An der Oberfläche einer Sehne sieht man bekanntlich mit blossem Auge eine Reihe von weisslichen Streifen ziemlich dicht der Länge nach verlaufend, wodurch das atlasglänzende Aussehen entsteht. Aufeinem microscopischen Längsschnitte liegen die Streifen mehr getrennt, die Sehne sieht ein wenig fasciculirt und nicht so gleichmässig aus, wie an der Oberfläche. Dies Aussehen tritt nun viel deutlicher auf einem Querschnitte hervor, wo man eine Reihe von kleineren und grösseren Abtheilungen (Fascikeln) zu Gesicht bekommt. Vergrössert man das Objekt, so zeigt sich eine innere Einrichtung, welche fast ganz dem entspricht, was wir bei dem Semilunar-Knorpel beobachtet haben. Am äusse- ren Umfange der Sehne liegt ringsumher eine faserige Masse, in der Gefässe enthalten sind, welche die Sehne äusserlich umspinnen. Von da aus gehen an einzelnen Stellen Gefässe in das Innere, wo sie in den grösseren Zwischenräumen der Fascikel sich finden; allein bis in die eigentlichen Fascikel selbst geht nichts mehr von Gefässen hinein, ebensowenig als in das Innere der Bandscheiben; hier finden wir vielmehr wie- der das fragliche Zellennetz, oder anders ausgedrückt, das eigenthümliche saftführende Kanalsystem, welches wir neulich in seiner Bedeutung beim Knochen betrachtet haben.
[Abbildung]
Fig. 37.
[Abbildung]
Fig. 37.
Querschnitt aus der Achilles-Sehne eines Erwachsenen. Von der Sehnenscheide aus sieht man bei a, b und c Scheidewände nach
Fünfte Vorlesung.
An der Oberfläche einer Sehne sieht man bekanntlich mit blossem Auge eine Reihe von weisslichen Streifen ziemlich dicht der Länge nach verlaufend, wodurch das atlasglänzende Aussehen entsteht. Aufeinem microscopischen Längsschnitte liegen die Streifen mehr getrennt, die Sehne sieht ein wenig fasciculirt und nicht so gleichmässig aus, wie an der Oberfläche. Dies Aussehen tritt nun viel deutlicher auf einem Querschnitte hervor, wo man eine Reihe von kleineren und grösseren Abtheilungen (Fascikeln) zu Gesicht bekommt. Vergrössert man das Objekt, so zeigt sich eine innere Einrichtung, welche fast ganz dem entspricht, was wir bei dem Semilunar-Knorpel beobachtet haben. Am äusse- ren Umfange der Sehne liegt ringsumher eine faserige Masse, in der Gefässe enthalten sind, welche die Sehne äusserlich umspinnen. Von da aus gehen an einzelnen Stellen Gefässe in das Innere, wo sie in den grösseren Zwischenräumen der Fascikel sich finden; allein bis in die eigentlichen Fascikel selbst geht nichts mehr von Gefässen hinein, ebensowenig als in das Innere der Bandscheiben; hier finden wir vielmehr wie- der das fragliche Zellennetz, oder anders ausgedrückt, das eigenthümliche saftführende Kanalsystem, welches wir neulich in seiner Bedeutung beim Knochen betrachtet haben.
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Fig. 37.
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Fig. 37.
Querschnitt aus der Achilles-Sehne eines Erwachsenen. Von der Sehnenscheide aus sieht man bei a, b und c Scheidewände nach
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Fünfte Vorlesung.
An der Oberfläche einer Sehne sieht man bekanntlich mit
blossem Auge eine Reihe von weisslichen Streifen ziemlich
dicht der Länge nach verlaufend, wodurch das atlasglänzende
Aussehen entsteht. Aufeinem microscopischen Längsschnitte liegen
die Streifen mehr getrennt, die Sehne sieht ein wenig fasciculirt und
nicht so gleichmässig aus, wie an der Oberfläche. Dies Aussehen tritt
nun viel deutlicher auf einem Querschnitte hervor, wo man eine
Reihe von kleineren und grösseren Abtheilungen (Fascikeln) zu
Gesicht bekommt. Vergrössert man das Objekt, so zeigt sich
eine innere Einrichtung, welche fast ganz dem entspricht, was
wir bei dem Semilunar-Knorpel beobachtet haben. Am äusse-
ren Umfange der Sehne liegt ringsumher eine faserige Masse,
in der Gefässe enthalten sind, welche die Sehne äusserlich
umspinnen. Von da aus gehen an einzelnen Stellen Gefässe
in das Innere, wo sie in den grösseren Zwischenräumen der
Fascikel sich finden; allein bis in die eigentlichen Fascikel
selbst geht nichts mehr von Gefässen hinein, ebensowenig als
in das Innere der Bandscheiben; hier finden wir vielmehr wie-
der das fragliche Zellennetz, oder anders ausgedrückt, das
eigenthümliche saftführende Kanalsystem, welches wir neulich
in seiner Bedeutung beim Knochen betrachtet haben.
[Abbildung Fig. 37. ]
[Abbildung Fig. 37. Querschnitt aus der Achilles-Sehne eines Erwachsenen.
Von der Sehnenscheide aus sieht man bei a, b und c Scheidewände nach ]
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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/104>, abgerufen am 23.11.2024.
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