wärtigen Augenblicke noch ein etwas gewagtes Unternehmen sein.
Unter allen Formen, um die es sich hier handelt, hat man gewöhnlich die muskulösen Elemente als die einfachsten betrachtet. Untersucht man einen gewöhnlichen rothen Muskel (ich sage nicht, einen willkürlichen, da auch das Herz dieselbe Structur hat), so findet man ihn wesentlich zusammengesetzt aus einer Menge von meistentheils gleich dicken Cylindern (den Primitivbündeln), die auf einem Querschnitt sich als runde Bildungen darstellen und an denen man zunächst die bekann- ten Querstreifen wahrnimmt, das heisst breite Linien, welche sich gewöhnlich etwas zackig über die Oberfläche des Bün- dels erstrecken, und welche nahezu so breit sind, wie die Zwischenräume, welche sie trennen.
[Abbildung]
Fig. 23.
Neben dieser Querstreifung sieht man, namentlich nach ge- wissen Präparations-Methoden, eine der Länge nach verlaufende Streifung, die sogar in manchen Präparaten überwiegend wird, so dass das Muskel-Bündel fast nur längsgestreift erscheint. Wendet man nun Essigsäure an, so zei- gen sich alsbald an der Wand, hier und da auch mehr gegen die Mitte hin Kerne, die ziemlich gross sind, meistens grosse Kern- körperchen enthalten, bald in grösserer bald in kleinerer Zahl. Auf diese Weise gewinnen wir also, nachdem wir durch die Einwirkung der Essigsäure die innere Substanz geklärt haben, wieder ein Bild, welches an die alten Zellenformen erinnert;
[Abbildung]
Fig. 23.
Eine Gruppe von Muskelprimitivbündeln. a. Die natürliche Erscheinung eines frischen Primitivbündels mit seinen Querstreifen (Bän- dern oder Scheiben). b. Ein Bündel nach leichter Einwirkung von Essig- säure; die Kerne treten deutlich hervor und man sieht in dem einen zwei Kernkörperchen, den anderen völlig getheilt. c. Stärkere Einwir- kung der Essigsäure; der Inhalt quillt am Ende aus der Scheide (Sar- colem) hervor. d. Fettige Atrophie. Vergrösser. 300.
Dritte Vorlesung.
wärtigen Augenblicke noch ein etwas gewagtes Unternehmen sein.
Unter allen Formen, um die es sich hier handelt, hat man gewöhnlich die muskulösen Elemente als die einfachsten betrachtet. Untersucht man einen gewöhnlichen rothen Muskel (ich sage nicht, einen willkürlichen, da auch das Herz dieselbe Structur hat), so findet man ihn wesentlich zusammengesetzt aus einer Menge von meistentheils gleich dicken Cylindern (den Primitivbündeln), die auf einem Querschnitt sich als runde Bildungen darstellen und an denen man zunächst die bekann- ten Querstreifen wahrnimmt, das heisst breite Linien, welche sich gewöhnlich etwas zackig über die Oberfläche des Bün- dels erstrecken, und welche nahezu so breit sind, wie die Zwischenräume, welche sie trennen.
[Abbildung]
Fig. 23.
Neben dieser Querstreifung sieht man, namentlich nach ge- wissen Präparations-Methoden, eine der Länge nach verlaufende Streifung, die sogar in manchen Präparaten überwiegend wird, so dass das Muskel-Bündel fast nur längsgestreift erscheint. Wendet man nun Essigsäure an, so zei- gen sich alsbald an der Wand, hier und da auch mehr gegen die Mitte hin Kerne, die ziemlich gross sind, meistens grosse Kern- körperchen enthalten, bald in grösserer bald in kleinerer Zahl. Auf diese Weise gewinnen wir also, nachdem wir durch die Einwirkung der Essigsäure die innere Substanz geklärt haben, wieder ein Bild, welches an die alten Zellenformen erinnert;
[Abbildung]
Fig. 23.
Eine Gruppe von Muskelprimitivbündeln. a. Die natürliche Erscheinung eines frischen Primitivbündels mit seinen Querstreifen (Bän- dern oder Scheiben). b. Ein Bündel nach leichter Einwirkung von Essig- säure; die Kerne treten deutlich hervor und man sieht in dem einen zwei Kernkörperchen, den anderen völlig getheilt. c. Stärkere Einwir- kung der Essigsäure; der Inhalt quillt am Ende aus der Scheide (Sar- colem) hervor. d. Fettige Atrophie. Vergrösser. 300.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0068"n="46"/><fwplace="top"type="header">Dritte Vorlesung.</fw><lb/>
wärtigen Augenblicke noch ein etwas gewagtes Unternehmen<lb/>
sein.</p><lb/><p>Unter allen Formen, um die es sich hier handelt, hat man<lb/>
gewöhnlich die <hirendition="#g">muskulösen Elemente</hi> als die einfachsten<lb/>
betrachtet. Untersucht man einen gewöhnlichen rothen Muskel<lb/>
(ich sage nicht, einen willkürlichen, da auch das Herz dieselbe<lb/>
Structur hat), so findet man ihn wesentlich zusammengesetzt<lb/>
aus einer Menge von meistentheils gleich dicken Cylindern<lb/>
(den Primitivbündeln), die auf einem Querschnitt sich als runde<lb/>
Bildungen darstellen und an denen man zunächst die bekann-<lb/>
ten Querstreifen wahrnimmt, das heisst breite Linien, welche<lb/>
sich gewöhnlich etwas zackig über die Oberfläche des Bün-<lb/>
dels erstrecken, und welche nahezu so breit sind, wie die<lb/>
Zwischenräume, welche sie trennen.</p><lb/><figure><head>Fig. 23.</head></figure><lb/><p>Neben dieser Querstreifung<lb/>
sieht man, namentlich nach ge-<lb/>
wissen Präparations-Methoden,<lb/>
eine der Länge nach verlaufende<lb/>
Streifung, die sogar in manchen<lb/>
Präparaten überwiegend wird, so<lb/>
dass das Muskel-Bündel fast nur<lb/>
längsgestreift erscheint. Wendet<lb/>
man nun Essigsäure an, so zei-<lb/>
gen sich alsbald an der Wand,<lb/>
hier und da auch mehr gegen die<lb/>
Mitte hin Kerne, die ziemlich<lb/>
gross sind, meistens grosse Kern-<lb/>
körperchen enthalten, bald in grösserer bald in kleinerer Zahl.<lb/>
Auf diese Weise gewinnen wir also, nachdem wir durch die<lb/>
Einwirkung der Essigsäure die innere Substanz geklärt haben,<lb/>
wieder ein Bild, welches an die alten Zellenformen erinnert;<lb/><figure><head><hirendition="#g">Fig</hi>. 23. </head><p>Eine Gruppe von Muskelprimitivbündeln. <hirendition="#i">a</hi>. Die natürliche<lb/>
Erscheinung eines frischen Primitivbündels mit seinen Querstreifen (Bän-<lb/>
dern oder Scheiben). <hirendition="#i">b</hi>. Ein Bündel nach leichter Einwirkung von Essig-<lb/>
säure; die Kerne treten deutlich hervor und man sieht in dem einen<lb/>
zwei Kernkörperchen, den anderen völlig getheilt. <hirendition="#i">c</hi>. Stärkere Einwir-<lb/>
kung der Essigsäure; der Inhalt quillt am Ende aus der Scheide (Sar-<lb/>
colem) hervor. <hirendition="#i">d</hi>. Fettige Atrophie. Vergrösser. 300.</p></figure><lb/></p></div></body></text></TEI>
[46/0068]
Dritte Vorlesung.
wärtigen Augenblicke noch ein etwas gewagtes Unternehmen
sein.
Unter allen Formen, um die es sich hier handelt, hat man
gewöhnlich die muskulösen Elemente als die einfachsten
betrachtet. Untersucht man einen gewöhnlichen rothen Muskel
(ich sage nicht, einen willkürlichen, da auch das Herz dieselbe
Structur hat), so findet man ihn wesentlich zusammengesetzt
aus einer Menge von meistentheils gleich dicken Cylindern
(den Primitivbündeln), die auf einem Querschnitt sich als runde
Bildungen darstellen und an denen man zunächst die bekann-
ten Querstreifen wahrnimmt, das heisst breite Linien, welche
sich gewöhnlich etwas zackig über die Oberfläche des Bün-
dels erstrecken, und welche nahezu so breit sind, wie die
Zwischenräume, welche sie trennen.
[Abbildung Fig. 23. ]
Neben dieser Querstreifung
sieht man, namentlich nach ge-
wissen Präparations-Methoden,
eine der Länge nach verlaufende
Streifung, die sogar in manchen
Präparaten überwiegend wird, so
dass das Muskel-Bündel fast nur
längsgestreift erscheint. Wendet
man nun Essigsäure an, so zei-
gen sich alsbald an der Wand,
hier und da auch mehr gegen die
Mitte hin Kerne, die ziemlich
gross sind, meistens grosse Kern-
körperchen enthalten, bald in grösserer bald in kleinerer Zahl.
Auf diese Weise gewinnen wir also, nachdem wir durch die
Einwirkung der Essigsäure die innere Substanz geklärt haben,
wieder ein Bild, welches an die alten Zellenformen erinnert;
[Abbildung Fig. 23. Eine Gruppe von Muskelprimitivbündeln. a. Die natürliche
Erscheinung eines frischen Primitivbündels mit seinen Querstreifen (Bän-
dern oder Scheiben). b. Ein Bündel nach leichter Einwirkung von Essig-
säure; die Kerne treten deutlich hervor und man sieht in dem einen
zwei Kernkörperchen, den anderen völlig getheilt. c. Stärkere Einwir-
kung der Essigsäure; der Inhalt quillt am Ende aus der Scheide (Sar-
colem) hervor. d. Fettige Atrophie. Vergrösser. 300.]
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/68>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.