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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Zehnte Vorlesung.
[Abbildung] Fig. 69.
auch heute nichts vorbringen
lässt, dass, bevor etwas von
Entzündung zu sehen ist, wir
ein Blutgerinnsel haben, und dass
etwas später inmitten dieses Ge-
rinnsels sich eine Masse zeigt,
welche ihrem Aussehen nach vom
Gerinnsel verschieden ist, dage-
gen mehr oder weniger Aehn-
lichkeit mit Eiter zeigt.

Von dieser Erscheinung aus-
gehend, habe ich mich bemüht,
die Lehre von der Phlebitis ihrem
grössten Theile nach überhaupt
aufzulösen, indem ich für das
Mystische, welches in Cruveil-
hier
's Deutung lag, einfach den
Ausdruck der Thatsache einsetzte. Wir wissen nicht, dass die
Entzündung als solche an Gerinnungen gebunden ist; im Ge-
gentheil hat sich herausgestellt, dass die Lehre von den Sta-
sen auf vielfachen Missverständnissen beruht. Es kann die
Entzündung unzweifelhaft bestehen bei einem vollkommen of-
fenen Strome des Blutes innerhalb der Gefässe des afficirten
Theiles. Lassen wir also die Entzündung bei Seite und hal-
ten wir uns einfach an die Gerinnung des Blutes, an die Bil-
dung des Gerinnsels (Thrombus), so scheint es am bequemsten,
diesen ganzen Vorgang in dem Ausdrucke der Thrombose zu-
sammen zu fassen. Ich habe vorgeschlagen, diesen Ausdruck
zu substituiren für die verschiedenen Namen von Phlebitis,
Arteriitis u. s. w., insofern es sich nämlich um eine wirkliche
an Ort und Stelle geschehende Gerinnung des Blutes
handelt.

Untersucht man die Geschichte dieser Thromben, so ergibt

[Abbildung] Fig. 69.

Thrombose der Vena saphena. S. Vena saphena, T. Throm-
bus: v, v' klappenständige (valvuläre) Thromben, in der Erweichung be-
griffen und durch frischere und dünnere Gerinnselstücke verbunden;
C, der fortgesetzte, über die Mündung des Gefässes in die V. cruralis
C' hineinragende Pfropf.

Zehnte Vorlesung.
[Abbildung] Fig. 69.
auch heute nichts vorbringen
lässt, dass, bevor etwas von
Entzündung zu sehen ist, wir
ein Blutgerinnsel haben, und dass
etwas später inmitten dieses Ge-
rinnsels sich eine Masse zeigt,
welche ihrem Aussehen nach vom
Gerinnsel verschieden ist, dage-
gen mehr oder weniger Aehn-
lichkeit mit Eiter zeigt.

Von dieser Erscheinung aus-
gehend, habe ich mich bemüht,
die Lehre von der Phlebitis ihrem
grössten Theile nach überhaupt
aufzulösen, indem ich für das
Mystische, welches in Cruveil-
hier
’s Deutung lag, einfach den
Ausdruck der Thatsache einsetzte. Wir wissen nicht, dass die
Entzündung als solche an Gerinnungen gebunden ist; im Ge-
gentheil hat sich herausgestellt, dass die Lehre von den Sta-
sen auf vielfachen Missverständnissen beruht. Es kann die
Entzündung unzweifelhaft bestehen bei einem vollkommen of-
fenen Strome des Blutes innerhalb der Gefässe des afficirten
Theiles. Lassen wir also die Entzündung bei Seite und hal-
ten wir uns einfach an die Gerinnung des Blutes, an die Bil-
dung des Gerinnsels (Thrombus), so scheint es am bequemsten,
diesen ganzen Vorgang in dem Ausdrucke der Thrombose zu-
sammen zu fassen. Ich habe vorgeschlagen, diesen Ausdruck
zu substituiren für die verschiedenen Namen von Phlebitis,
Arteriitis u. s. w., insofern es sich nämlich um eine wirkliche
an Ort und Stelle geschehende Gerinnung des Blutes
handelt.

Untersucht man die Geschichte dieser Thromben, so ergibt

[Abbildung] Fig. 69.

Thrombose der Vena saphena. S. Vena saphena, T. Throm-
bus: v, v' klappenständige (valvuläre) Thromben, in der Erweichung be-
griffen und durch frischere und dünnere Gerinnselstücke verbunden;
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[178/0200] Zehnte Vorlesung. [Abbildung Fig. 69.] auch heute nichts vorbringen lässt, dass, bevor etwas von Entzündung zu sehen ist, wir ein Blutgerinnsel haben, und dass etwas später inmitten dieses Ge- rinnsels sich eine Masse zeigt, welche ihrem Aussehen nach vom Gerinnsel verschieden ist, dage- gen mehr oder weniger Aehn- lichkeit mit Eiter zeigt. Von dieser Erscheinung aus- gehend, habe ich mich bemüht, die Lehre von der Phlebitis ihrem grössten Theile nach überhaupt aufzulösen, indem ich für das Mystische, welches in Cruveil- hier’s Deutung lag, einfach den Ausdruck der Thatsache einsetzte. Wir wissen nicht, dass die Entzündung als solche an Gerinnungen gebunden ist; im Ge- gentheil hat sich herausgestellt, dass die Lehre von den Sta- sen auf vielfachen Missverständnissen beruht. Es kann die Entzündung unzweifelhaft bestehen bei einem vollkommen of- fenen Strome des Blutes innerhalb der Gefässe des afficirten Theiles. Lassen wir also die Entzündung bei Seite und hal- ten wir uns einfach an die Gerinnung des Blutes, an die Bil- dung des Gerinnsels (Thrombus), so scheint es am bequemsten, diesen ganzen Vorgang in dem Ausdrucke der Thrombose zu- sammen zu fassen. Ich habe vorgeschlagen, diesen Ausdruck zu substituiren für die verschiedenen Namen von Phlebitis, Arteriitis u. s. w., insofern es sich nämlich um eine wirkliche an Ort und Stelle geschehende Gerinnung des Blutes handelt. Untersucht man die Geschichte dieser Thromben, so ergibt [Abbildung Fig. 69. Thrombose der Vena saphena. S. Vena saphena, T. Throm- bus: v, v' klappenständige (valvuläre) Thromben, in der Erweichung be- griffen und durch frischere und dünnere Gerinnselstücke verbunden; C, der fortgesetzte, über die Mündung des Gefässes in die V. cruralis C' hineinragende Pfropf.]

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/200>, abgerufen am 24.11.2024.