genommen, und lebte nun auf seinen Gü- tern, wo er Oekonomie trieb, seine Besitz- thümer verbessern, und seine Bauern auf- klären wollte: zu dem Ende las er alles, was in diesem Fache geschrieben ward, und versuchte alle Menschenfreundlichkeit lehrende Theorieen zu realisiren. Da er nun den größ- ten Theil seines Lebens sich mit Jdeen ganz anderer Art beschäftiget hatte, so konnte es nicht fehlen, daß er alles falsch anfing, sei- ne oft gute Absicht verfehlte, und sich nur selten nützlich, desto häufiger hingegen lä- cherlich machte. Da seine Verbesserungen gewöhnlich mehr darauf hinausgingen, ihn zu bereichern, als wie er vorgab das Gute wirklich gemeinnützig zu machen, und er bey allen Vorkehrungen, die er traf, seine Bauern zu bilden, sich doch niemals vor- stellte, daß sie klug genug wären, seine ei- gentliche Absicht einzusehen, und aus eben dem Grunde nicht allein sie nicht beförder- ten, sondern ihr auch noch auf alle ersinn- liche Weise entgegenarbeiteten, so lebte er in
genommen, und lebte nun auf ſeinen Guͤ- tern, wo er Oekonomie trieb, ſeine Beſitz- thuͤmer verbeſſern, und ſeine Bauern auf- klaͤren wollte: zu dem Ende las er alles, was in dieſem Fache geſchrieben ward, und verſuchte alle Menſchenfreundlichkeit lehrende Theorieen zu realiſiren. Da er nun den groͤß- ten Theil ſeines Lebens ſich mit Jdeen ganz anderer Art beſchaͤftiget hatte, ſo konnte es nicht fehlen, daß er alles falſch anfing, ſei- ne oft gute Abſicht verfehlte, und ſich nur ſelten nuͤtzlich, deſto haͤufiger hingegen laͤ- cherlich machte. Da ſeine Verbeſſerungen gewoͤhnlich mehr darauf hinausgingen, ihn zu bereichern, als wie er vorgab das Gute wirklich gemeinnuͤtzig zu machen, und er bey allen Vorkehrungen, die er traf, ſeine Bauern zu bilden, ſich doch niemals vor- ſtellte, daß ſie klug genug waͤren, ſeine ei- gentliche Abſicht einzuſehen, und aus eben dem Grunde nicht allein ſie nicht befoͤrder- ten, ſondern ihr auch noch auf alle erſinn- liche Weiſe entgegenarbeiteten, ſo lebte er in
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genommen, und lebte nun auf ſeinen Guͤ-
tern, wo er Oekonomie trieb, ſeine Beſitz-
thuͤmer verbeſſern, und ſeine Bauern auf-
klaͤren wollte: zu dem Ende las er alles,
was in dieſem Fache geſchrieben ward, und
verſuchte alle Menſchenfreundlichkeit lehrende
Theorieen zu realiſiren. Da er nun den groͤß-
ten Theil ſeines Lebens ſich mit Jdeen ganz
anderer Art beſchaͤftiget hatte, ſo konnte es
nicht fehlen, daß er alles falſch anfing, ſei-
ne oft gute Abſicht verfehlte, und ſich nur
ſelten nuͤtzlich, deſto haͤufiger hingegen laͤ-
cherlich machte. Da ſeine Verbeſſerungen
gewoͤhnlich mehr darauf hinausgingen, ihn
zu bereichern, als wie er vorgab das Gute
wirklich gemeinnuͤtzig zu machen, und er
bey allen Vorkehrungen, die er traf, ſeine
Bauern zu bilden, ſich doch niemals vor-
ſtellte, daß ſie klug genug waͤren, ſeine ei-
gentliche Abſicht einzuſehen, und aus eben
dem Grunde nicht allein ſie nicht befoͤrder-
ten, ſondern ihr auch noch auf alle erſinn-
liche Weiſe entgegenarbeiteten, ſo lebte er in
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/270>, abgerufen am 24.11.2024.
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