nen Arterien und selbst der Capillaren, welche sich in ihr ver- breiten, jodroth gefärbt.
Die wichtigsten Störungen dieser Art, welche wir bis jetzt kennen, sind diejenigen, welche in der Niere entstehen. Ein grosser Theil, namentlich der chronischen Fälle von Bright- scher Krankheit, gehört dieser Veränderung an, muss also von vielen anderen ähnlichen Formen als eine besondere, ganz und gar eigenthümliche Erscheinung abgelöst werden. Eine solche Niere hat man in Wien eine Speckniere genannt. Ich muss aber wiederum bemerken, dass es mit blossem Auge unmög- lich ist, unmittelbar zu erkennen, ob gerade diese Verände- rung stattgefunden hat oder nicht, und dass ein Theil der so- genannten Specknieren nichts anderes als eine Art von Indu- ration darbietet. Erst nach Jodanwendung kann man mit Leichtigkeit eine Diagnose machen. Bringt man Jodlösung auf eine ganz anämische Rindensubstanz, so erscheinen ge- wöhnlich zuerst rothe Punkte, welche den Glomerulis ent- sprechen, auch wohl feine Striche, den Arteriae afferentes an- gehörig, nächstdem, wenn die Erkrankung recht stark ist, sieht man innerhalb der Markkegel rothe, parallele Linien, welche sehr dicht liegen. Das sind alles Arterien. Die Er- krankung der Arterien wird zuweilen so stark, dass man nach Anwendung des Reagens eine deutliche Uebersicht des Ge- fässverlaufes bekommt, wie wenn man eine sehr vollständige, künstliche Injection vor sich hätte. Allein gerade bei diesen Nieren ist eine Injection nicht ganz ausführbar. Auch die feineren Mittel, welche wir für Injectionen anwenden, sind viel zu grob, um durch die verengten Gefässe hindurch zu gelangen. Untersucht man einen solchen Glomerulus mi- kroskopisch, so sieht man, dass von da, wo sich die zufüh- rende Arterie auflöst, die Schlinge nicht mehr die feine, zarte Röhre ist, wie sonst; vielmehr erscheinen alle einzelnen Schlin- gen innerhalb der Kapsel als compacte, fast solide Bildun- gen. Da nun gerade diese Theile es sind, welche offenbar die eigentlichen Secretionspunkte der Harnflüssigkeit darstel- len, so begreift es sich, dass in solchen Fällen Störungen in der Ausscheidung des Harns stattfinden müssen. Wir haben leider bis jetzt keine vollständig ausreichenden Analysen, allein
Amyloidentartung der Nieren.
nen Arterien und selbst der Capillaren, welche sich in ihr ver- breiten, jodroth gefärbt.
Die wichtigsten Störungen dieser Art, welche wir bis jetzt kennen, sind diejenigen, welche in der Niere entstehen. Ein grosser Theil, namentlich der chronischen Fälle von Bright- scher Krankheit, gehört dieser Veränderung an, muss also von vielen anderen ähnlichen Formen als eine besondere, ganz und gar eigenthümliche Erscheinung abgelöst werden. Eine solche Niere hat man in Wien eine Speckniere genannt. Ich muss aber wiederum bemerken, dass es mit blossem Auge unmög- lich ist, unmittelbar zu erkennen, ob gerade diese Verände- rung stattgefunden hat oder nicht, und dass ein Theil der so- genannten Specknieren nichts anderes als eine Art von Indu- ration darbietet. Erst nach Jodanwendung kann man mit Leichtigkeit eine Diagnose machen. Bringt man Jodlösung auf eine ganz anämische Rindensubstanz, so erscheinen ge- wöhnlich zuerst rothe Punkte, welche den Glomerulis ent- sprechen, auch wohl feine Striche, den Arteriae afferentes an- gehörig, nächstdem, wenn die Erkrankung recht stark ist, sieht man innerhalb der Markkegel rothe, parallele Linien, welche sehr dicht liegen. Das sind alles Arterien. Die Er- krankung der Arterien wird zuweilen so stark, dass man nach Anwendung des Reagens eine deutliche Uebersicht des Ge- fässverlaufes bekommt, wie wenn man eine sehr vollständige, künstliche Injection vor sich hätte. Allein gerade bei diesen Nieren ist eine Injection nicht ganz ausführbar. Auch die feineren Mittel, welche wir für Injectionen anwenden, sind viel zu grob, um durch die verengten Gefässe hindurch zu gelangen. Untersucht man einen solchen Glomerulus mi- kroskopisch, so sieht man, dass von da, wo sich die zufüh- rende Arterie auflöst, die Schlinge nicht mehr die feine, zarte Röhre ist, wie sonst; vielmehr erscheinen alle einzelnen Schlin- gen innerhalb der Kapsel als compacte, fast solide Bildun- gen. Da nun gerade diese Theile es sind, welche offenbar die eigentlichen Secretionspunkte der Harnflüssigkeit darstel- len, so begreift es sich, dass in solchen Fällen Störungen in der Ausscheidung des Harns stattfinden müssen. Wir haben leider bis jetzt keine vollständig ausreichenden Analysen, allein
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Amyloidentartung der Nieren.
nen Arterien und selbst der Capillaren, welche sich in ihr ver-
breiten, jodroth gefärbt.
Die wichtigsten Störungen dieser Art, welche wir bis jetzt
kennen, sind diejenigen, welche in der Niere entstehen. Ein
grosser Theil, namentlich der chronischen Fälle von Bright-
scher Krankheit, gehört dieser Veränderung an, muss also von
vielen anderen ähnlichen Formen als eine besondere, ganz und
gar eigenthümliche Erscheinung abgelöst werden. Eine solche
Niere hat man in Wien eine Speckniere genannt. Ich muss
aber wiederum bemerken, dass es mit blossem Auge unmög-
lich ist, unmittelbar zu erkennen, ob gerade diese Verände-
rung stattgefunden hat oder nicht, und dass ein Theil der so-
genannten Specknieren nichts anderes als eine Art von Indu-
ration darbietet. Erst nach Jodanwendung kann man mit
Leichtigkeit eine Diagnose machen. Bringt man Jodlösung
auf eine ganz anämische Rindensubstanz, so erscheinen ge-
wöhnlich zuerst rothe Punkte, welche den Glomerulis ent-
sprechen, auch wohl feine Striche, den Arteriae afferentes an-
gehörig, nächstdem, wenn die Erkrankung recht stark ist,
sieht man innerhalb der Markkegel rothe, parallele Linien,
welche sehr dicht liegen. Das sind alles Arterien. Die Er-
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Anwendung des Reagens eine deutliche Uebersicht des Ge-
fässverlaufes bekommt, wie wenn man eine sehr vollständige,
künstliche Injection vor sich hätte. Allein gerade bei diesen
Nieren ist eine Injection nicht ganz ausführbar. Auch die
feineren Mittel, welche wir für Injectionen anwenden, sind
viel zu grob, um durch die verengten Gefässe hindurch zu
gelangen. Untersucht man einen solchen Glomerulus mi-
kroskopisch, so sieht man, dass von da, wo sich die zufüh-
rende Arterie auflöst, die Schlinge nicht mehr die feine, zarte
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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/363>, abgerufen am 24.11.2024.
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