Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,1. Reutlingen u. a., 1847.
Vielheit dünner Organe bei dem unwillkührlichen Gedanken erregt, so ein 2. Der unterste Typus oder Plan nach Cüvier, die Zoophyten
Vielheit dünner Organe bei dem unwillkührlichen Gedanken erregt, ſo ein 2. Der unterſte Typus oder Plan nach Cüvier, die Zoophyten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0131" n="119"/> Vielheit dünner Organe bei dem unwillkührlichen Gedanken erregt, ſo ein<lb/> Ding auf der Haut fühlen zu müſſen. Unter die häßlichſten Thiere gehört<lb/> z. B. unter den Inſecten (Heuſchrecken) die Maulwurfsgrille (Werre),<lb/> die dem Krebs ähnlich iſt und deren widrigen ſackartigen Leib doch nicht<lb/> deſſen harte Kruſte überkleidet.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">2. Der unterſte Typus oder Plan nach <hi rendition="#g">Cüvier</hi>, die Zoophyten<lb/> oder Strahlthiere, nach <hi rendition="#g">Oken</hi> die Darmthiere. Die Würmer ſtellen wir<lb/> in eine andere Gruppe und rechnen zu der gegenwärtigen die Infuſorien,<lb/> Polypen oder Corallen, Sternthiere und Quallen oder Meduſen. <hi rendition="#g">Oken</hi><lb/> ſtellt die Sternthiere höher, zu den Würmern und in die Nähe der<lb/> Cruſtaceen, überhaupt unter die Ringelthiere; die Gründe ſ. Allg. Naturg.<lb/> B. 4 S. 576. Wir laſſen die Richtigkeit derſelben dahingeſtellt und<lb/> betrachten ſie vielmehr als diejenige Form, in deren von einem Mittel-<lb/> punkt zu einer ſtachelichten, buckligten Kugel oder einem Stern ausſtrah-<lb/> lender Bildung am meiſten der peripheriſche Typus dieſer ganzen Gruppe,<lb/> der übrigens viele Ausnahmen erleidet, zum Vorſchein kommt, ein Typus,<lb/> der gerade bei dieſen hartſchaaligen Thieren an die Kryſtallbildung, im<lb/> Allgemeinen aber ebenſoſehr an die Kranzſtellung der Blumenblätter<lb/> erinnert. Die vorliegende Ordnung beginnt mit der Kugelform der einfachſten<lb/> Infuſorien, die ſofort in Faſern, Ecken, Spitzen u. ſ. w. auseinanderläuft,<lb/> auch ſchon zur Längsrichtung übergeht und dann bereits Pflanzenblättchen<lb/> ſehr ähnlich wird. In den Polypen nun erſcheint die Pflanzenbildung<lb/> nicht nur durch die kreisförmig um den Mund geſtellten Fangarme, ſondern<lb/> auch durch den baumartig verzweigten Korallenſtock, mit dem ſie unbeweglich<lb/> anſitzen und aus deſſen Enden ihr bewegliches Vordertheil hervortritt wie<lb/> die Blüthe am Zweig. Zugleich aber erinnert die kalkige Ausſcheidung,<lb/> woraus der Korallenſtock beſteht, an das Mineraliſche; die unvoll-<lb/> kommenen Kryſtallbildungen zeigen ja ähnliche zierlich veräſtelte Formen.<lb/> Ganz pflanzenartig ſieht namentlich die Seefeder aus. Die Polypen ſind<lb/> es daher, die gewöhnlich im engeren Sinne Zoophyten heißen. Der von<lb/> einem Mittelpunkt ſtrahlenförmig auslaufende Bau tritt nach den Stern-<lb/> thieren beſonders deutlich wieder in den runden Scheiben-Hut-Glocken-<lb/> Formen der Quallen oder Meduſen auf. Unter allen dieſen Bildungen nun<lb/> trifft man auf mancherlei zierliche Formen, die erfreuen könnten, wenn<lb/> es nicht immer unheimlich wäre, daß es Thiere ſind, die ſo der Pflanze<lb/> und dem Kryſtalle gleichen. Ihre Niedlichkeit ergötzt eigentlich erſt, wenn<lb/> ſie todt ſind, wenn das gallertartige Thier aus ſeiner Kalkbehauſung<lb/> weggenommen, getrocknet iſt, oder wenn man es nur in der Zeichnung<lb/> ſieht u. ſ. w. Manche Korallen, Seeſterne, Quallen zeigen auch ſchöne<lb/> Farben.</hi> </p> </div><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0131]
Vielheit dünner Organe bei dem unwillkührlichen Gedanken erregt, ſo ein
Ding auf der Haut fühlen zu müſſen. Unter die häßlichſten Thiere gehört
z. B. unter den Inſecten (Heuſchrecken) die Maulwurfsgrille (Werre),
die dem Krebs ähnlich iſt und deren widrigen ſackartigen Leib doch nicht
deſſen harte Kruſte überkleidet.
2. Der unterſte Typus oder Plan nach Cüvier, die Zoophyten
oder Strahlthiere, nach Oken die Darmthiere. Die Würmer ſtellen wir
in eine andere Gruppe und rechnen zu der gegenwärtigen die Infuſorien,
Polypen oder Corallen, Sternthiere und Quallen oder Meduſen. Oken
ſtellt die Sternthiere höher, zu den Würmern und in die Nähe der
Cruſtaceen, überhaupt unter die Ringelthiere; die Gründe ſ. Allg. Naturg.
B. 4 S. 576. Wir laſſen die Richtigkeit derſelben dahingeſtellt und
betrachten ſie vielmehr als diejenige Form, in deren von einem Mittel-
punkt zu einer ſtachelichten, buckligten Kugel oder einem Stern ausſtrah-
lender Bildung am meiſten der peripheriſche Typus dieſer ganzen Gruppe,
der übrigens viele Ausnahmen erleidet, zum Vorſchein kommt, ein Typus,
der gerade bei dieſen hartſchaaligen Thieren an die Kryſtallbildung, im
Allgemeinen aber ebenſoſehr an die Kranzſtellung der Blumenblätter
erinnert. Die vorliegende Ordnung beginnt mit der Kugelform der einfachſten
Infuſorien, die ſofort in Faſern, Ecken, Spitzen u. ſ. w. auseinanderläuft,
auch ſchon zur Längsrichtung übergeht und dann bereits Pflanzenblättchen
ſehr ähnlich wird. In den Polypen nun erſcheint die Pflanzenbildung
nicht nur durch die kreisförmig um den Mund geſtellten Fangarme, ſondern
auch durch den baumartig verzweigten Korallenſtock, mit dem ſie unbeweglich
anſitzen und aus deſſen Enden ihr bewegliches Vordertheil hervortritt wie
die Blüthe am Zweig. Zugleich aber erinnert die kalkige Ausſcheidung,
woraus der Korallenſtock beſteht, an das Mineraliſche; die unvoll-
kommenen Kryſtallbildungen zeigen ja ähnliche zierlich veräſtelte Formen.
Ganz pflanzenartig ſieht namentlich die Seefeder aus. Die Polypen ſind
es daher, die gewöhnlich im engeren Sinne Zoophyten heißen. Der von
einem Mittelpunkt ſtrahlenförmig auslaufende Bau tritt nach den Stern-
thieren beſonders deutlich wieder in den runden Scheiben-Hut-Glocken-
Formen der Quallen oder Meduſen auf. Unter allen dieſen Bildungen nun
trifft man auf mancherlei zierliche Formen, die erfreuen könnten, wenn
es nicht immer unheimlich wäre, daß es Thiere ſind, die ſo der Pflanze
und dem Kryſtalle gleichen. Ihre Niedlichkeit ergötzt eigentlich erſt, wenn
ſie todt ſind, wenn das gallertartige Thier aus ſeiner Kalkbehauſung
weggenommen, getrocknet iſt, oder wenn man es nur in der Zeichnung
ſieht u. ſ. w. Manche Korallen, Seeſterne, Quallen zeigen auch ſchöne
Farben.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |