[er]ziehen, wie ich für sein Glück forgen, und wie ich in diesem Kinde erst meine Kindheit ge- nießen wollte, die mir selbst so getrübt worden war. Was ich von Konntnissen befaß, suchte ich zu ordnen und fest zu halten, um es dann nützen zu können, dabey strengte ich mich mehr als gewöhnlich an, immer neue zu sammeln. Meine Einkünfte, um die ich mich sonst nie bekümt mert hatte, berechnete ich jetzt mit großer Ge- nauigkeit; jedes Goldstück, das ich beyseite legen konnte, erhielt im voraus seine Bestim mung zum Besten des Ankömmlings. Lange Reden hielt ich an die Mutter, als sie mit eini- gen Einschränkungen unzufrieden war, die ich einführen wollte, in denen ich ihr Sinn für ihre neue große Würde zu geben versuchte. Jch merkte es nicht in meinem Eifer, daß sie sie mit großem Leichtsinn aufnahm. Einigemal war ich gegen meine Freunde, die sich eines Lächelns und leichten Spottes über meinen gut müthigen Enthusiasmus nicht enthalten konn- ten, ernsthaft aufgebracht: sie schwingen und sahen mir gelassen zu. Kein rauhes Lüftchen
Florentin. 1. 12
[er]ziehen, wie ich fuͤr ſein Gluͤck forgen, und wie ich in dieſem Kinde erſt meine Kindheit ge- nießen wollte, die mir ſelbſt ſo getruͤbt worden war. Was ich von Konntniſſen befaß, ſuchte ich zu ordnen und feſt zu halten, um es dann nuͤtzen zu koͤnnen, dabey ſtrengte ich mich mehr als gewoͤhnlich an, immer neue zu ſammeln. Meine Einkuͤnfte, um die ich mich ſonſt nie bekuͤmt mert hatte, berechnete ich jetzt mit großer Ge- nauigkeit; jedes Goldſtuͤck, das ich beyſeite legen konnte, erhielt im voraus ſeine Beſtim mung zum Beſten des Ankoͤmmlings. Lange Reden hielt ich an die Mutter, als ſie mit eini- gen Einſchraͤnkungen unzufrieden war, die ich einfuͤhren wollte, in denen ich ihr Sinn fuͤr ihre neue große Wuͤrde zu geben verſuchte. Jch merkte es nicht in meinem Eifer, daß ſie ſie mit großem Leichtſinn aufnahm. Einigemal war ich gegen meine Freunde, die ſich eines Laͤchelns und leichten Spottes uͤber meinen gut muͤthigen Enthuſiasmus nicht enthalten konn- ten, ernſthaft aufgebracht: ſie ſchwingen und ſahen mir gelaſſen zu. Kein rauhes Luͤftchen
Florentin. 1. 12
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erziehen, wie ich fuͤr ſein Gluͤck forgen, und
wie ich in dieſem Kinde erſt meine Kindheit ge-
nießen wollte, die mir ſelbſt ſo getruͤbt worden
war. Was ich von Konntniſſen befaß, ſuchte
ich zu ordnen und feſt zu halten, um es dann
nuͤtzen zu koͤnnen, dabey ſtrengte ich mich mehr als
gewoͤhnlich an, immer neue zu ſammeln. Meine
Einkuͤnfte, um die ich mich ſonſt nie bekuͤmt
mert hatte, berechnete ich jetzt mit großer Ge-
nauigkeit; jedes Goldſtuͤck, das ich beyſeite
legen konnte, erhielt im voraus ſeine Beſtim
mung zum Beſten des Ankoͤmmlings. Lange
Reden hielt ich an die Mutter, als ſie mit eini-
gen Einſchraͤnkungen unzufrieden war, die ich
einfuͤhren wollte, in denen ich ihr Sinn fuͤr
ihre neue große Wuͤrde zu geben verſuchte. Jch
merkte es nicht in meinem Eifer, daß ſie ſie
mit großem Leichtſinn aufnahm. Einigemal
war ich gegen meine Freunde, die ſich eines
Laͤchelns und leichten Spottes uͤber meinen gut
muͤthigen Enthuſiasmus nicht enthalten konn-
ten, ernſthaft aufgebracht: ſie ſchwingen und
ſahen mir gelaſſen zu. Kein rauhes Luͤftchen
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/185>, abgerufen am 06.10.2024.
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