Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

Aufführung geschehen sey; ich müßte mich also
schon längst verdächtig gemacht haben. --

Denkt euch! denkt euch diesen Abgrund von
Absurdität! Es lag mir nichts daran, mich zu
vertheidigen, ich hätte es leicht gekonnt. Es
war mit gleichgültig, wo ich lebte, Jtalien
war mir aber verhaßt. Jch verließ Rom noch
in derselben Stunde. Weil ich die Bewegung
des Fahrens nicht ertragen konnte, ging ich zu
Fuß nach Civita Vecchia, einige von meinen
guten Gefährten gingen mit mir bis dahin-
Hier schiffte ich mich nach Marseille ein. Dort
war die Luft, und die ruhige Einförmigkeit mei-
nes Lebens, meiner Gesundheit so zuträglich,
daß ich in einigen Monaten wieder völlig herge-
stellt war. Auf wiederholte Briefe an Man-
fredi bekam ich keine Antwort. Jn der Folge
erfuhr ich, daß sein Regiment die Garnison ver-
ändert habe, und meine Briefe wahrscheinlich
nicht an ihn gelangt waren. Damals glaubte
ich aber zu meinem tiefsten Schmerz, er habe
sich von mir gewandt. Jch schrieb dieß dem
Marchese zu, der wahrscheinlich den Nachrich-

Auffuͤhrung geſchehen ſey; ich muͤßte mich alſo
ſchon laͤngſt verdaͤchtig gemacht haben. —

Denkt euch! denkt euch dieſen Abgrund von
Abſurditaͤt! Es lag mir nichts daran, mich zu
vertheidigen, ich haͤtte es leicht gekonnt. Es
war mit gleichguͤltig, wo ich lebte, Jtalien
war mir aber verhaßt. Jch verließ Rom noch
in derſelben Stunde. Weil ich die Bewegung
des Fahrens nicht ertragen konnte, ging ich zu
Fuß nach Civita Vecchia, einige von meinen
guten Gefaͤhrten gingen mit mir bis dahin-
Hier ſchiffte ich mich nach Marſeille ein. Dort
war die Luft, und die ruhige Einfoͤrmigkeit mei-
nes Lebens, meiner Geſundheit ſo zutraͤglich,
daß ich in einigen Monaten wieder voͤllig herge-
ſtellt war. Auf wiederholte Briefe an Man-
fredi bekam ich keine Antwort. Jn der Folge
erfuhr ich, daß ſein Regiment die Garniſon ver-
aͤndert habe, und meine Briefe wahrſcheinlich
nicht an ihn gelangt waren. Damals glaubte
ich aber zu meinem tiefſten Schmerz, er habe
ſich von mir gewandt. Jch ſchrieb dieß dem
Marcheſe zu, der wahrſcheinlich den Nachrich-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0191" n="183"/>
Auffu&#x0364;hrung ge&#x017F;chehen &#x017F;ey; ich mu&#x0364;ßte mich al&#x017F;o<lb/>
&#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t verda&#x0364;chtig gemacht haben. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Denkt euch! denkt euch die&#x017F;en Abgrund von<lb/>
Ab&#x017F;urdita&#x0364;t! Es lag mir nichts daran, mich zu<lb/>
vertheidigen, ich ha&#x0364;tte es leicht gekonnt. Es<lb/>
war mit gleichgu&#x0364;ltig, wo ich lebte, Jtalien<lb/>
war mir aber verhaßt. Jch verließ Rom noch<lb/>
in der&#x017F;elben Stunde. Weil ich die Bewegung<lb/>
des Fahrens nicht ertragen konnte, ging ich zu<lb/>
Fuß nach Civita Vecchia, einige von meinen<lb/>
guten Gefa&#x0364;hrten gingen mit mir bis dahin-<lb/>
Hier &#x017F;chiffte ich mich nach Mar&#x017F;eille ein. Dort<lb/>
war die Luft, und die ruhige Einfo&#x0364;rmigkeit mei-<lb/>
nes Lebens, meiner Ge&#x017F;undheit &#x017F;o zutra&#x0364;glich,<lb/>
daß ich in einigen Monaten wieder vo&#x0364;llig herge-<lb/>
&#x017F;tellt war. Auf wiederholte Briefe an Man-<lb/>
fredi bekam ich keine Antwort. Jn der Folge<lb/>
erfuhr ich, daß &#x017F;ein Regiment die Garni&#x017F;on ver-<lb/>
a&#x0364;ndert habe, und meine Briefe wahr&#x017F;cheinlich<lb/>
nicht an ihn gelangt waren. Damals glaubte<lb/>
ich aber zu meinem tief&#x017F;ten Schmerz, er habe<lb/>
&#x017F;ich von mir gewandt. Jch &#x017F;chrieb dieß dem<lb/>
Marche&#x017F;e zu, der wahr&#x017F;cheinlich den Nachrich-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0191] Auffuͤhrung geſchehen ſey; ich muͤßte mich alſo ſchon laͤngſt verdaͤchtig gemacht haben. — Denkt euch! denkt euch dieſen Abgrund von Abſurditaͤt! Es lag mir nichts daran, mich zu vertheidigen, ich haͤtte es leicht gekonnt. Es war mit gleichguͤltig, wo ich lebte, Jtalien war mir aber verhaßt. Jch verließ Rom noch in derſelben Stunde. Weil ich die Bewegung des Fahrens nicht ertragen konnte, ging ich zu Fuß nach Civita Vecchia, einige von meinen guten Gefaͤhrten gingen mit mir bis dahin- Hier ſchiffte ich mich nach Marſeille ein. Dort war die Luft, und die ruhige Einfoͤrmigkeit mei- nes Lebens, meiner Geſundheit ſo zutraͤglich, daß ich in einigen Monaten wieder voͤllig herge- ſtellt war. Auf wiederholte Briefe an Man- fredi bekam ich keine Antwort. Jn der Folge erfuhr ich, daß ſein Regiment die Garniſon ver- aͤndert habe, und meine Briefe wahrſcheinlich nicht an ihn gelangt waren. Damals glaubte ich aber zu meinem tiefſten Schmerz, er habe ſich von mir gewandt. Jch ſchrieb dieß dem Marcheſe zu, der wahrſcheinlich den Nachrich-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/191
Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/191>, abgerufen am 09.11.2024.