Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

lieben, ohne der Freund der Geliebten zu
seyn?

Aber, was ihm nur fehlen mag? er ist
nicht allein besorgt und nachdenklich, wie ich
es bin; er ist traurig, voll Mißmuth bis zur
ungerechten Klage: "ich liebe ihn nicht so,
wie er hoffte, von mir geliebt zu seyn." Jch
weiß seine Zweifel nicht zu beruhigen, und
meine eigne Unruhe wird immer größer.
Vielleicht zerstreut sich dieser Nebel um uns,
wenn wir erst in Ruhe uns selber werden le-
ben, wenn erst der Lärm, die Wichtigkeit, die
Feyerlichkeiten vorüber sind.

Jch hätte vielleicht größers Recht zu kla-
gen, als Eduard, daß ihn nicht so ganz ge-
nügt an seiner Freundin, daß er noch eines
Freundes zu seinem Glücke bedarf. Jetzt
wünschte ich aber selbst so sehr als er, daß
Florentin bey uns bleiben möchte. Jn diesen
Stunden der Mißverständnisse ist er unser
guter Engel; die bösen Geister weichen vor sei-
ner Gegenwart. Es ist ein ganz herrlicher
Mensch, liebe Clementine! Eduard hängt mit

lieben, ohne der Freund der Geliebten zu
ſeyn?

Aber, was ihm nur fehlen mag? er iſt
nicht allein beſorgt und nachdenklich, wie ich
es bin; er iſt traurig, voll Mißmuth bis zur
ungerechten Klage: „ich liebe ihn nicht ſo,
wie er hoffte, von mir geliebt zu ſeyn.‟ Jch
weiß ſeine Zweifel nicht zu beruhigen, und
meine eigne Unruhe wird immer groͤßer.
Vielleicht zerſtreut ſich dieſer Nebel um uns,
wenn wir erſt in Ruhe uns ſelber werden le-
ben, wenn erſt der Laͤrm, die Wichtigkeit, die
Feyerlichkeiten voruͤber ſind.

Jch haͤtte vielleicht groͤßers Recht zu kla-
gen, als Eduard, daß ihn nicht ſo ganz ge-
nuͤgt an ſeiner Freundin, daß er noch eines
Freundes zu ſeinem Gluͤcke bedarf. Jetzt
wuͤnſchte ich aber ſelbſt ſo ſehr als er, daß
Florentin bey uns bleiben moͤchte. Jn dieſen
Stunden der Mißverſtaͤndniſſe iſt er unſer
guter Engel; die boͤſen Geiſter weichen vor ſei-
ner Gegenwart. Es iſt ein ganz herrlicher
Menſch, liebe Clementine! Eduard haͤngt mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0289" n="281"/>
lieben, ohne der Freund der Geliebten zu<lb/>
&#x017F;eyn?</p><lb/>
            <p>Aber, was ihm nur fehlen mag? er i&#x017F;t<lb/>
nicht allein be&#x017F;orgt und nachdenklich, wie ich<lb/>
es bin; er i&#x017F;t traurig, voll Mißmuth bis zur<lb/>
ungerechten Klage: &#x201E;ich liebe ihn nicht &#x017F;o,<lb/>
wie er hoffte, von mir geliebt zu &#x017F;eyn.&#x201F; Jch<lb/>
weiß &#x017F;eine Zweifel nicht zu beruhigen, und<lb/>
meine eigne Unruhe wird immer gro&#x0364;ßer.<lb/>
Vielleicht zer&#x017F;treut &#x017F;ich die&#x017F;er Nebel um uns,<lb/>
wenn wir er&#x017F;t in Ruhe uns &#x017F;elber werden le-<lb/>
ben, wenn er&#x017F;t der La&#x0364;rm, die Wichtigkeit, die<lb/>
Feyerlichkeiten voru&#x0364;ber &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p>Jch ha&#x0364;tte vielleicht gro&#x0364;ßers Recht zu kla-<lb/>
gen, als Eduard, daß ihn nicht &#x017F;o ganz ge-<lb/>
nu&#x0364;gt an &#x017F;einer Freundin, daß er noch eines<lb/>
Freundes zu &#x017F;einem Glu&#x0364;cke bedarf. Jetzt<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chte ich aber &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;ehr als er, daß<lb/>
Florentin bey uns bleiben mo&#x0364;chte. Jn die&#x017F;en<lb/>
Stunden der Mißver&#x017F;ta&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e i&#x017F;t er un&#x017F;er<lb/>
guter Engel; die bo&#x0364;&#x017F;en Gei&#x017F;ter weichen vor &#x017F;ei-<lb/>
ner Gegenwart. Es i&#x017F;t ein ganz herrlicher<lb/>
Men&#x017F;ch, liebe Clementine! Eduard ha&#x0364;ngt mit<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0289] lieben, ohne der Freund der Geliebten zu ſeyn? Aber, was ihm nur fehlen mag? er iſt nicht allein beſorgt und nachdenklich, wie ich es bin; er iſt traurig, voll Mißmuth bis zur ungerechten Klage: „ich liebe ihn nicht ſo, wie er hoffte, von mir geliebt zu ſeyn.‟ Jch weiß ſeine Zweifel nicht zu beruhigen, und meine eigne Unruhe wird immer groͤßer. Vielleicht zerſtreut ſich dieſer Nebel um uns, wenn wir erſt in Ruhe uns ſelber werden le- ben, wenn erſt der Laͤrm, die Wichtigkeit, die Feyerlichkeiten voruͤber ſind. Jch haͤtte vielleicht groͤßers Recht zu kla- gen, als Eduard, daß ihn nicht ſo ganz ge- nuͤgt an ſeiner Freundin, daß er noch eines Freundes zu ſeinem Gluͤcke bedarf. Jetzt wuͤnſchte ich aber ſelbſt ſo ſehr als er, daß Florentin bey uns bleiben moͤchte. Jn dieſen Stunden der Mißverſtaͤndniſſe iſt er unſer guter Engel; die boͤſen Geiſter weichen vor ſei- ner Gegenwart. Es iſt ein ganz herrlicher Menſch, liebe Clementine! Eduard haͤngt mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/289
Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/289>, abgerufen am 24.11.2024.