bar ganz homogenen Grundmasse, in welcher in sehr regel- mässiger Weise sich die eigentlichen sternförmigen Knochen- zellen finden.
Die Zwischenräume, welche zwischen je zwei Gefässen liegen, sind oft sehr bedeutend; ganze Lamellensysteme schie- ben sich zwischen sie ein, mit zahlreichen Knochenkörperchen durchsetzt. Hier ist es gewiss schwierig, sich die Ernährung eines so complicirten Apparates als abhängig von der Thätig- keit der zum Theil so weit entfernten Gefässe zu denken, na- mentlich wie jedes einzelne Theilchen in dieser grossen Zu- sammensetzung immer noch in einem Specialverhältniss der Ernährung zu den Gefässen stehen soll.
Ich habe Ihnen diese Einzelheiten vorgeführt, um die all- mälige Gradation zu zeigen, die von den gefässhaltigen und den gefässreichen zu den gefässarmen und den gefässlosen Theilen Statt findet. Will man eine einfache Anschauung der Ernährungsverhältnisse haben, so glaube ich, dass man es als logisches Prinzip aufstellen muss, dass Alles, was man für die Ernährung der gefässreichen Theile aufstellt, auch für die ge- fässarmen und für die gefässlosen Gültigkeit haben muss, und dass, wenn man die Ernährung der einzelnen Theile in eine directe Abhängigkeit von den Gefässen oder dem Blute stellt, man wenigstens darthun muss, dass alle Elemente, wel- che in nächster Beziehung zu einem und demselben Gefässe stehen, welche auf ein einziges Gefäss angewiesen sind, we- sentlich gleichartige Lebensverhältnisse darbieten. In dem Falle vom Knochen müsste ein ganzes System von Lamellen, welches nur das eine Gefäss für seine Ernährung haben kann, immer gleichartige Zustände darbieten. Denn wenn das Ge- fäss das Thätige bei der Ernährung ist oder das Blut, wel- ches in demselben circulirt, so könnte man höchstens zulassen, dass ein Theil der Elemente ihrer Einwirkung mehr, ein an- derer weniger ausgesetzt ist; im Wesentlichen müssten sie aber doch immer eine gemeinschaftliche und gleichartige Ein- wirkung erfahren. Dass dies keine unbillige Anforderung ist, dass man eine gewisse Abhängigkeit bestimmter Gewebs-Ter- ritorien von bestimmten Gefässen allerdings zugestehen muss, davon haben wir die schönsten Beispiele in der Lehre von
Gefässterritorien und Zellenterritorien.
bar ganz homogenen Grundmasse, in welcher in sehr regel- mässiger Weise sich die eigentlichen sternförmigen Knochen- zellen finden.
Die Zwischenräume, welche zwischen je zwei Gefässen liegen, sind oft sehr bedeutend; ganze Lamellensysteme schie- ben sich zwischen sie ein, mit zahlreichen Knochenkörperchen durchsetzt. Hier ist es gewiss schwierig, sich die Ernährung eines so complicirten Apparates als abhängig von der Thätig- keit der zum Theil so weit entfernten Gefässe zu denken, na- mentlich wie jedes einzelne Theilchen in dieser grossen Zu- sammensetzung immer noch in einem Specialverhältniss der Ernährung zu den Gefässen stehen soll.
Ich habe Ihnen diese Einzelheiten vorgeführt, um die all- mälige Gradation zu zeigen, die von den gefässhaltigen und den gefässreichen zu den gefässarmen und den gefässlosen Theilen Statt findet. Will man eine einfache Anschauung der Ernährungsverhältnisse haben, so glaube ich, dass man es als logisches Prinzip aufstellen muss, dass Alles, was man für die Ernährung der gefässreichen Theile aufstellt, auch für die ge- fässarmen und für die gefässlosen Gültigkeit haben muss, und dass, wenn man die Ernährung der einzelnen Theile in eine directe Abhängigkeit von den Gefässen oder dem Blute stellt, man wenigstens darthun muss, dass alle Elemente, wel- che in nächster Beziehung zu einem und demselben Gefässe stehen, welche auf ein einziges Gefäss angewiesen sind, we- sentlich gleichartige Lebensverhältnisse darbieten. In dem Falle vom Knochen müsste ein ganzes System von Lamellen, welches nur das eine Gefäss für seine Ernährung haben kann, immer gleichartige Zustände darbieten. Denn wenn das Ge- fäss das Thätige bei der Ernährung ist oder das Blut, wel- ches in demselben circulirt, so könnte man höchstens zulassen, dass ein Theil der Elemente ihrer Einwirkung mehr, ein an- derer weniger ausgesetzt ist; im Wesentlichen müssten sie aber doch immer eine gemeinschaftliche und gleichartige Ein- wirkung erfahren. Dass dies keine unbillige Anforderung ist, dass man eine gewisse Abhängigkeit bestimmter Gewebs-Ter- ritorien von bestimmten Gefässen allerdings zugestehen muss, davon haben wir die schönsten Beispiele in der Lehre von
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Gefässterritorien und Zellenterritorien.
bar ganz homogenen Grundmasse, in welcher in sehr regel-
mässiger Weise sich die eigentlichen sternförmigen Knochen-
zellen finden.
Die Zwischenräume, welche zwischen je zwei Gefässen
liegen, sind oft sehr bedeutend; ganze Lamellensysteme schie-
ben sich zwischen sie ein, mit zahlreichen Knochenkörperchen
durchsetzt. Hier ist es gewiss schwierig, sich die Ernährung
eines so complicirten Apparates als abhängig von der Thätig-
keit der zum Theil so weit entfernten Gefässe zu denken, na-
mentlich wie jedes einzelne Theilchen in dieser grossen Zu-
sammensetzung immer noch in einem Specialverhältniss der
Ernährung zu den Gefässen stehen soll.
Ich habe Ihnen diese Einzelheiten vorgeführt, um die all-
mälige Gradation zu zeigen, die von den gefässhaltigen und
den gefässreichen zu den gefässarmen und den gefässlosen
Theilen Statt findet. Will man eine einfache Anschauung der
Ernährungsverhältnisse haben, so glaube ich, dass man es als
logisches Prinzip aufstellen muss, dass Alles, was man für die
Ernährung der gefässreichen Theile aufstellt, auch für die ge-
fässarmen und für die gefässlosen Gültigkeit haben muss,
und dass, wenn man die Ernährung der einzelnen Theile
in eine directe Abhängigkeit von den Gefässen oder dem Blute
stellt, man wenigstens darthun muss, dass alle Elemente, wel-
che in nächster Beziehung zu einem und demselben Gefässe
stehen, welche auf ein einziges Gefäss angewiesen sind, we-
sentlich gleichartige Lebensverhältnisse darbieten. In dem
Falle vom Knochen müsste ein ganzes System von Lamellen,
welches nur das eine Gefäss für seine Ernährung haben kann,
immer gleichartige Zustände darbieten. Denn wenn das Ge-
fäss das Thätige bei der Ernährung ist oder das Blut, wel-
ches in demselben circulirt, so könnte man höchstens zulassen,
dass ein Theil der Elemente ihrer Einwirkung mehr, ein an-
derer weniger ausgesetzt ist; im Wesentlichen müssten sie
aber doch immer eine gemeinschaftliche und gleichartige Ein-
wirkung erfahren. Dass dies keine unbillige Anforderung ist,
dass man eine gewisse Abhängigkeit bestimmter Gewebs-Ter-
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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/97>, abgerufen am 21.11.2024.
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