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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Ependyma ventriculorum.
Substanz ausserordentlich weich und gebrechlich ist, so dass
man nur mit grosser Schwierigkeit überhaupt dahin kommt,
ihren Bau kennen zu lernen.

Ich wurde zuerst auf ihre Eigenthümlichkeit aufmerksam
bei Untersuchungen, die ich vor Jahren über die sogenannte
innere Haut der Hirnventrikel (Ependyma) anstellte.
Damals bestand die Ansicht, welche zuerst durch Purkinje
und Valentin, später namentlich durch Henle geltend ge-
worden war, dass eine eigentliche Haut in den Hirn-Ventrikeln
gar nicht existire, sondern nur ein Epithelial-Ueberzug, indem
die Epithelialzellen unmittelbar auf der Fläche der horizontal
gelagerten Nervenfasern aufsässen. Dies war das, was Pur-
kinje
Ependyma ventriculorum nannte. Diese Annahme ist
freilich von den Pathologen nie getheilt worden. Die Patho-
logie ging ziemlich unbekümmert um die histologischen Anga-
ben einher. Indess erschien es doch wünschenswerth, hier
eine Verständigung zu gewinnen, da in einem solchen Epen-
dyma nicht wohl eine Entzündung vorkommen konnte, wie
man sie einer serösen Haut zuzuschreiben pflegt. Bei meinen
Untersuchungen ergab sich nun, dass allerdings unter dem Epi-
thel der Ventrikel eine Schicht vorhanden ist, welche an man-
chen Stellen ganz dem Habitus des Bindegewebes entspricht,
an anderen Stellen jedoch eine sehr weiche Beschaffenheit an-
nimmt, so dass es überaus schwierig ist, eine Beschreibung
von ihrem Aussehen zu liefern. Jede kleinste Zerrung an dem
Theile ändert seine Erscheinung, und man sieht bald körnige,
bald streifige, bald netzförmige oder wie sonst geartete Sub-
stanz. Anfangs glaubte ich mich beruhigen zu dürfen bei
dem Nachweise, dass hier überhaupt ein dem Bindegewebe
analoges Gewebe existire und eine Haut zu constatiren sei.
Allein, je mehr ich mich mit der Untersuchung dieser Theile
beschäftigte, um so mehr überzeugte ich mich, dass eine eigent-
liche Grenze zwischen dieser Haut und den tieferen Gewebs-
lagen nicht existire, und dass man nur in einem uneigentlichen
Sinne von einer Haut sprechen könne, da man doch bei einer
Haut voraussetzt, dass sie von der Unterlage mehr oder we-
niger different, als ein trennbares Ding vorhanden ist. Im
Groben lässt sich freilich nicht selten eine solche Trennung

Ependyma ventriculorum.
Substanz ausserordentlich weich und gebrechlich ist, so dass
man nur mit grosser Schwierigkeit überhaupt dahin kommt,
ihren Bau kennen zu lernen.

Ich wurde zuerst auf ihre Eigenthümlichkeit aufmerksam
bei Untersuchungen, die ich vor Jahren über die sogenannte
innere Haut der Hirnventrikel (Ependyma) anstellte.
Damals bestand die Ansicht, welche zuerst durch Purkinje
und Valentin, später namentlich durch Henle geltend ge-
worden war, dass eine eigentliche Haut in den Hirn-Ventrikeln
gar nicht existire, sondern nur ein Epithelial-Ueberzug, indem
die Epithelialzellen unmittelbar auf der Fläche der horizontal
gelagerten Nervenfasern aufsässen. Dies war das, was Pur-
kinje
Ependyma ventriculorum nannte. Diese Annahme ist
freilich von den Pathologen nie getheilt worden. Die Patho-
logie ging ziemlich unbekümmert um die histologischen Anga-
ben einher. Indess erschien es doch wünschenswerth, hier
eine Verständigung zu gewinnen, da in einem solchen Epen-
dyma nicht wohl eine Entzündung vorkommen konnte, wie
man sie einer serösen Haut zuzuschreiben pflegt. Bei meinen
Untersuchungen ergab sich nun, dass allerdings unter dem Epi-
thel der Ventrikel eine Schicht vorhanden ist, welche an man-
chen Stellen ganz dem Habitus des Bindegewebes entspricht,
an anderen Stellen jedoch eine sehr weiche Beschaffenheit an-
nimmt, so dass es überaus schwierig ist, eine Beschreibung
von ihrem Aussehen zu liefern. Jede kleinste Zerrung an dem
Theile ändert seine Erscheinung, und man sieht bald körnige,
bald streifige, bald netzförmige oder wie sonst geartete Sub-
stanz. Anfangs glaubte ich mich beruhigen zu dürfen bei
dem Nachweise, dass hier überhaupt ein dem Bindegewebe
analoges Gewebe existire und eine Haut zu constatiren sei.
Allein, je mehr ich mich mit der Untersuchung dieser Theile
beschäftigte, um so mehr überzeugte ich mich, dass eine eigent-
liche Grenze zwischen dieser Haut und den tieferen Gewebs-
lagen nicht existire, und dass man nur in einem uneigentlichen
Sinne von einer Haut sprechen könne, da man doch bei einer
Haut voraussetzt, dass sie von der Unterlage mehr oder we-
niger different, als ein trennbares Ding vorhanden ist. Im
Groben lässt sich freilich nicht selten eine solche Trennung

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[247/0269] Ependyma ventriculorum. Substanz ausserordentlich weich und gebrechlich ist, so dass man nur mit grosser Schwierigkeit überhaupt dahin kommt, ihren Bau kennen zu lernen. Ich wurde zuerst auf ihre Eigenthümlichkeit aufmerksam bei Untersuchungen, die ich vor Jahren über die sogenannte innere Haut der Hirnventrikel (Ependyma) anstellte. Damals bestand die Ansicht, welche zuerst durch Purkinje und Valentin, später namentlich durch Henle geltend ge- worden war, dass eine eigentliche Haut in den Hirn-Ventrikeln gar nicht existire, sondern nur ein Epithelial-Ueberzug, indem die Epithelialzellen unmittelbar auf der Fläche der horizontal gelagerten Nervenfasern aufsässen. Dies war das, was Pur- kinje Ependyma ventriculorum nannte. Diese Annahme ist freilich von den Pathologen nie getheilt worden. Die Patho- logie ging ziemlich unbekümmert um die histologischen Anga- ben einher. Indess erschien es doch wünschenswerth, hier eine Verständigung zu gewinnen, da in einem solchen Epen- dyma nicht wohl eine Entzündung vorkommen konnte, wie man sie einer serösen Haut zuzuschreiben pflegt. Bei meinen Untersuchungen ergab sich nun, dass allerdings unter dem Epi- thel der Ventrikel eine Schicht vorhanden ist, welche an man- chen Stellen ganz dem Habitus des Bindegewebes entspricht, an anderen Stellen jedoch eine sehr weiche Beschaffenheit an- nimmt, so dass es überaus schwierig ist, eine Beschreibung von ihrem Aussehen zu liefern. Jede kleinste Zerrung an dem Theile ändert seine Erscheinung, und man sieht bald körnige, bald streifige, bald netzförmige oder wie sonst geartete Sub- stanz. Anfangs glaubte ich mich beruhigen zu dürfen bei dem Nachweise, dass hier überhaupt ein dem Bindegewebe analoges Gewebe existire und eine Haut zu constatiren sei. Allein, je mehr ich mich mit der Untersuchung dieser Theile beschäftigte, um so mehr überzeugte ich mich, dass eine eigent- liche Grenze zwischen dieser Haut und den tieferen Gewebs- lagen nicht existire, und dass man nur in einem uneigentlichen Sinne von einer Haut sprechen könne, da man doch bei einer Haut voraussetzt, dass sie von der Unterlage mehr oder we- niger different, als ein trennbares Ding vorhanden ist. Im Groben lässt sich freilich nicht selten eine solche Trennung

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/269>, abgerufen am 24.11.2024.