denn dem Range nach ist das unendlich Kleine jetzt das Erste, wie sich weiter entwickeln wird.
Das erste Glied.
§. 156.
Es entsteht nun die Aufgabe, das Reich des Erhabenen wieder zu über- blicken, um diejenigen Formen desselben zu unterscheiden, welche dem komischen Prozesse verfallen können. Das subjective Wesen des Komischen (§. 153) bringt es nämlich mit sich, daß die Grenzen sich hier anders bestimmen, als wo das Erhabene allein sich in seinem Umfang ausbreitete. Zunächst stellen sich die Grenzen des Komischen als weiter dar. Es ist nämlich das Komische, was schon aus dem Bisherigen folgt, aber sich näher zeigen wird, ein Verhältniß- begriff wie das Erhabene (§. 87). Dieses zieht als ein solcher Vieles in seinen Kreis, was ohne den Act des Vergleichens nicht erhaben, sondern schön gewesen wäre; das Komische aber nimmt in größerer Weite jede Erscheinung auf, in welcher ein Thätiges ist, das einer so starken entstellenden Unterbrechung unter- liegt, daß es durch die Wirkung des Gegensatzes unter den Gesichtspunkt des Erhabenen fällt, unter welchen es sonst nicht gefallen wäre: so daß erhaben jetzt Alles heißt, was irgend eine, wenn auch an sich unbemerkliche, Erwartung und Spannung erregt.
Es ist nicht erhaben, wenn ich lang nach etwas suche, allein wenn ich statt des Gesuchten nach gesteigerter Spannung etwas Verkehrtes finde, wie z. B. der Rath in Tiecks Novelle: die Wundersüchtigen, der in Sangerheims geheimnißvollem Packet nach Lösung unendlicher Ver- packungen eine alte französische Grammatik findet, so wird das Suchen lächerlich, weil durch den Kontrast mit dem unendlich Unbedeutenden, worauf sie stößt, diese Zweckthätigkeit einen Anschein von Größe oder vergleichungsweiser Erhabenheit erhält. Wo aber vom Erhabenen allein die Rede ist, könnte eine solche an sich selbst unbedeutende Thätigkeit niemals in den Kreis desselben fallen.
§. 157.
Dagegen verengt sich bei dem wirklichen Eintritte in die Stufenfolge des Erhabenen der Kreis des Komischen dadurch, daß das gesammte Erhabene des
denn dem Range nach iſt das unendlich Kleine jetzt das Erſte, wie ſich weiter entwickeln wird.
Das erſte Glied.
§. 156.
Es entſteht nun die Aufgabe, das Reich des Erhabenen wieder zu über- blicken, um diejenigen Formen desſelben zu unterſcheiden, welche dem komiſchen Prozeſſe verfallen können. Das ſubjective Weſen des Komiſchen (§. 153) bringt es nämlich mit ſich, daß die Grenzen ſich hier anders beſtimmen, als wo das Erhabene allein ſich in ſeinem Umfang ausbreitete. Zunächſt ſtellen ſich die Grenzen des Komiſchen als weiter dar. Es iſt nämlich das Komiſche, was ſchon aus dem Bisherigen folgt, aber ſich näher zeigen wird, ein Verhältniß- begriff wie das Erhabene (§. 87). Dieſes zieht als ein ſolcher Vieles in ſeinen Kreis, was ohne den Act des Vergleichens nicht erhaben, ſondern ſchön geweſen wäre; das Komiſche aber nimmt in größerer Weite jede Erſcheinung auf, in welcher ein Thätiges iſt, das einer ſo ſtarken entſtellenden Unterbrechung unter- liegt, daß es durch die Wirkung des Gegenſatzes unter den Geſichtspunkt des Erhabenen fällt, unter welchen es ſonſt nicht gefallen wäre: ſo daß erhaben jetzt Alles heißt, was irgend eine, wenn auch an ſich unbemerkliche, Erwartung und Spannung erregt.
Es iſt nicht erhaben, wenn ich lang nach etwas ſuche, allein wenn ich ſtatt des Geſuchten nach geſteigerter Spannung etwas Verkehrtes finde, wie z. B. der Rath in Tiecks Novelle: die Wunderſüchtigen, der in Sangerheims geheimnißvollem Packet nach Löſung unendlicher Ver- packungen eine alte franzöſiſche Grammatik findet, ſo wird das Suchen lächerlich, weil durch den Kontraſt mit dem unendlich Unbedeutenden, worauf ſie ſtößt, dieſe Zweckthätigkeit einen Anſchein von Größe oder vergleichungsweiſer Erhabenheit erhält. Wo aber vom Erhabenen allein die Rede iſt, könnte eine ſolche an ſich ſelbſt unbedeutende Thätigkeit niemals in den Kreis desſelben fallen.
§. 157.
Dagegen verengt ſich bei dem wirklichen Eintritte in die Stufenfolge des Erhabenen der Kreis des Komiſchen dadurch, daß das geſammte Erhabene des
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denn dem Range nach iſt das unendlich Kleine jetzt das Erſte, wie ſich
weiter entwickeln wird.
Das erſte Glied.
§. 156.
Es entſteht nun die Aufgabe, das Reich des Erhabenen wieder zu über-
blicken, um diejenigen Formen desſelben zu unterſcheiden, welche dem komiſchen
Prozeſſe verfallen können. Das ſubjective Weſen des Komiſchen (§. 153) bringt
es nämlich mit ſich, daß die Grenzen ſich hier anders beſtimmen, als wo das
Erhabene allein ſich in ſeinem Umfang ausbreitete. Zunächſt ſtellen ſich die
Grenzen des Komiſchen als weiter dar. Es iſt nämlich das Komiſche, was
ſchon aus dem Bisherigen folgt, aber ſich näher zeigen wird, ein Verhältniß-
begriff wie das Erhabene (§. 87). Dieſes zieht als ein ſolcher Vieles in ſeinen
Kreis, was ohne den Act des Vergleichens nicht erhaben, ſondern ſchön geweſen
wäre; das Komiſche aber nimmt in größerer Weite jede Erſcheinung auf, in
welcher ein Thätiges iſt, das einer ſo ſtarken entſtellenden Unterbrechung unter-
liegt, daß es durch die Wirkung des Gegenſatzes unter den Geſichtspunkt des
Erhabenen fällt, unter welchen es ſonſt nicht gefallen wäre: ſo daß erhaben jetzt
Alles heißt, was irgend eine, wenn auch an ſich unbemerkliche, Erwartung und
Spannung erregt.
Es iſt nicht erhaben, wenn ich lang nach etwas ſuche, allein wenn
ich ſtatt des Geſuchten nach geſteigerter Spannung etwas Verkehrtes finde,
wie z. B. der Rath in Tiecks Novelle: die Wunderſüchtigen, der in
Sangerheims geheimnißvollem Packet nach Löſung unendlicher Ver-
packungen eine alte franzöſiſche Grammatik findet, ſo wird das Suchen
lächerlich, weil durch den Kontraſt mit dem unendlich Unbedeutenden,
worauf ſie ſtößt, dieſe Zweckthätigkeit einen Anſchein von Größe oder
vergleichungsweiſer Erhabenheit erhält. Wo aber vom Erhabenen allein
die Rede iſt, könnte eine ſolche an ſich ſelbſt unbedeutende Thätigkeit
niemals in den Kreis desſelben fallen.
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Dagegen verengt ſich bei dem wirklichen Eintritte in die Stufenfolge des
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Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 1. Reutlingen u. a., 1846, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_aesthetik01_1846/365>, abgerufen am 24.11.2024.
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