entsteht die dreigliedrige Eintheilung der Lehre vom Geiste in den subjectiven (erkennenden), objectiven (handelnden) und absoluten, ebenfalls wieder dreifach 3sich theilenden, Geist, welche Hegel aufgestellt hat. Es macht sich aber in der- selben nichts Anderes geltend, als das Gesetz der dialektischen Bewegung über- haupt, welches für das ganze System die dreigliedrige Eintheilung in Logik (Metaphysik), Naturphilosophie und Philosophie des Geistes fordert und den Weg vom unentwickelt Einen durch den Gegensatz zur vermittelten Einheit in jeder dieser Sphären wiederholt.
1 Hier wie in den Bemerkungen zu den vorhandenen §§. ist voraus- gesetzt, daß das Schöne seine Wirklichkeit in der Kunst habe, welche Vor- aussetzung doch §. 1. in der Definition nicht zugelassen hat. Allein ein Anderes ist die Definition, ein Anderes orientirende Vorbemerkungen, wobei gewisse Vorausnahmen unvermeidlich sind.
Warum die Aesthetik weder theoretisch, noch praktisch sey, ist in Kürze schon gesagt; sie ist aber beides in dem Sinne, daß der ästhetisch Genießende dem Schönen gegenübersteht als betrachtender, der den Gegenstand rein auf sich wirken läßt und dadurch freilich das Objective in ein Sub- jectives verwandelt, aber so, daß er ihn doch in seiner Selbständigkeit bestehen läßt; daß umgekehrt der Künstler, unzufrieden, das Schöne nur als inneres Phantasiebild zu haben, dasselbe im Kunstwerk objectiv macht. Allein eben hierin bewährt sich jenes Weder Noch, denn das Aufnehmen ist keine Arbeit des Subjects wie im eigentlich theoretischen Gebiete: was es aufnimmt, ist Bild des versöhnten Geistes, wie es aufnimmt, ist unmittel- bares Zusammengehen, und der Genuß ist contemplativ in sich beruhigt, hat nicht das Bedürfniß, das Aufgenommene erst wieder durch That zu ver- wirklichen; der Künstler dagegen muß zwar ein Inneres herausarbeiten, es ist aber ein Drang ohne Zwang und ohne Willkür, in sich gefüllt und frei von der Noth des Handelns, das die Welt erst überwinden soll. Dies nun ist ungetheilter Geist, freier, ganzer Geist, und dieser fordert eine Sphäre über dem endlichen, im Gegensatz arbeitenden Geiste.
2 Dasselbe Gebiet des absoluten Geistes nimmt die Religion und die Philosophie, wie sie sich selbst im Systeme Gegenstand wird, in Anspruch. Dies kann selbst als dem gewöhnlichen Bewußtseyn geläufig vorausgesetzt werden und wird hier zunächst nur erwähnt, um die Nothwendigkeit der Aufstellung dieser dritten Sphäre auszusprechen. Es versteht sich von selbst, daß der ganze Gang seine innere Nothwendigkeit im Systeme der Philosophie dialektisch durchzuführen hat; der subjective Geist treibt sich
entſteht die dreigliedrige Eintheilung der Lehre vom Geiſte in den ſubjectiven (erkennenden), objectiven (handelnden) und abſoluten, ebenfalls wieder dreifach 3ſich theilenden, Geiſt, welche Hegel aufgeſtellt hat. Es macht ſich aber in der- ſelben nichts Anderes geltend, als das Geſetz der dialektiſchen Bewegung über- haupt, welches für das ganze Syſtem die dreigliedrige Eintheilung in Logik (Metaphyſik), Naturphiloſophie und Philoſophie des Geiſtes fordert und den Weg vom unentwickelt Einen durch den Gegenſatz zur vermittelten Einheit in jeder dieſer Sphären wiederholt.
1 Hier wie in den Bemerkungen zu den vorhandenen §§. iſt voraus- geſetzt, daß das Schöne ſeine Wirklichkeit in der Kunſt habe, welche Vor- ausſetzung doch §. 1. in der Definition nicht zugelaſſen hat. Allein ein Anderes iſt die Definition, ein Anderes orientirende Vorbemerkungen, wobei gewiſſe Vorausnahmen unvermeidlich ſind.
Warum die Aeſthetik weder theoretiſch, noch praktiſch ſey, iſt in Kürze ſchon geſagt; ſie iſt aber beides in dem Sinne, daß der äſthetiſch Genießende dem Schönen gegenüberſteht als betrachtender, der den Gegenſtand rein auf ſich wirken läßt und dadurch freilich das Objective in ein Sub- jectives verwandelt, aber ſo, daß er ihn doch in ſeiner Selbſtändigkeit beſtehen läßt; daß umgekehrt der Künſtler, unzufrieden, das Schöne nur als inneres Phantaſiebild zu haben, dasſelbe im Kunſtwerk objectiv macht. Allein eben hierin bewährt ſich jenes Weder Noch, denn das Aufnehmen iſt keine Arbeit des Subjects wie im eigentlich theoretiſchen Gebiete: was es aufnimmt, iſt Bild des verſöhnten Geiſtes, wie es aufnimmt, iſt unmittel- bares Zuſammengehen, und der Genuß iſt contemplativ in ſich beruhigt, hat nicht das Bedürfniß, das Aufgenommene erſt wieder durch That zu ver- wirklichen; der Künſtler dagegen muß zwar ein Inneres herausarbeiten, es iſt aber ein Drang ohne Zwang und ohne Willkür, in ſich gefüllt und frei von der Noth des Handelns, das die Welt erſt überwinden ſoll. Dies nun iſt ungetheilter Geiſt, freier, ganzer Geiſt, und dieſer fordert eine Sphäre über dem endlichen, im Gegenſatz arbeitenden Geiſte.
2 Dasſelbe Gebiet des abſoluten Geiſtes nimmt die Religion und die Philoſophie, wie ſie ſich ſelbſt im Syſteme Gegenſtand wird, in Anſpruch. Dies kann ſelbſt als dem gewöhnlichen Bewußtſeyn geläufig vorausgeſetzt werden und wird hier zunächſt nur erwähnt, um die Nothwendigkeit der Aufſtellung dieſer dritten Sphäre auszuſprechen. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß der ganze Gang ſeine innere Nothwendigkeit im Syſteme der Philoſophie dialektiſch durchzuführen hat; der ſubjective Geiſt treibt ſich
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entſteht die dreigliedrige Eintheilung der Lehre vom Geiſte in den ſubjectiven
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ſich theilenden, Geiſt, welche Hegel aufgeſtellt hat. Es macht ſich aber in der-
ſelben nichts Anderes geltend, als das Geſetz der dialektiſchen Bewegung über-
haupt, welches für das ganze Syſtem die dreigliedrige Eintheilung in Logik
(Metaphyſik), Naturphiloſophie und Philoſophie des Geiſtes fordert und den
Weg vom unentwickelt Einen durch den Gegenſatz zur vermittelten Einheit in
jeder dieſer Sphären wiederholt.
1 Hier wie in den Bemerkungen zu den vorhandenen §§. iſt voraus-
geſetzt, daß das Schöne ſeine Wirklichkeit in der Kunſt habe, welche Vor-
ausſetzung doch §. 1. in der Definition nicht zugelaſſen hat. Allein ein
Anderes iſt die Definition, ein Anderes orientirende Vorbemerkungen,
wobei gewiſſe Vorausnahmen unvermeidlich ſind.
Warum die Aeſthetik weder theoretiſch, noch praktiſch ſey, iſt in Kürze
ſchon geſagt; ſie iſt aber beides in dem Sinne, daß der äſthetiſch Genießende
dem Schönen gegenüberſteht als betrachtender, der den Gegenſtand rein
auf ſich wirken läßt und dadurch freilich das Objective in ein Sub-
jectives verwandelt, aber ſo, daß er ihn doch in ſeiner Selbſtändigkeit
beſtehen läßt; daß umgekehrt der Künſtler, unzufrieden, das Schöne nur
als inneres Phantaſiebild zu haben, dasſelbe im Kunſtwerk objectiv macht.
Allein eben hierin bewährt ſich jenes Weder Noch, denn das Aufnehmen
iſt keine Arbeit des Subjects wie im eigentlich theoretiſchen Gebiete: was es
aufnimmt, iſt Bild des verſöhnten Geiſtes, wie es aufnimmt, iſt unmittel-
bares Zuſammengehen, und der Genuß iſt contemplativ in ſich beruhigt, hat
nicht das Bedürfniß, das Aufgenommene erſt wieder durch That zu ver-
wirklichen; der Künſtler dagegen muß zwar ein Inneres herausarbeiten,
es iſt aber ein Drang ohne Zwang und ohne Willkür, in ſich gefüllt
und frei von der Noth des Handelns, das die Welt erſt überwinden ſoll.
Dies nun iſt ungetheilter Geiſt, freier, ganzer Geiſt, und dieſer fordert
eine Sphäre über dem endlichen, im Gegenſatz arbeitenden Geiſte.
2 Dasſelbe Gebiet des abſoluten Geiſtes nimmt die Religion und
die Philoſophie, wie ſie ſich ſelbſt im Syſteme Gegenſtand wird, in Anſpruch.
Dies kann ſelbſt als dem gewöhnlichen Bewußtſeyn geläufig vorausgeſetzt
werden und wird hier zunächſt nur erwähnt, um die Nothwendigkeit der
Aufſtellung dieſer dritten Sphäre auszuſprechen. Es verſteht ſich von
ſelbſt, daß der ganze Gang ſeine innere Nothwendigkeit im Syſteme der
Philoſophie dialektiſch durchzuführen hat; der ſubjective Geiſt treibt ſich
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Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 1. Reutlingen u. a., 1846, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_aesthetik01_1846/34>, abgerufen am 03.12.2024.
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