ton des Marcheſe freute
und beruhigte mich; doch war es, als ob ir-
gend ein Geiſt mich abhielt, mich, wie ich
gekonnt haͤtte, ganz ſeiner Sorge zu uͤberlaſ-
ſen, und ſeinem gutgemeinten Rath zu fol-
gen. Es widerſtrebte etwas in mir der Noth-
wendigkeit, einen regelmaͤßigen Stand und
ein Amt zu bekleiden, es war mir nicht be-
ſtimmt, auch fuͤhlte ich ſelbſt mich nicht dazu
geſtimmt. Zwar nahm ich mir vor, Man-
fredi aufzuſuchen, um bey demſelben Regi-
mente, wobey er ſtand, wo moͤglich Dienſte
zu nehmen, und ich ſchrieb es ihm, aber die
Ausfuͤhrung dieſes vernuͤnftigen Plans ſchob
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/163>, abgerufen am 09.11.2024.
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