stellung des Begriffs, sondern nur die Trennung derselben von der Dar- stellung seiner Wirklichkeit ist, eben weil diese seine Wirklichkeit ist, subjective Abstraction, doch nicht willkürliche, sondern von dem Gesetze der Wissenschaft geforderte. Wenn hiedurch der Begriff für eine Macht erklärt wird, welche selbst der Grund ihres Daseyns ist, so wird darum kein speculatives Phantom aufgestellt. Der Erfolg wird dies im zweiten und dritten Theile des Systems zeigen. Was nun aber das Andere sey, das in der ideellen Allgemeinheit des Begriffs noch nicht enthalten ist, in seiner Verwirklichung hinzukommt und jene Reihe neuer Unterschiede in ihn einführt, wird sich zeigen. Hier nur so viel: dieses Andere ist eine Be- dingung der Realität, welche, an sich selbst auch nichts als die Wirklichkeit eines Begriffs, aber eines solchen, der, ursprünglich ein anderer als der der Schönheit, in seiner Entfaltung diesem entgegenkommt und von ihm in seinen Dienst gezogen wird, aber sich in diesem Verhältniß zu ihm als dem Thätigen als das blos Verwendete und Benützte verhält. So ist es mit jedem Begriffe und seiner Verwirklichung, Er bleibt in dieser das wesentlich Bestimmende, verwendet aber Realitäten, welche übrigens die Wirklichkeit anderer Begriffe sind, zu seinen Zwecken und gibt sich in dieser concreten Verflechtung eine neue Reihe von Bestimmtheiten. Dies ist der einzige Unterschied zwischen dem Begriff und der Realität. Derselbe ist in der Anmerkung zu §. 7 schon berührt, dort aber nur in Beziehung auf dasjenige, was die Aesthetik als zur Masse des rein Positiven gehörig ausschließen muß, während es sich hier um Gestaltungen des Begriffs handelt, welche allerdings wesentlich sind, nur nicht für den ersten, meta- physischen Theil der Wissenschaft. Zu dem Anderen, was nun hier als Bedingung der concreten Gestaltungen des Schönen genannt ist, gehört aber nicht die Phantasie. Diese wird sich im zweiten Theile als der lebendige Begriff des Schönen selbst erweisen. Dagegen z. B. die Unter- schiede der Phantasie als klassische, romantische u. s. w. haben ihren Grund in solchem Anderen: der klimatisch und historisch bestimmte Volkscharakter wird von dem Schönen in seine Macht gezogen und gibt ihr besondere Formen, die nicht in die Metaphysik des Schönen gehören.
ſtellung des Begriffs, ſondern nur die Trennung derſelben von der Dar- ſtellung ſeiner Wirklichkeit iſt, eben weil dieſe ſeine Wirklichkeit iſt, ſubjective Abſtraction, doch nicht willkürliche, ſondern von dem Geſetze der Wiſſenſchaft geforderte. Wenn hiedurch der Begriff für eine Macht erklärt wird, welche ſelbſt der Grund ihres Daſeyns iſt, ſo wird darum kein ſpeculatives Phantom aufgeſtellt. Der Erfolg wird dies im zweiten und dritten Theile des Syſtems zeigen. Was nun aber das Andere ſey, das in der ideellen Allgemeinheit des Begriffs noch nicht enthalten iſt, in ſeiner Verwirklichung hinzukommt und jene Reihe neuer Unterſchiede in ihn einführt, wird ſich zeigen. Hier nur ſo viel: dieſes Andere iſt eine Be- dingung der Realität, welche, an ſich ſelbſt auch nichts als die Wirklichkeit eines Begriffs, aber eines ſolchen, der, urſprünglich ein anderer als der der Schönheit, in ſeiner Entfaltung dieſem entgegenkommt und von ihm in ſeinen Dienſt gezogen wird, aber ſich in dieſem Verhältniß zu ihm als dem Thätigen als das blos Verwendete und Benützte verhält. So iſt es mit jedem Begriffe und ſeiner Verwirklichung, Er bleibt in dieſer das weſentlich Beſtimmende, verwendet aber Realitäten, welche übrigens die Wirklichkeit anderer Begriffe ſind, zu ſeinen Zwecken und gibt ſich in dieſer concreten Verflechtung eine neue Reihe von Beſtimmtheiten. Dies iſt der einzige Unterſchied zwiſchen dem Begriff und der Realität. Derſelbe iſt in der Anmerkung zu §. 7 ſchon berührt, dort aber nur in Beziehung auf dasjenige, was die Aeſthetik als zur Maſſe des rein Poſitiven gehörig ausſchließen muß, während es ſich hier um Geſtaltungen des Begriffs handelt, welche allerdings weſentlich ſind, nur nicht für den erſten, meta- phyſiſchen Theil der Wiſſenſchaft. Zu dem Anderen, was nun hier als Bedingung der concreten Geſtaltungen des Schönen genannt iſt, gehört aber nicht die Phantaſie. Dieſe wird ſich im zweiten Theile als der lebendige Begriff des Schönen ſelbſt erweiſen. Dagegen z. B. die Unter- ſchiede der Phantaſie als klaſſiſche, romantiſche u. ſ. w. haben ihren Grund in ſolchem Anderen: der klimatiſch und hiſtoriſch beſtimmte Volkscharakter wird von dem Schönen in ſeine Macht gezogen und gibt ihr beſondere Formen, die nicht in die Metaphyſik des Schönen gehören.
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ſtellung des Begriffs, ſondern nur die Trennung derſelben von der Dar-
ſtellung ſeiner Wirklichkeit iſt, eben weil dieſe ſeine Wirklichkeit iſt,
ſubjective Abſtraction, doch nicht willkürliche, ſondern von dem Geſetze
der Wiſſenſchaft geforderte. Wenn hiedurch der Begriff für eine Macht
erklärt wird, welche ſelbſt der Grund ihres Daſeyns iſt, ſo wird darum
kein ſpeculatives Phantom aufgeſtellt. Der Erfolg wird dies im zweiten
und dritten Theile des Syſtems zeigen. Was nun aber das Andere
ſey, das in der ideellen Allgemeinheit des Begriffs noch nicht enthalten iſt,
in ſeiner Verwirklichung hinzukommt und jene Reihe neuer Unterſchiede in
ihn einführt, wird ſich zeigen. Hier nur ſo viel: dieſes Andere iſt eine Be-
dingung der Realität, welche, an ſich ſelbſt auch nichts als die Wirklichkeit
eines Begriffs, aber eines ſolchen, der, urſprünglich ein anderer als der
der Schönheit, in ſeiner Entfaltung dieſem entgegenkommt und von ihm
in ſeinen Dienſt gezogen wird, aber ſich in dieſem Verhältniß zu ihm als
dem Thätigen als das blos Verwendete und Benützte verhält. So iſt
es mit jedem Begriffe und ſeiner Verwirklichung, Er bleibt in dieſer
das weſentlich Beſtimmende, verwendet aber Realitäten, welche übrigens
die Wirklichkeit anderer Begriffe ſind, zu ſeinen Zwecken und gibt ſich in
dieſer concreten Verflechtung eine neue Reihe von Beſtimmtheiten. Dies
iſt der einzige Unterſchied zwiſchen dem Begriff und der Realität. Derſelbe
iſt in der Anmerkung zu §. 7 ſchon berührt, dort aber nur in Beziehung
auf dasjenige, was die Aeſthetik als zur Maſſe des rein Poſitiven gehörig
ausſchließen muß, während es ſich hier um Geſtaltungen des Begriffs
handelt, welche allerdings weſentlich ſind, nur nicht für den erſten, meta-
phyſiſchen Theil der Wiſſenſchaft. Zu dem Anderen, was nun hier als
Bedingung der concreten Geſtaltungen des Schönen genannt iſt, gehört
aber nicht die Phantaſie. Dieſe wird ſich im zweiten Theile als der
lebendige Begriff des Schönen ſelbſt erweiſen. Dagegen z. B. die Unter-
ſchiede der Phantaſie als klaſſiſche, romantiſche u. ſ. w. haben ihren Grund
in ſolchem Anderen: der klimatiſch und hiſtoriſch beſtimmte Volkscharakter
wird von dem Schönen in ſeine Macht gezogen und gibt ihr beſondere
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Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 1. Reutlingen u. a., 1846, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_aesthetik01_1846/60>, abgerufen am 24.11.2024.
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