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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Ossification und Verkalkung.
entsteht, oder dass die Verdickung sich mehr hügelig ausbreitet
und später der Sitz einer Verkalkung wird, welche wirklichen
Knochen erzeugen kann. Hat der Prozess einen acuteren Ver-
lauf, so kommt es zu einer fettigen Degeneration oder zu einer
Erweichung. Letztere erzeugt die ulcerirenden Formen, wo
die Klappen zertrümmert werden, sich ablösen und embolische
Heerde an entfernteren Punkten entstehen.

Nur auf diese Weise, indem man die Anfänge der Ver-
änderungen beobachtet, ist es möglich, sichere und für die
Praxis brauchbare Urtheile über die pathologischen Prozesse zu
gewinnen. Niemals darf man sich bestimmen lassen, von der
Differenz der klinischen Prozesse ausgehend, die endlichen
Produkte derselben als nothwendig verschieden zu betrachten.
Die heftigsten Entzündungsprozesse, welche in ganz kurzer
Zeit verlaufen, können dieselben Ausgänge machen, welche in
anderen Fällen langsamer entstehen.

Ich habe nicht die Absicht, die Reihe der verschiedenen
passiven Störungen, welche möglicherweise im späteren Ver-
laufe von Reizungszuständen auftreten können, im Einzelnen
zu verfolgen. Wir würden sonst in der Geschichte fast aller
degenerativen Atrophien analoge Beispiele finden können.
Ueberall muss man die Zustände unterscheiden, in denen ein
Theil direct der Sitz einer solchen Rückbildung wird, von den-
jenigen, wo er vorher eine active Veränderung erfuhr.

Was ich Ihnen von den fettigen Prozessen geschildert habe,
findet z. B. seine directe Anwendung auf die Reihe der Ver-
kalkungen. Will man zwischen Ossification und Verkalkung
unterscheiden, so genügt es nicht, das endliche Resultat im
Auge zu behalten. Ein Theil wird nicht regelmässiger Kno-
chen dadurch, dass ein Gewebe vorhanden ist, welches in sei-
ner Grundmasse Kalk enthält und in welchem sternförmige
Zellen vorhanden sind; es kann trotzdem nichts weiter als
verkalktes Bindegewebe sein. Wenn wir von der pathologi-
schen Ossification reden, so setzen wir immer voraus, dass die
Masse, welche ossificirt, durch einen activen Vorgang, eine
Reizung hervorgerufen ist, nicht dass ein schon existirendes
Gewebe, indem es Kalksalze aufnimmt, die Knochenform an-
zieht. Es gibt daher an den Gefässen Verkalkungen und Os-

Ossification und Verkalkung.
entsteht, oder dass die Verdickung sich mehr hügelig ausbreitet
und später der Sitz einer Verkalkung wird, welche wirklichen
Knochen erzeugen kann. Hat der Prozess einen acuteren Ver-
lauf, so kommt es zu einer fettigen Degeneration oder zu einer
Erweichung. Letztere erzeugt die ulcerirenden Formen, wo
die Klappen zertrümmert werden, sich ablösen und embolische
Heerde an entfernteren Punkten entstehen.

Nur auf diese Weise, indem man die Anfänge der Ver-
änderungen beobachtet, ist es möglich, sichere und für die
Praxis brauchbare Urtheile über die pathologischen Prozesse zu
gewinnen. Niemals darf man sich bestimmen lassen, von der
Differenz der klinischen Prozesse ausgehend, die endlichen
Produkte derselben als nothwendig verschieden zu betrachten.
Die heftigsten Entzündungsprozesse, welche in ganz kurzer
Zeit verlaufen, können dieselben Ausgänge machen, welche in
anderen Fällen langsamer entstehen.

Ich habe nicht die Absicht, die Reihe der verschiedenen
passiven Störungen, welche möglicherweise im späteren Ver-
laufe von Reizungszuständen auftreten können, im Einzelnen
zu verfolgen. Wir würden sonst in der Geschichte fast aller
degenerativen Atrophien analoge Beispiele finden können.
Ueberall muss man die Zustände unterscheiden, in denen ein
Theil direct der Sitz einer solchen Rückbildung wird, von den-
jenigen, wo er vorher eine active Veränderung erfuhr.

Was ich Ihnen von den fettigen Prozessen geschildert habe,
findet z. B. seine directe Anwendung auf die Reihe der Ver-
kalkungen. Will man zwischen Ossification und Verkalkung
unterscheiden, so genügt es nicht, das endliche Resultat im
Auge zu behalten. Ein Theil wird nicht regelmässiger Kno-
chen dadurch, dass ein Gewebe vorhanden ist, welches in sei-
ner Grundmasse Kalk enthält und in welchem sternförmige
Zellen vorhanden sind; es kann trotzdem nichts weiter als
verkalktes Bindegewebe sein. Wenn wir von der pathologi-
schen Ossification reden, so setzen wir immer voraus, dass die
Masse, welche ossificirt, durch einen activen Vorgang, eine
Reizung hervorgerufen ist, nicht dass ein schon existirendes
Gewebe, indem es Kalksalze aufnimmt, die Knochenform an-
zieht. Es gibt daher an den Gefässen Verkalkungen und Os-

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[327/0349] Ossification und Verkalkung. entsteht, oder dass die Verdickung sich mehr hügelig ausbreitet und später der Sitz einer Verkalkung wird, welche wirklichen Knochen erzeugen kann. Hat der Prozess einen acuteren Ver- lauf, so kommt es zu einer fettigen Degeneration oder zu einer Erweichung. Letztere erzeugt die ulcerirenden Formen, wo die Klappen zertrümmert werden, sich ablösen und embolische Heerde an entfernteren Punkten entstehen. Nur auf diese Weise, indem man die Anfänge der Ver- änderungen beobachtet, ist es möglich, sichere und für die Praxis brauchbare Urtheile über die pathologischen Prozesse zu gewinnen. Niemals darf man sich bestimmen lassen, von der Differenz der klinischen Prozesse ausgehend, die endlichen Produkte derselben als nothwendig verschieden zu betrachten. Die heftigsten Entzündungsprozesse, welche in ganz kurzer Zeit verlaufen, können dieselben Ausgänge machen, welche in anderen Fällen langsamer entstehen. Ich habe nicht die Absicht, die Reihe der verschiedenen passiven Störungen, welche möglicherweise im späteren Ver- laufe von Reizungszuständen auftreten können, im Einzelnen zu verfolgen. Wir würden sonst in der Geschichte fast aller degenerativen Atrophien analoge Beispiele finden können. Ueberall muss man die Zustände unterscheiden, in denen ein Theil direct der Sitz einer solchen Rückbildung wird, von den- jenigen, wo er vorher eine active Veränderung erfuhr. Was ich Ihnen von den fettigen Prozessen geschildert habe, findet z. B. seine directe Anwendung auf die Reihe der Ver- kalkungen. Will man zwischen Ossification und Verkalkung unterscheiden, so genügt es nicht, das endliche Resultat im Auge zu behalten. Ein Theil wird nicht regelmässiger Kno- chen dadurch, dass ein Gewebe vorhanden ist, welches in sei- ner Grundmasse Kalk enthält und in welchem sternförmige Zellen vorhanden sind; es kann trotzdem nichts weiter als verkalktes Bindegewebe sein. Wenn wir von der pathologi- schen Ossification reden, so setzen wir immer voraus, dass die Masse, welche ossificirt, durch einen activen Vorgang, eine Reizung hervorgerufen ist, nicht dass ein schon existirendes Gewebe, indem es Kalksalze aufnimmt, die Knochenform an- zieht. Es gibt daher an den Gefässen Verkalkungen und Os-

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/349>, abgerufen am 24.11.2024.